Der größte deutsche Energiekonzern E.ON bekommt jetzt billigeres Gas aus Russland – aber die Verbraucher werden es wohl nicht merken. Im verlustreichen Gasgeschäft haben sich die Düsseldorfer nach jahrelangem Tauziehen mit der russischen Gazprom auf Preisnachlässe verständigt. Schon für das erste Halbjahr 2012 erwarte E.ON einen positiven Ergebniseffekt von einer Milliarde Euro, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Die nun getroffene Abmachung gelte rückwirkend bis zum 4. Quartal 2010.
Nach Einschätzung von Verbraucherschützern ist E.ON zunächst der alleinige Nutznießer der Vereinbarung. Es sei ungewiss, ob die Preisnachlässe bei den Endverbrauchern ankämen, sagte Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Dies hänge vor allem von der Wettbewerbssituation auf dem Gasmarkt ab, betonte der Verbraucherschützer. Vorstellbar sei, dass nun durch den günstigeren Einkauf von E.ON der Wettbewerb angeheizt werde. Für die Endkunden läuft die Preisentwicklung beim Gas derzeit aber in die andere Richtung.
Nachdem die Preise in den vergangenen Jahren rückläufig waren – einem Trend, dem sich auch E.ON nicht entziehen konnte – kündigen viele Versorger seit einigen Monaten ihren Kunden Preiserhöhungen an. Erst vor wenigen Tagen hatte E.ON für seine fünf Regionalversorger Zuschläge von bis zu knapp sechs Prozent im Schnitt zum 1. September angekündigt.
In den vergangenen Jahren hatte E.ON mit Gazprom zunächst erfolglos über eine Anpassung der Gaspreise bei den langfristigen Lieferverträgen gerungen. Das Unternehmen war durch die drastisch gefallenen Gaspreise an den sogenannten Spotmärkten, die den kurzfristigen Bedarf bedienen, in Schwierigkeiten geraten. Der Markt war unter anderem durch die gestiegenen Mengen von Flüssiggas und Schiefergas aus den USA stark unter Druck geraten. Die langfristigen, an der Entwicklung der Ölpreise gekoppelten teuren Gasverträge erwiesen sich als Verlustbringer für das Unternehmen.
Allein im vergangenen Jahr fiel bei E.ON im Gasgeschäft ein Verlust von 700 Millionen Euro an. Um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, setzte E.ON-Chef Johannes Teyssen besonders auf die Verhandlungen mit Gazprom. Für das gesamte Geschäftsjahr 2012 erwarten die Düsseldorfer nun einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zwischen 10,4 und 11,0 Milliarden Euro. Das wären ebenfalls rund eine Milliarde Euro mehr als der ursprüngliche Plan. Der Überschuss könnte sogar um 1,8 Milliarden höher ausfallen.