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BRÜSSEL
Berlin will Schonfrist in Brüssel
Schlechtes Klima: Die Bundesregierung will, dass die EU schärfere Grenzwerte für Emissionen von Autos verschiebt.
Foto: dpa | Schlechtes Klima: Die Bundesregierung will, dass die EU schärfere Grenzwerte für Emissionen von Autos verschiebt.
Von den dpa-Korrespondenten M. Borgmann und M. Herzog
 |  aktualisiert: 03.10.2013 19:32 Uhr

Auf die Bundesregierung kann sich die deutsche Autoindustrie verlassen. Wenn es darum geht, allzu strenge europäische Klimaauflagen zu verhindern, greift Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auch schon mal selbst zum Hörer. Nun hat Deutschland die EU-Partner erneut zum Stutzen gebracht. Ende vergangener Woche verteilten Diplomaten ein Papier mit neuen Vorschlägen für Klimaauflagen für Autos nach dem Jahr 2020. Ab dann sollen die Wagen weniger des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre pusten – das ist fest vereinbart. Doch Deutschland fürchtet, Brüssel könnte zu schnell zu harte Vorgaben machen – und schlägt deshalb vor, das Tempo zu drosseln. Am heutigen Freitag wollen die Botschafter der 28 EU-Staaten darüber beraten. Bei EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard löste der Vorstoß wenig Freude aus: Nach dem Bericht des Weltklimarats zur Erderwärmung sei dies „nicht der Moment, um die neue EU-CO2-Gesetzgebung für Autos zu verwässern“, verkündete sie über Twitter. „Zeit, das Geschäft zu besiegeln!“

Mit dem „Geschäft“ meint Hedegaard eine Einigung, die Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten Ende Juni erzielt haben. Eine Neuregelung benötigt die Zustimmung beider Seiten. Dem Kompromiss zufolge sollte der Grenzwert für den Treibhausgasausstoß für Neuwagen von 2015 bis 2020 von 130 Gramm Kohlendioxid je Kilometer im Schnitt auf 95 Gramm sinken.

Doch noch in der gleichen Juniwoche wurde auf deutschen Druck die Abstimmung der Botschafter der EU-Staaten über den Kompromiss verschoben. Dem jüngsten Vorstoß zufolge will Deutschland jetzt das eigentlich für 2020 geplante CO2-Sparziel verschieben. Erst in Etappen bis zum Jahr 2024 müssten die Autofirmen die Ziele für ihre gesamte Flotte erreichen, schlägt Deutschland in dem Papier vor. Die Idee einer schrittweisen Annäherung ist dabei keineswegs neu. Schon an das erste CO2-Emissionsziel von 130 Gramm in 2015 können sich die Hersteller scheibchenweise herantasten. „Schockierend“ nennt Franziska Achterberg von der Umweltorganisation Greenpeace den neuen Anlauf. Der SPD-Europaparlamentarier Matthias Groote bezeichnet das Vorgehen Deutschlands sogar als „politischen Vertragsbruch“.

Schon bei den derzeitigen Sparzielen wird es für die deutschen Hersteller aus Sicht von Autoexperte Thomas Göttle vom Beratungsunternehmen PA Consulting eng. Nach seinen Berechnungen werden Daimler, BMW und auch Volkswagen ihre individuellen Grenzwerte für 2020 verfehlen. Die Stuttgarter kommen demnach auf 104 statt der notwendigen 97 Gramm je Kilometer, BMW landet bei 103 statt 98 Gramm und VW bei 100 statt 95 Gramm.

 
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