
Wenn Bayern Kapital investiert, dann geht es um große Summen. Von der Finanzierung durch die Venture-Capital-Gesellschaft haben hier in der Region schon Startups wie TNI Medical, Multiphoton Opticss oder Coredinate profitiert. Mit innovativen Beatmungsgeräten oder digitalen Kontrollsystemen zur Überwachung von Arbeitsprozessen wollen Sie den Markt erobern. Georg Ried hilft ihnen dabei. Als Geschäftsführer von Bayern Kapital verantwortet er ein Fondsvolumen von über 300 Millionen Euro. Im Interview erklärt er, warum auch der Staat solche Summen in Startups investieren muss.
Frage: Ursprünglich sind Sie studierter Biochemiker. Wie sind Sie in der Startup-Szene gelandet?
Georg Ried: Nun liegt mein Studium doch schon eine ganze Weile zurück. Ich habe im Bayerischen Wirtschaftsministerium angefangen, mich mit Entwicklungsprojekten in Unternehmen zu beschäftigen. Später – als Investmentmanager bei Bayern Kapital – kam dann die Spezialisierung auf Technologie-Startups. Das war anfangs eine wahnsinnig dynamische Zeit.
Inwiefern?
Ried: Damals hat der Bund die Wagniskapital-Finanzierung durch neue Fonds gezielt gefördert. Bayern zog als eines der ersten Bundesländer nach. Gleichzeitig entstand mit dem sogenannten Neuen Markt ein attraktives Börsensegment für Wachstums- und Technologieunternehmen.

Warum gibt es in Deutschland bis heute keine mutige Investitionskultur wie in den USA?
Ried: Sie haben Recht, dass Deutschland hier weiter hinterher hinkt. Ein Grund mag sein, dass Finanzierungsformen wie Venture Capital ursprünglich in den USA entstanden und sich das Kapitalangebot dort – auch wegen Stiftungen und gut ausgestatteten Pensionsfonds – bis heute in ganz anderen Dimensionen bewegt.
Auch Bayern Kapital ist eine Venture-Capital-Gesellschaft. Was heißt das genau?
Ried: Wir beteiligen uns als öffentlicher Investor des Freistaats Bayern an jungen Technologieunternehmen, um den Wirtschaftsstandort Bayern zu stärken. Dabei kann es im Technologiebereich gut zehn Jahre oder länger dauern, bis sich ein Unternehmen am Markt etabliert hat. Wir investieren mit langem Atem.
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Welchen Einfluss nehmen Sie auf Unternehmensentscheidungen?
Ried: Wir sind ein typischer Co-Investor, dass heißt, dass wir als Teil einer Investoren-Gruppe auftreten aber nicht selbst in der operative Geschäft eingreifen. Wir treten auch nicht in Konkurrenz zu privaten Investoren, sondern sind deren Partner und treten erst bei akuten Finanzierungslücken auf den Plan.
Auf welcher Grundlage entscheidet Bayern Kapital in ein Startup zu investieren?
Ried: Eine wichtige Voraussetzung ist ein technologisches Alleinstellungsmerkmal. Wir beteiligen uns nicht an Unternehmen, die zwar innovative Geschäftsmodelle entwickeln, technisch aber auf dem allgemeinen Stand sind. Anders als bei einem – um ein plakatives Beispiel zu nennen – Berliner Gastronomie-Startup sind die Kunden von Technologie-Startups meist andere Unternehmen.
Laut IHK Mainfranken ist die Zahl der Gründungen seit 2010 deutlich zurückgegangen. Wir sprechen hier von knapp 70 Prozent. Ist Deutschland überhaupt noch Gründernation?
Ried: Das kommt sehr stark auf die Branche an. Im Technologiebereich ist die Zahl der Gründungen erfreulicherweise nicht gesunken. Gerade Würzburg erfüllt als Hochschulstandort die Voraussetzungen für einen High-Tech-Standort. Auch im außeruniversitären Bereich – bei Forschungseinrichtungen und innovativen Unternehmen – ist Würzburg mit vorn dabei . Ein ideales Saatbeet für erfolgreiche Gründungen.
Trotzdem musste das Bundeswirtschaftsministerium vor kurzem eine Gründungsoffensive starten.
Ried: Wir stehen in Deutschland weiter vor dem Problem, dass etliche Gründer keine privaten Geldgeber finden. Es ist absehbar, dass in Deutschland in der Zukunft Mittelständler und große Unternehmen im Hightech-Bereich fehlen werden. Hier haben wir – gerade im Technologiebereich – immensen Aufholbedarf.
Wir steuern in Unterfranken auf Vollbeschäftigung zu. Finden Startups noch geeignete Fachkräfte?
Ried: Es fehlt vor allem an IT-Fachleuten. Ohne digitale Software-Kompetenzen kann man heute kein Hardware-Produkt mehr auf den Markt bringen, doch qualifiziertes Personal muss man suchen wie die Stecknadel im Heuhaufen. Dabei steht man immer in Konkurrenz zu etablierten Konzernen.
Können sich Startups hier behaupten?
Ried: Durchaus. Und dabei ist nicht zwingend die Höhe des Gehalts entscheidend. Oft ist es der Spirit und die Startup-Kultur, die gerade junge Leute anspricht. Die finden starre Strukturen und unflexible Prozesse weniger attraktiv.
Was war denn bisher die erfolgreichste Investition?
Ried: Gemessen an der heutigen Unternehmensgröße war das ein Biotechnologie-Startup, das innovative Antikörper für therapeutische Zwecke entwickelte. MorphoSys ist mittlerweile an der Börse und erwirtschaftet heute Umsätze im dreistelligen Millionenbereich. Insgesamt sind bei unseren Investments weit über 5000 Arbeitsplätze im Hightech-Bereich in ganz Bayern entstanden.