Vor einem Jahr schlug im Schlecker-Zentrallager noch das Herz des Drogerie-Imperiums. Nun wird dort ausverkauft. Es sieht aus wie auf einem riesigen Flohmarkt. In Wühlkisten liegen alte Regale, Einkaufskörbe und ein paar übrig gebliebene Fliesen – mehrere Tausend Einzelstücke insgesamt. Das ist alles, was vom Inventar des Drogerie-Imperiums von Anton Schlecker noch übrig ist. Am Mittwoch hat der Insolvenzverwalter das verbliebene Anlagevermögen von Schlecker versteigern lassen, um für die Gläubiger zumindest ein bisschen Geld einzutreiben. Doch viel rauszuholen gibt es nicht.
Hunderte Menschen sind in das Schlecker-Zentrallager nach Ehingen gekommen. Viele aus reiner Neugier, einige Gewerbetreibende in der Hoffnung auf ein Schnäppchen. In den großen Lagerhallen sind die Waren vor der Versteigerung ausgestellt. Handwerker interessieren sich für Bohrmaschinen, Kabelrollen und Werkzeugkoffer, die bei Schlecker früher in Werkstätten und Lagern genutzt wurden. „Ich hoffe, dass man hier günstig was bekommen kann“, sagt ein Maler aus Biberach.
Aus den Schlecker-eigenen Kfz-Werkstätten gibt es Hebebühnen, Reifenauswuchtgeräte und einen Bremsprüfstand. Einzelhändler schauen nach Regalen, Kisten oder nach Einkaufskörben, in denen Schlecker-Kunden jahrelang Schampoo und Toilettenreiniger gesammelt haben. Aus den Büros gibt es alte Computer, Laserdrucker und durchgesessene Schreibtischstühle. „Die könnten wir mit ordentlich Gewinn bei Ebay wieder verkaufen“, sagt einer der Interessenten.
- Ein Portrait über den ehemaligen Drogeriekönig Anton Schlecker
Aber im Angebot ist auch Kleinkram: Pinsel und Farbeimer, benutzte Putzkellen und Mörteleimer, angebrochene Schmierölfläschchen und Teppichreste. Nichts scheint zu klein und zu alt, um bei der Auktion zumindest ein bisschen Geld dafür bekommen zu können. Ein wenig ist es wie früher: Es gibt fast nichts, was es bei Schlecker nicht gibt. Die Versteigerung hat die Industrieverwertungsgesellschaft HT mit Sitz in Hamburg übernommen. Wer bei Auktionen bislang an das edle Ambiente gedacht hat, das man von manchen Kunst-Auktionen aus dem Fernsehen kennt, wird enttäuscht. In einer großen Lagerhalle hat der Auktionator Bierbänke aufstellen lassen. In der Halle riecht es nach Bratwürsten, die ein Caterer hinten grillt.
Doch die Versteigerung kommt schnell in Gang. Mit einem Akku-Aufbruchhammer geht es los. „10, 20, 30, 40...“, verkündet der Auktionator die Gebote. Die Handwerker treiben gegenseitig die Preise in die Höhe. Weit über 100 Euro bieten sie für die ersten Elektrogeräte. Einige schütteln den Kopf. „Zu teuer“, sagt einer. „Den bekomme ich anderswo billiger.“ Nachdem der Auktionator die ersten hundert Positionen aufgerufen hat, verlieren die Ersten die Geduld. Die Schlange am Bratwurst-Stand wird länger. Immer weniger bieten mit, die Preise sinken.
Wie viel Geld die Auktion am Ende bringen würde, war auch für den Auktionator noch völlig unklar. Bei gebrauchten Gegenständen lasse sich das immer schwer abschätzen, hatte er im Vorfeld der Auktion gesagt. Hohe Gewinne hatte der Insolvenzverwalter ohnehin nicht erwartet – vor allem nicht, wenn man die gewaltigen Forderungen der Gläubiger gegenüberstellt. Sie verlangen Angaben der Insolvenzverwaltung zufolge mehr als eine Milliarde Euro. Die Versteigerung soll vor allem dazu dienen, die 13 Regionallager zu leeren, für die ein Makler im Moment nach Käufern sucht.
Ganz hinten im Versteigerungssaal sitzen drei Frauen, die einmal bei Schlecker gearbeitet haben, und beobachten das Geschehen. Durch die Insolvenz haben sie genau wie ihre rund 25 000 Kolleginnen in Deutschland den Job verloren. Die Lichter bei Schlecker waren Ende Juni endgültig ausgegangen. „Wir wollten einfach schauen, was hier passiert“, sagt eine. Doch die Stimmung ist gedrückt. „Das ist unwürdig“, findet ihre Kollegin. „Schlecker war einmal mein Leben. Heute ist es nur noch Ramsch.“