Als die Wall-Street-Größe Lehman Brothers am 15. September 2008 in sich zusammenbrach und Schockwellen rund um den Globus sendete, nahm auch der Letzte Notiz von der sogenannten Subprime-Krise. „Subprime“ heißt übersetzt „zweitklassig“. Und zweitklassige US-Hypothekenpapiere brachten damals um ein Haar das gesamte Finanzsystem zum Kollabieren.
Heute, vier Jahre danach, handeln die Banken schon wieder mit diesen Subprime-Papieren, die im Deutschen die plakativen Bezeichnungen Gift- oder auch Schrottpapiere verpasst bekamen. Und die Investoren wie große Fonds greifen zu. Dabei ist das Risiko hoher Verluste heute genauso gegeben wie damals.
„Das ist das Einzige, mit dem man im Moment Geld machen kann“, sagt Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci von SkyBridge Capital mit Blick auf die Schuldenkrise in Europa und die weltwirtschaftliche Unsicherheit. Die Suprime-Papiere seien billig zu haben, wirbt er auf dem US-Wirtschaftssender CNBC. Und wie er scheinen viele an der Wall Street zu denken.
Wie groß der Appetit von Investoren auf Hypothekenpapiere ist, hat der Verkauf eines milliardenschweren Portfolios durch die New Yorker Notenbank Fed Mitte August gezeigt: Sie hatte während der Finanzkrise dem einstmals größten Versicherungskonzern AIG große Mengen an Giftpapieren abgenommen, damit er nicht darunter zusammenbrach. Beim Wiederverkauf Jahre später rissen sich die Banken um den Schrott: Die Notenbank strich einen Gewinn von 6,6 Milliarden Dollar ein.
Hinter diesen Papieren verbergen sich zumeist Kredite für Einfamilienhäuser. Banken hatten Hunderte solcher Hypotheken zu großen Paketen gebündelt und an Investoren weiterverkauft. Diese hofften auf satte Renditen aus dem steten Strom an Kreditraten. Was sie nicht bedachten: Die US-Banken hatten Geld auch an Menschen verliehen, die hierzulande als nicht kreditwürdig angesehen würden – eben Subprime-Schuldner. Als die US-Immobilienblase im Jahr 2007 platzte, waren diese finanzschwachen Kreditnehmer die ersten, die nicht mehr zahlen konnten. Eine verhängnisvolle Kettenreaktion setzte sich in Gang, die in der Pleite von Lehman Brothers gipfelte. Auch deutsche Banken verzockten sich: Die Commerzbank, die IKB, die Hypo Real Estate und zahlreiche Landesbanken konnten nur mit staatlicher Hilfe überleben. Der Steuerzahler wartet bis heute darauf, dass er sein ganzes Geld zurückbekommt. Die Giftpapiere von damals sind für Investoren heute interessant, weil sich der US-Immobilienmarkt langsam erholt. Mehr Menschen haben wieder Arbeit und trauen sich einen Hauskauf zu. Das wiederum lässt die Preise steigen, die im vergangenen Jahr ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hatten.
Der ABX-Index des US-Anbieters Markit, der den Wertverlauf von einst als super sicher geltenden Hypothekenpapieren aus dem Jahr 2006 abbildet, steigt seit Mai kräftig. Doch die Gefahr von Rückschlägen ist immer gegeben – so wie im vergangenen Jahr, als die Sorgen wegen der Euro-Schuldenkrise die Oberhand gewannen. Überdies verläuft der wirtschaftliche Aufschwung in den USA holprig.
Von einer Entwarnung auf dem US-Hypothekenmarkt kann jedenfalls noch keine Rede sein: Bei geschätzt 11 Millionen Amerikanern ist die Hypothek immer noch „unter Wasser“ – das heißt, der aktuelle Wert der Immobilie ist niedriger als der Betrag, den sie der Bank schulden. Subprime-Papiere bleiben eine riskante Wette.
Lehman Brothers: Pechvogel der Wall Street
Der Staat blieb stur, und Lehman Brothers brach zusammen: Nachdem Gespräche über eine Finanzspritze gescheitert waren, musste die Investmentbank wegen missglückter Spekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt am 15. September 2008 Insolvenz anmelden. Es war der Höhepunkt der Finanzkrise. Schockwellen gingen um die Welt und bewirkten ein Umdenken bei den Verantwortlichen in Notenbank und Regierung. Von nun an griffen die USA ein, wenn ein Finanzkonzern zu Kippen drohte: Die Citigroup und die Bank of America bekamen jeweils 45 Milliarden Dollar, für den Versicherungskoloss AIG wurde ein Rettungspaket über 182 Milliarden Dollar geschnürt. Lehman wird bis heute Stück für Stück abgewickelt.