Der Streit zwischen Argentinien und US-Hedgefonds nimmt kein Ende. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas hat sich an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gewandt – allerdings dürfte das kaum helfen. Wegen der verzwickten Rechtslage kann das Land derzeit einige Rechnungen nicht bezahlen.
Staatspräsidentin Cristina Fernández de Kirchner sieht ihr Land durch Urteile von US-Gerichten zugunsten der Hedgefonds in seiner Immunität und Souveränität verletzt. Die Richter blockieren Argentiniens Schuldendienst in New York, solange die Forderungen der Hedgefonds nicht erfüllt sind. Deshalb ist das Land nun trotz ausreichend gefüllter Staatskasse zahlungsunfähig.
Argentinien hatte sich einst viel Geld geliehen, indem es Investoren Schuldscheine (Anleihen) ausstellte. Es folgte eine heftige Krise, die 2001 zur Staatspleite führte. Nur ein Bruchteil der Schulden konnte danach zurückgezahlt werden. Die Hedgefonds kauften Anleihen auf und weigerten sich – anders als 90 Prozent der restlichen Gläubiger –, Abstriche zu machen. Die Richter gaben ihnen recht.
Die strittigen Anleihen wurden seinerzeit unter US-Recht in Dollar ausgegeben, um das Interesse internationaler Anleger zu wecken. Nur deshalb landete der Fall in Amerika. Damit der von den Vereinten Nationen in Den Haag eingerichtete Internationale Gerichtshof ein Urteil fällen kann, müssen die USA ihn als Schlichter akzeptieren. Das tun sie aber nicht, zumindest laut übereinstimmenden Berichten in argentinischen Medien.
Die Diskussion kreist um die Frage, ob ein Pleiteland zu seinen Zahlungspflichten stehen muss. Anders als im Privatrecht gibt es bei Staaten bisher keine klaren Regeln. „Insolvente Schuldner brauchen einen Neustart“, sagt Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. „Die Fonds waren zudem keine langfristigen Investoren, sondern Spekulanten“, sagt der Professor der New Yorker Columbia University.
Der Streit hat sich über die Jahre extrem zugespitzt – Staatschefin Kirchner beschimpft die Hedgefonds als „Aasgeier“. Aber solange andere Gläubiger wegen des Konflikts leer ausgehen, leidet Argentiniens Ruf an den Finanzmärkten. Kaum jemand wird dem Land neues Geld leihen. Und die Wirtschaft kriselt – die Inflation ist hoch und das Wachstum schwach. Fraglich, ob das lange durchzuhalten ist. Vorerst aber profitiert die Präsidentin vom Zoff mit den Hedgefonds: Nach letzten Umfragen sind ihre Beliebtheitswerte von 25 auf rund 40 Prozent gestiegen.
Andere Investoren könnten den Hedgefonds die Anleihen mit einem Abschlag abkaufen. So wäre Argentinien die „Geier“ los. Die Fonds würden zwar nicht die volle erstrittene Summe erhalten, aber immer noch großen Gewinn machen, weil sie die Papiere einst so günstig kaufen konnten. Vielleicht spielt Argentinien auch auf Zeit: Zum Jahresende läuft eine wichtige Klausel aus. Sie verbietet es, die Fonds besser als Anleger zu stellen, die Verluste akzeptiert hatten. Ab 2015 wäre eine Lösung deshalb einfacher.
Hedgefonds
Hedgefonds sind schwach regulierte Finanzfirmen, die mit Wertpapieren wie Staatsanleihen in großem Stil handeln und dabei auf starke Wertveränderungen setzen. Je nach Einzelfall verfolgen sie die Strategie, durch Spekulation auf steigende oder fallende Kurse die Differenz zum ursprünglichen Kaufpreis auszunutzen. So wollen sie möglichst hohe Gewinne einstreichen oder – wie bei Schuldtiteln – Rückzahlungsansprüche durchsetzen. Hedgefonds-Anlagen gelten als riskant, können kurzfristig aber enorme Erträge abwerfen. Bei vielen Geschäften wetten die Händler auf Kursverluste. Dabei nutzen sie auch Instrumente wie die umstrittenen Leerverkäufe: Die gehandelten Papiere werden gegen Gebühr bloß ausgeliehen, um sie bei fallenden Kursen günstiger zurückzukaufen – das macht die Gewinnspanne aus. Text: dpa