
Noch vor wenigen Monaten gab es wegen der sogenannten Kanzlerkanne einen Grund zum Feiern, nun ist genau das Gegenteil der Fall: Die Alfi GmbH im Wertheimer Stadtteil Bestenheid schließt seine Produktion bis zur Jahresmitte. Bis zu 50 der etwa 130 Stellen werden gestrichen. Das teilte das gut 100 Jahre alte Unternehmen mit.

Grund seien "deutliche Umsatzrückgänge" bei Isoliergefäßen. Der Konkurrenzdruck auf diesem Markt sei groß, der Preiskampf vor allem im Onlinegeschäft aggressiv, heißt es von Alfi weiter. Hinzu komme, dass wichtige Exportmärkte wie der Nahe und Mittlere Osten weggebrochen seien.
Alfi-Chef zur Schließung: "Keine Alternative"
Zur Schließung der Produktion wird Geschäftsführer Bernhard Mittelmann zitiert: "Aufgrund der aktuellen Entwicklung haben wir dazu keine Alternative." Gegenüber dieser Redaktion sprach er davon, dass Alfi beim Jahresumsatz unter die 20 Millionen Euro gerutscht sei. Im Dezember hatte Mittelmann noch von 23 Millionen Euro gesprochen.

Bereits Ende 2017 hatte Alfi 80 Jobs in Bestenheid gestrichen. Produktion und Montage sollen künftig von einem "erfahrenen externen Dienstleister in Deutschland" übernommen werden. Details nannte Mittelmann auf Anfrage nicht, weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen seien.
Der Stellenabbau bis zur Jahresmitte finde "in Abstimmung mit dem Betriebsrat so sozialverträglich wie möglich statt", heißt es in der Mitteilung weiter. Am Stammsitz in Bestenheid sollen Verwaltung, Vertrieb und Marketing bleiben.
Im vergangenen Jahr feierte Alfi "100 Jahre Kanzlerkanne". Gemeint ist jene silbern glänzende Isolierkanne, mit der zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel häufig bei Ministerrunden öffentlichkeitswirkam zu sehen ist.
Wie Gewerkschaftssekretär Harald Gans von der IG Metall in Tauberbischofsheim auf Anfrage sagte, habe Alfi bereits Ende Januar die Pläne zur Schließung intern auf den Tisch gelegt. Gans sieht den US-Konzern Thermos als Strippenzieher, zu dem Alfi seit 2014 gehört. Thermos sei darauf aus, "dass alles zentralisiert wird". So sei es zur aktuellen Entscheidung pro Stellenabbau gekommen. Geschäftsführer Mittelmann zufolge habe Thermos bei der aktuellen Entscheidung in der Tat "mitentschieden", denn schließlich sei der Konzern Gesellschafter und Geldgeber von Alfi.
Das Prekäre an dem jetzigen Schritt: Laut Gewerkschafter Gans wurde 2018 im Rahmen eines Sozialplanes bei Alfi vereinbart, bis 2020 auf Stellenabbau in Bestenheid zu verzichten. Dieser sogenannte Interessensausgleich werde nun gegenüber Thermos wohl nicht mehr durchzusetzen sein, sagte Gans.
Ähnlich äußerte sich Alfi-Chef Mittelmann. Man könne mit Blick auf die wirtschaftlichen Zwänge jetzt nicht stur an dem Interessensausgleich festhalten, er müsse geändert werden.
Transfergesellschaft soll Mitarbeitern helfen
Wie Mittelmann und Gans übereinstimmend sagten, strebe man nun an, den 50 zu kündigenden Mitarbeitern den Übergang in eine Transfergesellschaft zu ermöglichen. Dabei handelt es sich um eine zeitlich befristete Beschäftigung mit dem Zweck, die von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen für neue Jobs fit zu machen. "Wir hoffen, dass wir betriebsbedingte Kündigungen vermeiden können", so Mittelmann. Die Schließung sei für Bestenheid "natürlich eine Tragödie".

Gewerkschafter Gans zufolge wurde die Alfi-Belegschaft am Mittwochvormittag von der Schließung der Produktion informiert. Er spricht indes nicht von 130, sondern nur von gut 100 Stellen, die es in Bestenheid noch gibt.
Was mit den frei werdenden Werkshallen passiert
Geschäftsführer Mittelmann sagte, dass von den 130 Beschäftigten etwa 30 einen Minijob haben. Doch auch sie seien zum Teil von dem Stellenabbau betroffen. Die frei werdenden Werkshallen in Bestenheid sollen nun verkauft oder vermietet werden. Verhandlungen darüber gebe es "seit heute", sagte Mittelmann am Donnerstag.
Der Alfi-Chef kündigte gegenüber dieser Redaktion an, dass sich das Sortiment von Alfi nach dem Aus der Produktion in Bestenheid nicht verändern werde. Die Alfi-Produkte blieben "Made in Germany".