Der Albtraum für Commerzbank-Aktionäre will einfach nicht enden. Kaum ein Tag vergeht, an dem das Papier an der Börse nicht auf einen neuen Tiefststand fällt. Dabei hatten viele Anleger gehofft, nach der letzten Kapitalerhöhung Ende Mai gehe es endlich wieder aufwärts. Doch die Kapitalvernichtung geht weiter. Steigt nun bald der Bund aus dem DAX-Konzern aus?
Einem „Focus“-Bericht zufolge wirbt die Bundesregierung etwa bei der Schweizer UBS für einen Einstieg bei der Commerzbank. Beim Bundesfinanzministerium hieß es dazu: „Es war stets das Ziel der Bundesregierung, die im Zuge der Finanzmarktkrise gewährten Stabilisierungsmaßnahmen so eng wie möglich zeitlich zu begrenzen.“ Aktuell wären die restlichen gut 17 Prozent Staatsanteil – das Pfand für die Rettungsmilliarden aus den Jahren 2008/2009 – nur mit Milliardenverlust zu veräußern. Kein gutes Thema für den Wahlkampf. Allein seit Jahresbeginn 2013 büßte die Commerzbank-Aktie fast die Hälfte ihres Wertes ein. Geht der Absturz weiter, droht gar der Abstieg des zweitgrößten deutschen Geldhauses aus dem deutschen Leitindex.
Je tiefer der Kurs, umso wilder die Gerüchte: Mancher sieht die Deutsche Bank als Retter in der Not, spekuliert wurde auch über eine Integration der Commerzbank in das Genossenschaftslager. „Wir sind nicht angesprochen worden, und es gibt auch keine konkreten Pläne“, beteuerte der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich. Es gelingt der Commerzbank einfach nicht, den Abwärtstrend zu stoppen. Seit dem Amtsantritt von Konzernchef Martin Blessing Mitte Mai 2008 verlor das Papier über 95 Prozent an Wert – so viel wie kein anderer Banktitel im europäischen Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks. Der Druck auf Blessing nimmt zu. Immer wieder machte er nach der Übernahme der Dresdner Bank im Herbst 2008 große Versprechungen zu Gewinn und Dividende, die er später kassieren musste. Mittlerweile ist der Manager vorsichtiger geworden. Das Ziel lautet nun: bessere Zeiten ab 2016. Bis dahin läuft – mal wieder – ein Konzernumbau: 5200 Arbeitsplätze werden gestrichen, fast jede zehnte Stelle im Konzern. Ständig tauchen Altlasten auf: Derzeit beunruhigt vor allem das 19 Milliarden Euro schwere Engagement in der Schiffsfinanzierung. „Wir haben mindestens noch 18 bis 24 Monate, eher 24 Monate Schiffskrise vor uns“, prognostizierte kürzlich der Chef der NordLB und Präsident des Bankenverbandes VÖB, Gunter Dunkel. Dazu kommt das Eurohypo-Erbe: In Staatsanleihen und Gewerbeimmobilien steckt noch ein dreistelliger Milliardenbetrag. Auch hier drohen der Commerzbank Einbußen.
Unklar ist, ob Marathonläufer Blessing („Ich habe vor, den Lauf zu Ende zu laufen“) den Konzernumbau selbst zu Ende führen darf. In Frankfurt und Berlin mehren sich Stimmen, die zumindest hinter vorgehaltener Hand Blessings Entmachtung fordern. Es wird damit gerechnet, dass es spätestens nach der Bundestagswahl am 22. September eng für Blessing werden könnte. Nach der Wahl könnte die gesamte Sanierung der Commerzbank noch einmal auf den Prüfstand kommen. Die unruhigen Zeiten gehen also weiter.