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BRÜSSEL
Affäre mit Nachspiel
Wer will schon aufhören, wenn es am Schönsten ist       -  Martin Winterkorn, früherer Chef des Volkswagenkonzerns. Er soll vor dem EU-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Julian Stratenschulte, dpa
Foto: Foto: | Martin Winterkorn, früherer Chef des Volkswagenkonzerns. Er soll vor dem EU-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Julian Stratenschulte, dpa
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 12.04.2016 03:32 Uhr

Die Abgas-Affäre um VW und andere Hersteller hat ein europäisches Nachspiel. Am Mittwoch installierte das EU-Parlament einen Untersuchungsausschuss, der „mutmaßliche Versäumnisse der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten“ aufdecken und die Verantwortlichen benennen soll. Die Abgeordneten verdächtigen die Brüsseler Verwaltung, 2010 neue Grenzwerte für Dieselmotoren eingeführt zu haben, obwohl schon damals Expertengutachten belegten, dass auf den Rollenprüfständen nur verzerrte Ergebnisse herauskommen würden. Nun soll geklärt werden, wer wann was gewusst hat und welche Rolle die Lobby der Autohersteller bei der Gesetzgebung gespielt hat, wie es offiziell heißt.

Der Zeitplan ist ehrgeizig: Nach der ersten Arbeitstagung am 22. März soll ein Zwischenbericht im September vorgelegt werden, das Abschlussdokument ist für Anfang 2017 geplant. Allerdings blieb auch am Gründungstag des Ausschusses unklar, ob es sich nun vor allem um ein Tribunal gegen Volkswagen & Co handeln soll oder ob stattdessen die weitergehenden Hintergründe ausgeleuchtet werden sollen.

Während die Fraktionschefin der Grünen, Rebecca Harms, betonte, „dieser Ausschuss muss klären, wie Volkswagen jahrelang bei den Abgastests betrügen konnte“, sagte der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete, Ismael Ertug, „die Arbeit des Ausschusses richtet sich in keiner Weise gegen einzelne Hersteller, einzelne Technologien oder einen Industriezweig“. Dazu hat sich das Gremium viel vorgenommen.

Unter Leitung der belgischen Sozialdemokratin Kathleen Van Brempt sollen unter anderem die ehemaligen EU-Kommissare Günter Verheugen und Antonio Tajani vorgeladen werden. Aber auch den früheren VW-Chef Martin Winterkorn wollen die Parlamentarier befragen. Aus den Kreisen der christdemokratischen EVP-Mehrheitsfraktion hieß es bereits, man solle eine „Hexenjagd“ gegen die europäische Automobilindustrie vermeiden. Schließlich waren schon im Vorfeld Stimmen laut geworden, die forderten, man müsse bei den Beratungen auch die Dieselmotoren-Technologie ganz generell auf den Prüfstand stellen. Schließlich gehe es um Umwelt- und Gesundheitsschutz, der durch die EU-Grenzwerte sichergestellt werden solle.

Erst vor wenigen Wochen hatten sich die EU-Institutionen mit den Mitgliedsstaaten darauf verständigt, dass die eigentlich gelten Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden (80 Milligramm je Kilometer) noch bis 2019 um 110 Prozent überschritten werden dürfen, danach sind immer noch um 50 Prozent höhere Abgas-Emissionen erlaubt. Um die korrekten Abgaswerte zu ermitteln, will die EU ab 2017 europaweit die sogenannten RDE-Verfahren (Real Drive Emissions – Emissionen im normalen Fahrbetrieb) bei der Messung einführen. Dabei werden die Fahrzeuge unter den Belastungen des alltäglichen Straßenverkehrs getestet anstatt wie bisher auf einem Prüfstand.

 
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