Bundespräsident Joachim Gauck hat den verstorbenen Krupp-Patriarchen Berthold Beitz als „Jahrhundertmann“ gewürdigt. Im Essener Krupp-Stammsitz Villa Hügel erinnerte der Bundespräsident auch an die Verdienste von Beitz bei der Rettung von Juden vor der Deportation durch die Nationalsozialisten.
Es existiere wohl kein Nachruf, in dem der Mut der frühen Jahre unerwähnt geblieben wäre, sagte Gauck am Donnerstag bei einer bewegenden Trauerfeier für den Krupp-Patriarchen. Beitz starb Ende Juli im Alter von 99 Jahren.
Auch heute sei Beitz noch ein Vorbild, sagte der Bundespräsident. „Ich wünsche jungen Führungskräften mehr Mut, mehr Verantwortungsbewusstsein, mehr Beitz.“ Dabei denke er auch an die Verantwortlichen bei ThyssenKrupp, die jetzt Mut zur Veränderung bräuchten, erklärte Gauck mit Anspielung auf die schwierige Lage des Konzerns.
An dem Tag, an dem Beitz 100 Jahre alt geworden wäre, sagte Gauck: „Wie gern hätte ich eine Geburtstagsrede gehalten auf den Jahrhundertmann.“
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) würdigte den Einsatz von Beitz für eine funktionierende Sozialpartnerschaft. „Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir sein Vermächtnis annehmen und gut hüten“, sagte sie. „Berthold Beitz hat Geschichte geschrieben und er ist Teil der Geschichte unseres Landes“, sagte die Ministerpräsidentin.
ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger bezeichnete den Verstorbenen als „außergewöhnlichen Menschen“. „Die Legende, der Mythos war höchst lebendig. Er wusste, was wichtig ist. Er kannte die Verantwortung und er nahm sie wahr“, so Hiesinger. In der Essener Hauptverwaltung des Konzerns wurde die Trauerfeier auf einer Großbildleinwand übertragen. Die weltweit rund 150 000 Beschäftigten hatten zudem die Möglichkeit, die Gedenkstunde im Internet zu verfolgen.
Auf Wunsch der Familie Beitz berichtete der 85-jährige Jurek Rotenberg über seine Begegnung mit Beitz. Beitz hatte den damals 14-Jährigen und andere jüdische Einwohner der polnischen Stadt Boryslaw im Zweiten Weltkrieg vor der Deportation durch die Nationalsozialisten gerettet. Ein Wiedersehen mit seinem Lebensretter im Frühjahr dieses Jahres sei für ihn sehr berührend gewesen, sagte Rotenberg.
Zu der Gedenkfeier für den Ende Juli in seinem Ferienhaus auf Sylt verstorbenen Krupp-Stiftungschef waren rund 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport in den ehemaligen Krupp-Stammsitz Villa Hügel geladen worden.