Der Wunsch der Menschen nach einem Eigenheim ist trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage groß. Rund 76 Prozent der Bundesbürger hielten Haus- und Grundbesitz für die beste Geldanlage, berichtete im vergangenen Jahr die Landesbausparkasse LBS. Nach einem Jahrzehnt stark steigender Immobilienpreise, aber sehr günstiger Zinsen, hatte sich der Markt seit Mitte 2022 fundamental gewandelt: Die Preise für Häuser und Wohnungen gaben nach, die Zinsen stiegen rasant, die Bauwirtschaft rutschte in die Krise. Inzwischen sind manche Fachleute optimistischer, aber längst nicht in allen Bereichen. Ein Überblick, wie es in den kommenden Monaten weitergehen könnte.
Preise: Die Preise für Wohnimmobilien erlebten 2023 eine starke Korrektur nach unten. Im dritten Quartal 2023 seien sie um durchschnittlich 10,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gefallen, berichtete das Statistische Bundesamt im Dezember. Dies sei der stärkste Rückgang der Wohnimmobilienpreise gegenüber einem Vorjahresquartal seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Gesunken seien die Kosten für eine neue Immobilie sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum, für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als für Eigentumswohnungen.
Hauspreise und Wohnungspreise 2024: Der überhitzte Markt kühlt sich ab
„Die spekulative Preisblase des letzten Jahrzehnts ist geplatzt“, schlussfolgert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in einer aktuellen Auswertung. „Aktuell kühlt sich der überhitzte Markt ab, und die auf dem Markt zu beobachtenden Preise nähern sich allmählich ihren fundamentalen Werten.“ Aber geht diese Entwicklung auch in den kommenden Monaten weiter? Erste Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Nachfrage nach Immobilien zurückkehrt und der größte Preissturz hinter uns liegen könnte.
Das Portal ImmoScout24 hat im neuen Wohnbarometer beobachtet, dass die Nachfrage nach Immobilien wieder anzieht. Der Preis von neu gebauten Eigentumswohnungen zum Beispiel habe im vierten Quartal 2023 bereits rund ein Prozent über dem im dritten Quartal gelegen. Die Preise für gebrauchte Eigentumswohnungen dagegen stagnierten noch. „Angesichts der gesunkenen Inflationsrate und der wieder stabileren Zinslage kehrt eine gewisse Planungssicherheit und damit auch die Kaufnachfrage zunehmend zurück“, sagte Gesa Crockford, Geschäftsführerin von ImmoScout24. „Für viele rückt der Traum vom Eigenheim wieder ein Stück näher.“ Noch sei das Angebot größer als die Nachfrage, dies könnte sich aber ab Mitte 2024 langsam ändern.
Immobilienpreise könnten sich langsam stabilisieren
„Es ist nicht davon auszugehen, dass die Preise noch mal so spürbar nachgeben werden wie im zweiten Halbjahr 2022“, teilte Crockford mit. Auch der Finanzdienstleister Dr. Klein beobachtet, dass die Preise für Immobilien in Süddeutschland zuletzt kaum mehr rückläufig waren. Für 2024 seien keine großen Preisnachlässe mehr zu erwarten.
Zinsen: Wer bauen oder Immobilien kaufen will, für den haben sich die Bedingungen zuletzt leicht verbessert: Zum Jahresstart seien die Immobilienzinsen unter drei Prozent gesunken, berichtet das Vergleichsportal Check24. Aktuell lägen die bestmöglichen Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen bei 2,93 Prozent, das seien 0,36 Prozentpunkte weniger als noch am 1. Dezember 2023. „Die gesunkenen Renditen für zehnjährige Bundesanleihen und die sich entspannende Inflation sorgen für fallende Bauzinsen“, erklärte Ingo Foitzik von Check24. Wie aber geht es in den kommenden Monaten weiter?
Bauzinsen haben nachgegeben, jetzt wird eine Seitwärtsbewegung erwartet
„Wir rechnen in den nächsten Wochen eher mit einer Seitwärtsbewegung als mit stark fallenden Zinsen“, sagte Foitzik. Dies erwartet auch Dr.-Klein-Chef Michael Neumann, zumindest für die nächsten Monate: „Ich gehe davon aus, dass wir uns bei einer zehnjährigen Zinsfestschreibung in einem Korridor von drei bis vier Prozent bewegen“, sagte er. Neumann prognostiziert, dass die Europäische Zentralbank angesichts der hartnäckigen Inflation das aktuelle Niveau des Leitzinses erst einmal hält, im Laufe des Jahres 2024 werde dann häufiger über Zinssenkungen gesprochen werden.
Bauindustrie: Die Baubranche selbst steckt weiter tief in der Krise. Zahlreiche Neubauprojekte sind auf Eis gelegt worden. Das Geschäftsklima im Baubereich sei auf ein Allzeittief seit 1991 gefallen, berichtet das Münchner Ifo-Institut. Der Ifo-Index habe im Dezember mit minus 56,8 Punkten den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991 erreicht. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Die Unternehmen im Bau befürchten laut Ifo für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen. „Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben“, teilte Ifo-Umfrageleiter Klaus Wohlrabe mit. „Die Perspektiven für 2024 sind düster.“
Fördergelder: Hier ist die Lage unklar. Beim Finanzdienstleister Dr. Klein nimmt man an, dass die Bundesregierung angesichts der klammen Haushaltslage eher sparen werde. „Ich gehe davon aus, dass auch KfW-Programme, die für die Zukunft geplant waren, entweder gar nicht oder nur sehr reduziert umgesetzt werden“, sagte Vorstandschef Neumann. Das Bundesbauministerium dagegen berichtet auf eine Anfrage unserer Redaktion, dass es nach wie vor Mittel gerade für den sozialen Wohnungsbau geben werde: „So stehen bis zum Jahr 2027 mehr als 18 Milliarden Euro allein für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung“, teilte ein Sprecher mit. „Wir haben zudem das Programm ,Junges Wohnen‘ ins Leben gerufen, um Wohnheimplätze für Auszubildende und Studierende zu schaffen. Hierfür stellen wir 1,5 Milliarden Euro bereit.“
Wohnungsmieten: Hier ist – wie berichtet – keine Entspannung in Sicht. Die Mieten steigen ungebremst weiter. „Ein hohes Bevölkerungswachstum trifft auf eine geringe Bautätigkeit“, berichtet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Im Jahresvergleich seien beispielsweise bei den Bestandswohnungen die Mieten in Bayern um sechs Prozent gestiegen, so der Immobilienverband IVD-Süd. „Bei den Mieten wird es auch 2024 in Bayern – wie auch in Deutschland insgesamt – weiter nach oben gehen“, davon geht Stephan Kippes aus, der das Marktforschungsinstitut von IVD-Süd leitet.