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Mindelheim
Wie die Firma Grob im Unterallgäu 4000 Arbeitsplätze geschaffen hat
2015 beschäftigte das Maschinenbau-Unternehmen Grob knapp 2000 Frauen und Männer – jetzt sind es fast 6000. Wie diese unglaubliche Geschichte gelungen ist.
Bayerns Mutmacher.png       -  Drei Männer haben mit ihrem Team Tausende Arbeitsplätze in Mindelheim geschaffen: German Wankmiller (von links), Florian Grob und Christian Grob haben früh auf E-Mobilität gesetzt.
Foto: Johann Stoll | Drei Männer haben mit ihrem Team Tausende Arbeitsplätze in Mindelheim geschaffen: German Wankmiller (von links), Florian Grob und Christian Grob haben früh auf E-Mobilität gesetzt.
Stefan Stahl
 |  aktualisiert: 24.03.2024 02:42 Uhr

Vom amerikanischen Erfinder und Unternehmer Thomas Alva Edison stammt die Erkenntnis, Erfolg habe nur, der etwas tut, während er auf den Erfolg wartet. Mut und Innovationsgeist reichen nicht. Anpacken ist gefragt. Wenn eine Firma wie die Mindelheimer Grob-Werke in rund neun Jahren am Stammsitz im Unterallgäu die Zahl der Arbeitsplätze von knapp 2000 auf bald fast 6000 nach oben schraubt und weiterwachsen will, stellt sich die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis. Im Mittelpunkt der rasanten Aufwärtsentwicklung stehen drei Männer, die über die Jahre enger zusammengefunden haben und das Familienunternehmen nach vorn brachten, nachdem der in Mitarbeiterkreisen geachtete Patriarch und Ingenieur Burkhart Grob 2016 im Alter von 90 Jahren gestorben war. 

Damals war die Verunsicherung unter den Beschäftigten groß. Mancher zweifelte, ob das Unternehmen ohne den charismatischen Eigentümer und unermüdlichen Konstrukteur, der auch im hohen Alter noch neue Maschinen entwarf, eine Zukunft habe. Die Firma stand an einem Wendepunkt. Für die Verantwortlichen stellte sich die Frage, ob es sinnvoll ist, sich weiter auf den Bau von Maschinen für die Herstellung von Teilen für Verbrennungsfahrzeuge und andere Anwendungen zu konzentrieren oder den Schalter umzulegen und in hohem Maße auf Elektromobilität zu setzen, ohne die alten Technologien zu vernachlässigen. Burkhart Grob zweifelte nicht lange vor seinem Tod in einem Gespräch mit unserer Redaktion, ob Elektroautos die Zukunft gehöre. Er glaubte weiter an verbesserte Verbrennungsmotoren und gestand allenfalls der Wasserstofftechnik Chancen zu.

Grob stellte schon die Weichen für E-Mobilität

Im Jahr 2016 besuchte German Wankmiller, Vorsitzender der Grob-Geschäftsführung, Veranstaltungen der wichtigen Kunden Volkswagen und BMW zur Zukunft des Automobils. Dem langjährigen Weggefährten Burkhart Grobs war danach klar, dass die E-Mobilität massiv an Bedeutung gewinnt. „Wir mussten handeln“, erinnert sich der heute 64-Jährige. Wankmiller arbeitet eng mit Christian Grob, 56, zusammen, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates und Sohn der verstorbenen Firmenlegende. Die beiden Männer begannen intensive Diskussionen, wie es weitergehen soll mit der Firma. In Familienunternehmen sind die Hierarchien flach. „Entscheidungen können schneller als in großen Aktiengesellschaften getroffen werden“, sagt Florian Grob, der dritte Mann im Bunde, der den Wandel der Firma in den vergangenen Jahren mitbegleitet hat. Der 26-jährige Sohn von Christian Grob wurde von seinem Großvater Burkhart Grob zum Nachfolger des Maschinenbauers erkoren. Er hat sein Betriebswirtschaftsstudium sowie das anschließende Studium über Familienunternehmen abgeschlossen und arbeitet in der Firma mit. Sein Großvater hat ihn früh mit dem Betrieb vertraut gemacht, zu Aufsichtsratssitzungen mitgenommen und schließlich gefragt, ob er es sich zutraue, einmal alleiniger Eigentümer zu sein. Florian Grob versicherte seinem Opa, sich die ihm zugedachte Rolle zuzutrauen. Die Familie und die Geschäftsleitung haben sich überlegt, in welcher Sparte der E-Mobilität sie als Erstes einsteigen sollen. 

Dabei entschieden sich die Bayern für den kompliziertesten Bereich der Technologie, die Produktion von Anlagen zum Bau von Elektroantrieben mit aufwendigen Kupferdrahtwicklungen. Auf dem Feld befürchteten sie am wenigsten Konkurrenz. Sie hofften, von einem zu harten Preiskampf verschont zu bleiben. Das Experiment glückte. Christian Grob spricht von einem „Schulterschluss“. Sein Sohn Florian lobt die Beschäftigten, welche in der Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit „mitgezogen und selbst an sehr vielen Wochenenden mit uns an den Projekten gearbeitet haben“. Nachdem die Maschinen am Markt gut ankamen, wurden die Mindelheimer selbstbewusster und stiegen zunächst zusätzlich in den Bau von Anlagen zur Produktion einzelner Batteriemodule ein, bis schließlich Maschinen folgten, mit denen die Teile zu ganzen Batterien zusammengepackt werden können. 

Auch Toyota setzt inzwischen auf Grob

Das alles erzählen die drei Grob-Verantwortlichen ruhig, ohne sich zu brüsten, Tausende Arbeitsplätze geschaffen zu haben. Wankmiller berichtet eher beiläufig, Vorstände von Autokonzernen aus China und Europa würden sich in Mindelheim die Klinke in die Hand geben, um die Maschinen für die Herstellung von Baugruppen für Elektroautos anzuschauen. Ebenso am Rande erwähnt der Manager, nach Jahren harter Überzeugungsarbeit einen der wenigen Autohersteller, der noch nicht Grob-Kunde ist, als Kunde gewonnen zu haben. So setzt auch Toyota neben Unternehmen wie VW, BMW, Mercedes, General Motors, Ford, Nissan, Honda und allerlei chinesischen Anbietern auf Technologie aus dem Unterallgäu. Die Japaner sind der weltweit größte Autobauer und haben eine in Mindelheim hergestellte Maschine zum Bau sehr großer Batteriegehäuse und Karosserieteile erworben. 

Natürlich ist im Mindelheimer Job-Wunderland die Welt nicht heil, obschon dort eine neue Halle nach der anderen gebaut wird und ein Parkhaus entsteht, das einmal 3500 Stellplätze bieten soll. Wankmiller und die beiden Grobs müssen ihre Strategie immer wieder nachsteuern, wenn das Geschäft in Märkten wie zuletzt in China schwächelt. Sie setzen jetzt stärker auf die USA, bauen das dortige Werk aus, auch weil die Wirtschaft dank Förderprogrammen des US-Präsidenten Joe Biden dort besser gedeiht als in China. Sollte Donald Trump wieder Präsident werden und mit der Zollkeule um sich schlagen, könnte sich das US-Investment zusätzlich auszahlen: Dann kann Grob aus dem amerikanischen Werk heraus für das Land liefern und lästige Abgaben vermeiden. 

Der US-Markt ist schon heute herausfordernd für das Unternehmen, denn dort sind qualifizierte Arbeitskräfte noch rarer als in Deutschland. „Auch dafür haben wir eine Lösung: Wir entsenden einfach Beschäftigte aus unserem neuen Werk in Indien, wenn sie zuvor in Mindelheim weitergebildet wurden, in die USA, sprechen Inder doch gut Englisch“, sagt Wankmiller. Derzeit qualifizieren sich etwa 40 indische Spezialisten am bayerischen Stammsitz. Globalisierung ist ein vielschichtiges Phänomen. Christian Grob schmunzelt und meint: „Mindelheim ist der Nabel der Welt.“ Doch könnte dieser Nabel nicht auch Probleme bekommen, wenn wie in Deutschland in diesem Jahr der Verkauf von E-Autos einen massiven Dämpfer erfährt? Der Grob-Aufsichtsratsvorsitzende winkt ab: „Wir setzen weiter neben Maschinen zur Produktion von E-Autos auf Anlagen zum Bau von Verbrennungsmotoren.“ Zudem erobere Grob neue Märkte wie Indien und streckt von dort aus die Fühler im asiatisch-pazifischen Raum aus. 

Grob will Umsatz deutlich erhöhen

Derweil blicken die Grob-Verantwortlichen auf das Jahr 2026 voraus, wenn das Unternehmen sein 100-jähriges Bestehen feiert. Christian Grob hofft: „Wenn wir weiter unsere Hausaufgaben machen, können wir bis dahin die Zahl der weltweiten Mitarbeiter von jetzt 8800 auf 10.000 steigern.“ Parallel dazu soll die Leistung, der konservativ gerechnete Umsatz, von 1,8 auf deutlich über 2,0 Milliarden Euro in die Höhe schnellen. Allein in den vergangenen zwei Jahren hat das Unternehmen in Mindelheim 1500 Frauen und Männer eingestellt. Christian Grob ist überzeugt: „Hätten wir nicht stark auf die Elektromobilität gesetzt, stünde Grob in Mindelheim immer noch bei etwa 2000 Mitarbeitern, vielleicht sogar noch bei weniger Beschäftigten.“ 

Nach wie vor stellt das Unternehmen kräftig ein und sucht Hunderte Fachkräfte. Derzeit arbeiten etwa 300 Auszubildende allein in Mindelheim. Es sollen einmal 360 werden. Damit zieht sich der Maschinenbauer seinen Nachwuchs zum Teil selbst heran. Grob könnte stärker wachsen, wenn das Unternehmen schneller Beschäftigte für sich gewinnt. Wankmiller spricht von einem „limitierenden“, also bremsenden Faktor. Immerhin ist es dem Unternehmen gelungen, Spezialisten aus dem Augsburger und nordschwäbischen Raum für Mindelheim zu begeistern, die mit Bahn oder Auto in die Grob-Boom-Town pendeln. „Wir befinden uns in einem Wachstumsmarkt“, meint Christian Grob. Zum weiteren Erfolg fehlen nur noch zusätzliche menschliche Wachstumsermöglicher. 

 
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