Im Keller steht das Wasser, meterhoch. Die Feuerwehr rückt mit dem Einsatzfahrzeug an, durch das geöffnete Kellerfenster lassen die Feuerwehrleute eine Pumpe ins Innere hinunter. Angeschlossen an einen Generator oder einen Haushaltsstromanschluss beginnt sie mit der Arbeit, um den Keller zu leeren und betretbar zu machen. Pumpen erleichtern die Arbeit der Feuerwehren enorm. Häufig – auch bei dem Hochwasser im Mai und Juni – kommen Geräte zum Einsatz, die aus unserer Region stammen. Das Unternehmen Spechtenhauser Pumpen aus Waal im Kreis Ostallgäu ist spezialisiert auf Hochleistungspumpen. Laub, Zigarettenstummel oder Papier, das im Wasser schwimmt, sind dabei kein Hindernis. Es wird in die Pumpe gezogen und im Feuerwehrschlauch nach oben befördert. „Was in die Pumpe reinkommt, das kommt auch raus“, sagt Jens Becker, Geschäftsführer des Unternehmens. Drängt die Zeit, ist es umso wichtiger, dass die Pumpe nicht verstopft. Die Zuverlässigkeit hat mit der besonderen Geschichte des Unternehmens zu tun.
Das Unternehmen Spechtenhauser ist bereits 1962 in München als Pumpen-Großhandel gegründet worden, im Jahr 1969 begann der Unternehmer Paul Spechtenhauser in Buchloe Pumpen selbst zu produzieren, später zieht man nach Waal um. Als 1993 sein Nachfolger Reinhold Metzner das Unternehmen übernahm, stellte dieser fest, dass es abgesehen von Fertigungsskizzen keine technische Dokumentation gab. Metzner heuerte Jens Becker an – damals noch Student auf der Suche nach einem Nebenjob –, um sich um dieses Thema zu kümmern. „Das Wissen lag in den Köpfen der Mitarbeiter – und von denen standen viele kurz vor der Rente“, erinnert sich Becker. Er bleibt nach seinem Abschluss als Wirtschaftsingenieur dem Unternehmen treu und wird 1998 Assistent der Geschäftsführung, als sich etwas Dramatisches ereignete.
Zusammen mit den Feuerwehren werden Pumpen für den Einsatz entwickelt
Ein Hochwasser überflutete Teile der Region. Augsburg trifft es stark, aber auch Herrsching am Ammersee. Das Pfingsthochwasser 1999 ist noch vielen in Erinnerung. Um die Feuerwehr zu unterstützen, leiht das Unternehmen den Feuerwehrleuten Pumpen. Die Geräte waren noch recht schwer, aber robust und leistungsstark. „Als das Wasser abfloss, wollten die Feuerwehren die Pumpen am liebsten behalten“, sagt Becker. Eine neue Marktlücke war gefunden: Pumpen speziell für den Hochwasser-Einsatz. Der groß gewachsene, humorvolle Mann setzt sich mit den Feuerwehrleuten zusammen und fragt nach deren Bedürfnissen. Was hilft am meisten im Einsatz? Leicht sollte die Pumpe sein und gut zu transportieren. Vor allem musste sie aber mit Verschmutzungen im Wasser klarkommen. Und hier hatte das Unternehmen bereits große Erfahrung.
Die erste Hochleistungspumpe bekam den Namen „Ammersee“, es folgten unter anderem die Modelle „Staffelsee“, „Chiemsee“ und die „Mini-Chiemsee“. Die Pumpen zählen heute zur Standardausrüstung bei vielen Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk. Die „Chiemsee“ befördert pro Minute 2500 Liter nach oben, das entspricht 15 Badewannen. Ein Keller ist damit in kurzer Zeit leer. Schlamm, Unrat oder Holzpellets, die im Wasser schwimmen, seien dabei kein Problem, versichert Becker. Und immer wenn Wasser von außen in einen Keller läuft, sei solcher Schmutz leider der Normalfall.
Test in einem gefluteten Keller
Um die Pumpen zu testen, habe das Unternehmen ein leer stehendes Haus geflutet. „Die Feuerwehr hat Flaschen, ein Hemd, Kartoffeln und Dosen hineingeworfen, bevor sie die Pumpe nach unten ließ“, beschreibt Magdalena Becker den Test. Die Ehefrau von Jens Becker ist zuständig für Marketing und die Pressearbeit. Zuverlässig seien die Gegenstände mit dem Wasser aus dem Keller nach oben befördert worden. Die Korngröße der "Chiemsee"-Pumpe beträgt 80 Millimeter, mehr als ein Tennisball. Alles bis zu diesem Durchmesser könne mühelos durch das Gerät rutschen. Herzstück der Pumpen ist ein Laufrad, das sich das Unternehmen hat patentieren lassen. Daneben legen die Konstrukteure Wert auf Details. Das Kabel an der Pumpe ist gelb, damit es leichter gesehen wird und keiner darüberfällt. Und hat die Pumpe ihre Arbeit bis auf eine Handbreit Wasser im Keller verrichtet, kann ein Flachsaugbogen montiert werden – ein nach unten gewölbter Rüssel, der auch die letzten Zentimeter aus dem Keller pumpt.
Bereits im Dezember 2023 hat ein Hochwasser Teile Westdeutschlands getroffen. In solchen Situationen unterbrechen die Mitarbeiter schon einmal ihren Urlaub, berichtet Magdalena Becker. „Wir helfen allen gerne“, sagt sie. Nachfragen nach den Pumpen kommen aus Mexiko bis aus Japan. Das Geschäft war so stabil, dass das Unternehmen im Jahr 2000 eine eigene Gesellschaft für die Feuerwehrpumpen gründete: SHG Spechtenhauser Hochwasser- und Gewässerschutz. Die Leitung übernahm damals Jens Becker.
Spezialist für Abwasserhebeanlagen
Der Kernbereich des Unternehmens ist nämlich ein anderer. Der Betrieb ist spezialisiert auf Abwasserhebeanlagen. Liegen in einem Gebäude die Toiletten unterhalb des Kanals, muss das Abwasser nach oben gehoben werden. Dies gilt auch, wenn die sanitären Einrichtungen oder Kellerabflüsse unterhalb der Rückstauebene liegen. Bei Hochwasser im Kanalnetz würde dann das Abwasser zum Beispiel durch die Toilette nach oben in den Keller gedrückt. „Das ist eine Situation, die keiner will“, sagt Becker. Für diesen Fall gibt es zum Beispiel Rückstauventile. „Der sicherste Schutz ist aber eine Abwasserhebeanlage“, erklärt er. Bis heute erwirtschaftet Spechtenhauser Pumpen damit den größeren Teil des Umsatzes. Vor allem in Städten kommen die Pumpen zum Einsatz, zum Beispiel in Hotels oder in der Gastronomie, wo die Toiletten häufig im Kellergeschoß liegen. Auch in Kliniken ist die Technik verbaut. „Unsere Anlagen sind auf 30 Jahre Betrieb ausgelegt“, versichert der Ingenieur. Langlebigkeit ist für ihn eine Form, Nachhaltigkeit sicherzustellen. Die meisten Zulieferer stammen aus Deutschland.
Noch einmal sollte das Unternehmen den Besitzer wechseln. Nach der Jahrtausendwende suchte der damalige Inhaber Reinhold Metzner einen Nachfolger und fragte Jens Becker, ob er sich vorstellen könne, Spechtenhauser Pumpen in die Zukunft zu führen. Dieser stimmte zu – und übernahm 2005 nach reiflicher Überlegung die Firma. Schließlich ging es um eine große Investition, bei der die Bayerische Bürgschaftsbank zur Seite stand.
Neubau steht an, Spechtenhauser Pumpen wächst
Inzwischen ist Jens Becker mit seiner Entscheidung sehr zufrieden. Die Nachfrage ist hinreichend groß, dass langsam der Platz ausgeht. In der Produktion laufen gerade moderne CNC-Fräsen, auf der anderen Seite des Ganges findet der Zuschnitt der Kunststoffe für die Abwassersammelbehälter statt. Im Lager – einige Schritt weiter – stapeln sich Laufräder und Gehäuseteile in Regalen hoch bis zur Decke. Das Unternehmen ist auf 60 Beschäftigte angewachsen. "Wir könnten schon neue Beschäftigte einstellen, haben aber leider keinen Platz“, erklärt Becker.
Nun ist auf der Wiese direkt neben dem Firmengebäude ein Neubau geplant. „Im Herbst ist Baubeginn“, sagt Becker.
Mit der erweiterten Produktion lassen sich dann noch mehr Feuerwehren mit Geräten gegen das Hochwasser rüsten.