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Ellwangen/Nördlingen
Die Krise von Varta ist noch tiefer
Das Sanierungsprogramm für den Batteriehersteller greift zu kurz. Bis Mitte des Jahres soll klar werden, wie es weitergeht. Die Banken müssen mitspielen.
Matthias Zimmermann
 |  aktualisiert: 22.04.2024 02:40 Uhr

Varta kommt nicht aus der Krise. Vor weniger als einem Jahr hat sich das Unternehmen ein strenges Sanierungsprogramm auferlegt, das auch den Abbau von weltweit rund 800 Stellen vorsah. Nun zeigt sich: Die Zahlen, auf denen das Programm basierte, waren zu optimistisch geschätzt. Am Freitag hat das Unternehmen bekannt gegeben, dass die auf Restrukturierungen spezialisierte Bonner Unternehmensberatung Auxil ein neues Sanierungsgutachten erstellt.

Die Nachricht ist ein schwerer Rückschlag für den Konzern, dem Analysten im Rahmen des immer steigenden Bedarfs an Energiespeicherlösung durch die Elektrifizierung immer weiterer Lebensbereiche einst eine große Zukunft vorausgesagt hatten. An der Börse verloren die Papiere von Varta zeitweise über ein Drittel ihres Wertes. 

Konkurrenz aus Asien bei den Energiespeichern verschlimmert die Krise

Als Grund für die verschlechterte Lage nennt das Unternehmen einen Rückgang der Bestellungen im Bereich der kleinformatigen Lithium-Ionen-Zellen, die etwa in tragbaren Kopfhörern enthalten sind, sowie anhaltende Lieferkettenprobleme. Besonders aufhorchen lässt jedoch ein weiterer Grund, den Varta in der Meldung anführt: "ein unerwarteter erheblicher Rückgang der Nachfrage im Bereich Energiespeicherlösungen bei Endverbrauchern". Die Lager im Handel seien voll und die Konkurrenz hat einen Preiskampf gestartet.

Das ist vor allem deshalb ein Problem für Varta, weil der Bereich noch vor wenigen Monaten als ein Lichtblick und große Zukunftshoffnung galt. Rund 200 Menschen arbeiteten zuletzt allein in der Heimspeicherproduktion in Nördlingen. Personal aus anderen Bereichen wechselte zuletzt in diese Abteilung, noch vergangenen Oktober sagte Varta-Chef Markus Hackstein unserer Redaktion, man suche hier für das Jahr 2024 noch 40 bis 50 Personen.

Mehrheitsaktionär Michael Tojner hat bereits einmal Geld gegeben

Damit ein neuer Sanierungsplan beschlossen werden kann, braucht Varta nun dringend die Zustimmung der Banken. Schon vergangenes Jahr steckte der Mehrheitsaktionär Michael Tojner im Rahmen einer Kapitalerhöhung über seine Firma Montana Tech Components noch einmal über 50 Millionen Euro in das Unternehmen. Der österreichische Geschäftsmann hält 50, 1 Prozent der Anteile. Ende 2026 sollte die Sanierung abgeschlossen sein und das Unternehmen wieder profitabel wachsen. 

Stattdessen laufen laut Varta nun Verhandlungen über eine Stillhaltevereinbarung. Mit so einem Abkommen könnten die Kreditgeber dem Unternehmen etwas Zeit für die Suche nach einer Lösung gewähren. Der Varta-Vorstand hat aber auch die Finanzberater von Rothschild & Co. engagiert, um für alle Fälle vorbereitet zu sein. 

Kurzarbeit sei laut Unternehmenssprecher kein Thema

Die Nachricht sorgt für weitere Unruhe in der Belegschaft, nachdem erst im Februar ein Cyberangriff das Unternehmen weitgehend stillgelegt hatte. "Die aktuelle Entwicklung hat keine Auswirkungen auf das Tagesgeschäft", betonte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Auch Kurzarbeit sei derzeit an keinem Standort in Deutschland ein Thema. Nach dem erzwungenen Stillstand durch die Serverattacke sei man wieder voll lieferfähig und arbeite den Auftragsbestand ab. Nur in den Werken in Rumänien und in Indonesien gebe es aktuell noch Beeinträchtigungen. Auch der Betriebsrat in Nördlingen sieht derzeit keine Anzeichen für eine Auftragsflaute. Kurzarbeit sei nicht geplant. 

Allerdings hat auch die Hackerattacke Geld gekostet. Wie viel, sei bislang nicht klar. Sogar die Veröffentlichung des Abschlussberichts für das Jahr 2023 musste verschoben werden. Mitte des Jahres soll Klarheit darüber herrschen, wie der Neustart gelingen soll.

 
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