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Augsburg
Wie es um den Frauenanteil in den Chefetagen bestellt ist
In den Dax-Unternehmen kommen immer mehr Frauen in Verantwortung, zeigen Studien. Ganz an der Spitze dominieren aber nach wie vor Männer. Woran das liegt.
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Foto: Oliver Berg, dpa | Ganz an der Spitze von Dax-Unternehmen dominieren noch Männer, aber in die Führungsetagen ziehen immer mehr Frauen ein.
Stefan Küpper
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:29 Uhr

Es tut sich etwas an der Spitze der Aktiengesellschaften in Sachen Gleichberechtigung. Es gibt immer mehr Vorständinnen in Deutschlands großen, börsennotierten Unternehmen. Das geht aus einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY hervor. Den Angaben zufolge führen inzwischen auch 128 Managerinnen in den Vorstandsgremien die Geschicke der Konzerne aus DAX 40, MDAX und SDAX. Das sind zwanzig mehr als noch vor einem Jahr. Vor vier Jahren saßen weniger als halb so viele Frauen (59) in den Vorständen. 

Es geht also einerseits was, aber von Parität ist man andererseits dennoch weit entfernt. Denn den 128 Damen stehen in den Chefetagen 568 Herren gegenüber. Und trotz des Anstiegs bleiben laut EY viele der geschäftsführenden Gremien auch 2024 "reine Männerdomänen": Fast vier von zehn Unternehmen in den 160 gelisteten Top-Unternehmen haben keine einzige Frau in ihren Vorstandsgremien.

AllBright Stiftung: Genügend qualifizierte Frauen gäbe es genug

Woran liegt es? Wiebke Ankersen ist Geschäftsführerin der AllBright Stiftung. Die gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in Stockholm und Berlin macht sich für mehr Frauen und Diversität in wirtschaftlichen Führungspositionen stark. Ankersen erklärt, dass die allermeisten Unternehmen noch nicht systematisch dafür sorgen, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen. "Schon auf der ersten Führungsebene ist das Verhältnis von Frauen und Männern 40 zu 60 Prozent. Je weiter es rauf geht, desto unausgeglichener wird es entsprechend. Heißt für die Unternehmen: Sie müssen schon auf der untersten Ebene dafür sorgen, dass die Frauen in die Führungslaufbahnen kommen." Zumal es nicht weniger qualifizierte Frauen gebe: "Seit 2012 gibt es mehr BWL-Absolventinnen als -Absolventen. Und trotzdem kommen noch immer deutlich weniger Frauen als Männer ganz oben an." 

Ankersen sieht zwei zentrale Herausforderungen: Zum einen arbeiten Frauen hierzulande im internationalen Vergleich deutlich häufiger nur Teilzeit, häufig nur 20 Stunden oder noch weniger. "Damit wird man aber in der Regel nicht Führungskraft. Viele wollen deshalb nicht in diese Rolle, weil sie diese nicht mit ihrem Familienleben vereinbar sehen. Oder man traut es ihnen einfach nicht zu. Die unbewussten Vorurteile bleiben dominant. Trotz allem." 

Die Kita-Katastrophe bleibt eines der größten Probleme

Ein Problem, das Besserung verhindert, ist so bekannt wie ungelöst. Auch Ankersen sagt: "Es ist ein Skandal, dass in dem Land, das die Kita erfunden hat, die Frauen, die gerne mehr arbeiten würden, es nicht können, weil es nicht genügend Kinderbetreuung gibt. Die Kita-Katastrophe in den Griff zu bekommen, wäre die Grundvoraussetzung." Einen zweiten Ansatz sieht sie in der Abschaffung des Ehegattensplittings, weil dieses nach wie vor die alte Rollenverteilung zementiere: "Er macht Karriere und sie verdient etwas dazu." Hinzu kommt, "dass mehr Männer in Elternzeit gehen und mit dem kranken Kind zu Hause bleiben sollten, und jeder Partner sich genau überlegt, welchen Part er übernehmen möchte." 

Welche Branchen setzen wie stark auf Frauen? EY hat erhoben, dass Managerinnen den stärksten Anteil in den Vorständen von Unternehmen der Konsumgüterbranche stellen. Und zwar ein Viertel. Bei Pharma, Biotech und Life Sciences sowie Telekommunikation (beides 23 Prozent), Transport und Logistik sowie der Finanzbranche (beides 20 Prozent) ist der Frauenanteil deutlich überdurchschnittlich. Unterdurchschnittlich dagegen ist er in der Medienbranche (7 Prozent), bei Energieversorgern (10 Prozent) und der Industrie (16 Prozent).

Personalberatung Russell Reynolds: Frauen bleiben kürzer im Vorstand

Bis es das Verhältnis 50 zu 50 ist, bleibt noch eine Strecke. Ankersen ist Optimistin und glaubt, dass es mit mehr Geschwindigkeit geht als bisher. "Wenn es so weitergeht wie im durchschnittlichen Tempo der vergangenen fünf Jahre, dann würde es noch 18 Jahre dauern. Ich weiß aber, dass es viel schneller gehen kann." 

Interessant ist, was die Personalberatung Russell Reynolds Associates analysiert hat. Im Dax 40 übertrifft erstmals die Zahl der ausscheidenden Frauen die der Neubesetzungen (9 gegen 8). Frauen würden zudem fünfmal häufiger als Männer innerhalb der ersten drei Jahre ihrer Amtszeit die DAX-Vorstände verlassen. Nachdem es in den Jahren 2021 und 2022 die historisch größten Steigerungen beim Frauenanteil in DAX-Vorständen gab, stagniere dieser laut Russell Reynolds jetzt, nachdem das zweite Führungspositionen-Gesetz erfüllt sei, bei rund 23 Prozent. Dieses trat im August 2022 in Kraft und schreibt vor, dass in den Vorständen börsennotierter, paritätisch mitbestimmter Unternehmen ab einer Größe von vier Mitgliedern mindestens eine Frau im Vorstand vertreten sein muss. Im Halbjahr vor Inkrafttreten wurde den Angaben zufolge ein Drittel aller neu zu vergebenden Vorstandsposten mit Frauen besetzt. In den sechs Monaten nach Inkrafttreten bekamen Frauen sogar fast zwei Drittel aller DAX-Vorstandsposten. 2023 sei der Anteil weiblicher Neubesetzungen jedoch wieder auf 22 Prozent zurückgegangen. 

 
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