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Energie
Auch in Unterfranken: Wo die neuen Wasserstoff-Kraftwerke entstehen könnten
Die Bundesregierung hat kürzlich beschlossen, neue Gaskraftwerke auszuschreiben. Erste Studien zeigen, wo ein Bau sinnvoll ist. Bayern rückt dabei in den Fokus.
Michael Kerler
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:07 Uhr

Die Bundesregierung hat das Ziel, die erneuerbaren Energien massiv auszubauen, dies gelingt zunehmend gut. Ihr Anteil an der Nettostromerzeugung lag 2023 bereits bei 54,9 Prozent, berichtete kürzlich Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut. Was aber, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Da Deutschland nicht nur aus der Kernkraft ausgestiegen ist, sondern auch mittelfristig die Kohlekraftwerke abschalten will, bereiten Zeiten der Dunkelflaute den Netzbetreibern besondere Sorgen.

"Die Kraftwerksstrategie ist ein Schritt in die richtige Richtung"

Die Planungen sehen vor, dass in den kritischen Zeiten schnell startbare Gaskraftwerke einspringen können. Diese sollen anfangs mit Erdgas, später mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden. Die Bundesregierung hatte sich kürzlich geeinigt, insgesamt zehn Gigawatt Leistung auszuschreiben. Hier geht es um große Anlagen. Zum Vergleich: Ein Block des Kernkraftwerks Gundremmingen hatte eine Leistung von 1,3 Gigawatt. Erste Studien zeigen, wo diese Kraftwerke entstehen könnten. Bayern rückt dabei besonders in den Fokus. 

Bei den großen Netzbetreibern herrscht Erleichterung, dass die Bundesregierung sich auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt hat. Sie sind für einen stabilen Betrieb des Stromnetzes zuständig. "Um eine weiterhin hohe Netzstabilität mit gleichzeitigem Kohleausstieg in Deutschland gewährleisten zu können, ist der systemdienliche Zubau von flexiblen und steuerbaren Back-up-Kraftwerkskapazitäten unabdingbar", sagt Tim Meyerjürgens, Chef für das operative Geschäft beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet, der die großen Stromleitungen in weiten Teilen Bayerns betreibt. Zufrieden äußert man sich auch bei Amprion, das für Bayerisch-Schwaben zuständig ist: "Die Kraftwerksstrategie ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagte eine Sprecherin. Wo aber kommen die neuen Kraftwerke hin? 

Bedarf für Gaskraftwerke in Bayern besonders hoch

Tennet hat sich in einer ersten Studie mit Standorten beschäftigt. Deutlich wird in dem Papier mit dem Namen "Quo vadis Wasserstoff-Kraftwerke?", dass der Bedarf in Bayern besonders groß ist. Hier sind mit den AKW große Kapazitäten vom Netz gegangen. Der Freistaat ist zwar gut in der Erzeugung von Sonnenstrom, hinkt aber in der Windkraft hinterher. Leitungen von Nord nach Süd könnten die Lücke füllen, trotzdem müssen Kraftwerke im Süden zuschaltbar sein, wenn es zu Engpässen im Netz kommt. Die Fachleute sprechen dann von einem Redispatch. Neue Kraftwerke sind deshalb aus Sicht von Tennet vor allem in Süddeutschland nötig. "Korrespondierend zu der fluktuierenden Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien braucht es bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus ausreichend gesicherte Kraftwerksleistungen lastnah und im Süden Deutschlands", heißt es in der Studie.

Tennet hat bereits Standorte sondiert. Bestehende Gaskraftwerke mit größeren Kapazitäten finden sich im Großraum Frankfurt, Nürnberg, in Irsching bei Ingolstadt und München. Aber auch Neubauten hält man für die Netzstabilität für sinnvoll. Tennet favorisiert Standorte im Süden und Südosten von Bayern - immer in der Nähe der großen Pipelines des geplanten Wasserstoff-Kernnetzes. "Je weiter im Süden und besonders auch im Südosten eine zusätzliche Kapazität angenommen wird, desto netzdienlicher erweisen sich die zusätzlichen Anlagen", heißt es in der Studie. Vor allem der "Netzknoten im östlichen Teil von Bayern" sei vorteilhaft für den Bau neuer Kraftwerke. In Burghausen ist mit der dort starken Chemieindustrie die Stromnachfrage groß. Andere sinnvolle Standorte lägen laut Karte in der Tennet-Studie bei München, nahe Ingolstadt, nördlich von Regensburg, östlich von Nürnberg und nördlich von Würzburg. 

Amprion: Pläne reichen nicht – "Zusätzliche Kapazitäten erforderlich"

Für Bayerisch-Schwaben ist der Übertragungsnetzbetreiber Amprion zuständig. "Aus unserer Sicht als Netzbetreiber ist es günstig, nicht alle, aber den größten Teil neuer Gaskraftwerke in Süddeutschland anzusiedeln", sagt auch dort eine Sprecherin. Amprion kann noch keine Aussagen zu Standorten machen. Sinnvoll sei es aber, die Infrastruktur gut aufeinander abzustimmen. Eine große Wasserstoff-Leitung soll den Norden des Bezirks tangieren, darunter die Kreise Günzburg und Augsburg.

Ein erster Schritt ist mit der Kraftwerksstrategie gemacht. Noch seien aber "viele wichtige Fragen offen", sagt Tennet-Vorstandsmitglied Meyerjürgens. Bei Amprion hat man außerdem Zweifel, ob die Pläne ausreichen: "Um einen vollständigen Kohleausstieg bis 2030 zu erreichen, sind zusätzliche Kapazitäten kurzfristig erforderlich", sagt die Sprecherin. Dem Wirtschaftsbeirat Bayern zufolge müssten bis 2030 über 130 Gaskraftwerke à 300 Megawatt Leistung entstehen, um eine zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen.

Kapazitätsmarkt bis 2028 geplant

Um einen Puffer für wind- und sonnenarme Stunden zu haben, sollen weitere stille Reserven aufgebaut werden. Dafür soll auf Druck der FDP bis 2028 ein "Kapazitätsmarkt" geschaffen werden. Dessen Ausgestaltung ist aber bisher noch offen. 

 
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