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Manching
Besuch bei Airbus in Manching: Scholz fliegt über die wütenden Bauern hinweg
Kanzler Scholz besuchte den größten deutschen Eurofighter-Produktionsstandort in Manching, während Bauern vor dem Werk demonstrierten. Er tritt dort dezenter als einst Söder auf. 
Bundeskanzler Scholz besucht Airbus-Militärstandort.jpeg       -  „Es ist wichtig für die Sicherheit des Landes, was hier im Werk stattfindet“: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) auf dem Airbus-Militärstandort in Manching, hier mit Ren Obermann (links), dem Airbus-Verwaltungsratsvorsitzenden, und Michael Schöllhorn, Chef von Airbus Defence and Space.
Foto: Daniel Löb, dpa | „Es ist wichtig für die Sicherheit des Landes, was hier im Werk stattfindet“: Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) auf dem Airbus-Militärstandort in Manching, hier mit Ren Obermann (links), dem ...
Stefan Stahl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:23 Uhr

Markus Söder hat 2021 Maßstäbe der Eurofighter-Zuneigung gesetzt. Inniger und medial wuchtiger brachte wohl seit seinem Idol Franz Josef Strauß kein heimischer Spitzenpolitiker mehr seine Verbundenheit mit Kampfflugzeugen zum Ausdruck. Der bayerische Ministerpräsident war damals nach Manching bei Ingolstadt geeilt, um dort den wichtigsten deutschen Eurofighter-Produktionsstandort mit inzwischen 5800 Beschäftigten zu besuchen. 

Das Wort „besuchen“ traf das Ereignis nur unzureichend. Vielmehr war es so, dass der Luft- und Raumfahrt-Fan in düsteren Corona-Zeiten Bilder seiner Lebensfreude, bayerischer Wehrhaftigkeit und insofern Sympathie für das europäische Kampfflugzeug in die verzagte Republik senden wollte. Söder zwängte sich mit passender olivgrüner, lederner Fliegerjacke in eine der Maschinen und reckte den rechten Daumen hoch, während er mit der linken Hand das Cockpit des Eurofighters beinahe zärtlich zu streicheln schien.

Das Bild sollte als Söders Top-Gun-Moment in die Geschichte politischer Inszenierung eingehen, ahmte der CSU-Chef doch die Geste des Darstellers Tom Cruise als US-Kampfflugzeug-Pilot nach. Der Spott politischer Gegner blieb nicht aus. Zumindest in der Hinsicht muss Kanzler Olaf Scholz als prominentester Gast in Manching seit Söder ausnahmsweise keine Unbill befürchten. Kaum einer erwartet, dass er sich in Top-Gun-Olaf verwandelt und Presse und Welt mit hochgerecktem Daumen aus dem Eurofighter-Cockpit grüßt.

Die olivgrüne Jacke zieht Scholz an, zu Top-Gun-Olaf wird er nicht

So kommt es dann auch. Scholz lässt sich zwar, gründlich wie er ist, über die Vorzüge des europäischen Kampfflugzeugs und anderer Airbus-Rüstungsprojekte akribisch informieren. Er stellt sich auch für Fotografen und Kamerateams vor dem Eurofighter auf, steigt aber nicht ins Flugzeug. Immerhin zieht er die bereit gelegte grüne Jacke an. Für seine Verhältnisse ist da schon ein Ruck durch sein zurückhaltendes Naturell gegangen. Scholz fühlt sich wohl bei Airbus und betont, wie wichtig die Produkte des Hauses für die nationale Sicherheit seien. Der Besuch in Manching, wo ihn Beschäftigte beklatschen, mag sicher eine wohltuende Auszeit für Mister Zeitenwende sein. Bei den Zeitenwende-Arbeitern in Manching ist er willkommen. 

Bauern wollten die Anreise von Scholz nach Manching verhindern

Empörte Landwirte warten derweil vor dem Werksgelände mit ihren Traktoren auf Scholz, schließlich wissen sie, dass er heute hier ist und am Nachmittag dieses Freitags an der Gedenkfeier für Franz Beckenbauer in der Allianz-Arena teilnimmt. Der oberbayerische Luftfahrt-Standort mit seinem Flugplatz ist aber ein idealer Ort für in die Defensive geratene Kanzler, die von Traktoren-Demonstranten bedrängt werden. Folglich schwebt Scholz über den Konvoi hupender Landwirte hinweg ein. Und ist es Zufall oder ein kanzlerfreundlicher Airbus-Regieeinfall: Während seines Wegs von der Maschine mit der Aufschrift „Bundesrepublik Deutschland“ zu einer Werkshalle gibt ein anderer Flieger am Boden derart laute Geräusche von sich, dass der Kanzler nicht das Hupkonzert, sozusagen den 'Sound of Ampel', anhören muss. Vor der Landung dröhnte der Bauernprotest noch zur Landebahn hinüber.

Journalisten wurden, als die Bauernproteste in Manching am Donnerstagabend ruchbar wurden, von Airbus fürsorglich extra früher zum Kanzlerbesuch gebeten. So können sie miterleben, wie Scholz sich voll hinter das Projekt stellt. Das sehen die Beschäftigten als wichtigen symbolischen Akt, wertvoller als Söders Top-Gun-Pose. „Es ist wichtig für die Sicherheit des Landes, was hier im Werk stattfindet“, betont Scholz. Der Eurofighter sei ein sehr leistungsfähiges Flugzeug. Seit 2002 haben die Spezialisten des Airbus-Werks 143 Eurofighter für die deutsche und 15 für die österreichische Luftwaffe gebaut. Die technologisch anspruchsvollen Rumpfmittelteile entstehen in Augsburg bei Premium Aerotec, einem Unternehmen, das auch zu Airbus gehört.

Airbus hofft, dass der Bund den Eurofighter modernisiert

In Management- und Betriebsratskreisen gibt es Befürchtungen, Deutschland könnte nach dem Kauf von US-Kampfbombern wieder in Amerika Flieger bestellen, um veraltete Tornado-Maschinen zu ersetzen. Damit wäre die Gefahr groß, dass hierzulande die Fähigkeit, militärische Flieger zu bauen, verloren geht. Deshalb setzt Airbus-Verteidigungs-Chef Michael Schöllhorn auf Scholz. Die Industrie hofft, dass sich der Kanzler zunächst dafür einsetzt, dass der Eurofighter modernisiert wird, also ein neues Cockpit und deutlich mehr Rechenleistung erhält. Für die Zukunft des Programms ist es entscheidend, dass Deutschland rund 50 zusätzliche Eurofighter bestellt. Auch wenn der Kanzler keine konkreten Zusagen macht, wirken die Airbus-Verantwortlichen nach seinem Besuch zuversichtlich, dass sich die Dinge in ihrem Sinne entwickeln. 

Für die Zukunft des europäischen Kampfflugzeugs setzt sich auch Thomas Pretzl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Airbus Verteidigungssparte, vehement ein. Unserer Redaktion sagt er: „Der Eurofighter gehört zur Zeitenwende. Die drohende Produktionslücke ab 2030 muss geschlossen werden, um den Fähigkeitsverlust zu stoppen und europäische Zukunftsprogramme wie FCAS zu sichern.“ Nur so könne die deutsche militärische Luftfahrt weiterhin souverän und unser Land sicher sein. Hinter dem Kürzel FCAS verbirgt sich ein europäisches Luftkampfsystem, in dem neben Drohnen und Satelliten auch neu entwickelte Kampfflugzeuge eine Rolle spielen sollen. Wenn Deutschland keine weiteren Eurofighter bestellt, ab 2030 die Produktion eingestellt werden muss, und Ingenieure wie Facharbeiter sich andere Jobs suchen, wären Werke wie Augsburg und Manching wohl nicht mehr an der Entwicklung des Kampfflugzeugs der Zukunft beteiligt. Es geht um Innovation und Tausende Jobs.

Sollte Deutschland indes kräftig nachbestellen und sich auch Saudi-Arabien für 48 weitere Eurofighter entscheiden, sieht die Zukunft der beiden süddeutschen Airbus-Standorte und des militärischen Flugzeugbaus in Deutschland besser aus. 

 
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