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Ingolstadt/Wolfsburg
Wie Audi-Chef Gernot Döllner den Autobauer verändert
Gernot Döllner ist seit September im Amt. Nachdem Audi lange an Schwierigkeiten bei Software und Produktanläufen litt, greift der Manager durch. Das gefällt nicht allen.
Stefan Stahl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:04 Uhr

Es ist unmöglich, im Volkswagen-Konzern alle Beteiligten nur annähernd glücklich zu machen. Das gilt auch für die Ingolstädter Tochter Audi. Für Harmonie und Sonnenschein gibt es zu viele widerstrebende Interessen. Den Mehrheitsaktionären der Familien Porsche und Piëch steht eine mächtige Arbeitnehmerschaft gegenüber. Für Menschen auf der Suche nach konfliktreichen Stoffen bieten sich reichlich Andockstellen im VW-Universum. 

So verwundert es nicht, dass mit dem zum September 2023 erfolgten Wechsel des Ex-VW- und Porsche-Managers Gernot Döllner auf den Audi-Chefsessel allerlei Spekulationen aufgeblüht sind. In von einer möglichst großen Audi-Selbstständigkeit träumenden Kreisen wird die Personalie als Beleg gewertet, dass die Festung Ingolstadt geschliffen und in eine VW- und Porsche-Filiale verwandelt werden soll. Es steht der Vorwurf im Raum, Audi würde nach massiven Software-Problemen und sich immer wieder verzögernden Produktanläufen stärker von der Wolfsburger Zentrale an die Leine genommen. 

Audi könnte ab 2026 massive Probleme bekommen, orakeln Experten

Was aufschlussreich ist: Unter Döllners Vorgänger Markus Duesmann, der wie der einstige VW-Chef Herbert Diess von BMW kam, existierte ein anderes Narrativ, wie man heute sagt. Demnach, hieß es damals auch in Ingolstadt, könnten nur noch Frauen und Männer des Münchner Konkurrenten bei VW und Audi etwas werden. Die Ereignisse der vergangenen beiden Jahre zeigten, welch kurze Beine diese Legendenbildungen haben, schließlich wurde erst Diess und dann Duesmann geschasst. 

Das bremst nicht die Lust auf neue Geschichten. Das Manager Magazin behauptet, Döllner sei zwar smart wie hochintelligent, ja einer der besten Entwickler des Konzerns, er führe Audi bislang aber wie ein Abgesandter, dessen Empathie für die besondere Kultur in Ingolstadt gegen null gehe. Darauf folgt die harte Analyse, das Unternehmen könne vielleicht das größte Problem des VW-Konzerns sein. Auch wenn sich gute Bilanzzahlen für das vergangene Jahr andeuten, orakeln Experten, Audi könne ab 2026 massive Probleme bekommen. 

Im VW-Kosmos gibt es immer mehrere Wahrheiten

Döllner, befinden Beobachter des Manager Magazins, habe mit „seiner rauen Art“ schon kurz nach Amtsantritt viele Führungskräfte verprellt. Im VW- und Audi-Kosmos gibt es immer mehrere Wahrheiten: Es lässt sich ebenso in Erfahrung bringen, die selbstbewusste und Probleme konsequent anpackende Art des neuen Chefs komme bei vielen gut an. Sie seien zufrieden, dass Schwierigkeiten endlich in höherer Geschwindigkeit als unter Duesmann angepackt würden. Es gebe einen Döllner-Fanclub im Unternehmen. 

Ob Audi-Entwicklungs-Chef Oliver Hoffmann dazu gehört, wird intern bezweifelt. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung soll der Audi-Aufsichtsrat am Donnerstag beschließen, dass der Manager sein Amt abgeben müsse. Nach Informationen unserer Redaktion aus mehreren Quellen steht die Personalie „Hoffmann“ aber nicht auf der Tagesordnung der am Donnerstag stattfindenden Audi-Aufsichtsratssitzung. Dort müsste das Thema aber diskutiert werden, wenn der Entwicklungschef seinen Posten verlieren soll. 

Der Audi-Chef steht unter Druck

Wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt, könnte das Gremium im März, womöglich erst im April beschließen, dass Hoffmann eine neue und wichtige Rolle im Unternehmen übernimmt. Wie zu erfahren ist, will Audi das Formel-Eins-Engagement größer als geplant aufziehen. Dabei könnte der bisherige Entwicklungschef die Spitzen-Funktion im Formel-Eins-Bereich übernehmen. Noch sei nicht über Hoffmanns Nachfolger entschieden, auch wenn spekuliert wird, Döllner würde gerne die Funktion des Entwicklungschefs zusätzlich übernehmen.

Die mögliche Personalrochade wird im jüngsten Audi-Narrativ mit der Ablösung des langjährigen Audi-Design-Chefs Marc Lichte in Zusammenhang gebracht, also dafür herangezogen, wie der neue Audi-Chef die Führung rustikal umgestaltet. Lichte übte die Design-Funktion allerdings zehn Jahre aus. In der Branche ist es meist üblich, hier immer wieder Wechsel vorzunehmen, zumal wenn sich ein Unternehmen wie Audi voll der E-Mobilität verschreibt und damit auf eine neue Reise begibt. 

Jenseits aller Geschichten und Legenden steht fest: Döllner steht unter Druck, versprochene Autos schneller auf die Straße zu bringen und sie mit einer konkurrenzfähigen Software auszustatten. Ohne Veränderungen, auch personeller Art, sei das schwer möglich, sagen Insider. Dass Audi enger mit VW und Porsche verzahnt wird, um die Kapazitäten des Konzerns besser zu nutzen und Kosten zu sparen, ist eine Tatsache, weit weg von Legenden. 

 
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