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KUUSAMO
Lappland: Schneevergnügen in spektakulärer Natur
In Lappland sind die Tage kurz. Deshalb werden Pisten und Loipen beleuchtet. Das Bild zeigt das alpine Zentrum Ruka.
Foto: Michael Czygan | In Lappland sind die Tage kurz. Deshalb werden Pisten und Loipen beleuchtet. Das Bild zeigt das alpine Zentrum Ruka.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:19 Uhr

Ansu, Venla, Metri, Kalle, Lahtinen und Rölli geben keine Ruhe. Die sechs Huskies wollen endlich starten. Meike sitzt schon im Schlitten, gemütlich hat sie sich eingemummelt. Unsereins steht hinten auf dem Gefährt – und wartet auf Jyris Anweisungen. „Einfach immer auf den Kufen bleiben. Nur wenn's bergab geht, auch mal auf den Bremsbügel treten. Und bergauf, mit einem Fuß nachhelfen und Schwung holen – wie beim Rollerfahren.“ Das Hundegebell wird lauter. Und los geht's in den verschneiten Wald.

15, 20 Sachen haben die Huskies drauf, im Fahrtwind fühlen sich die Minusgrade schnell zweistellig an. Dabei haben wir Glück. In diesen Februartagen zeigt das Thermometer in Kuusamo gerade mal minus drei bis fünf Grad Celsius. Für die Jahreszeit arg warm in Lappland. Normalerweise ist es hier um diese Jahreszeit deutlich kälter. Die Hunde kommen gut voran, die 2,5-Kilometer-Runde kennen sie aus dem Effeff. Nur Meike wird am Berg ein wenig ungeduldig. „Schieb doch mal ein bisschen an – und hilf den Hunden.“ Gemach. Ansu, Venla und Co. sollen sich schließlich austoben.

Tykky: Bäume werden zu Skulpturen

Also weiter durch die Wintertraumlandschaft. „Tykky“ nennen die Finnen die urigen Schneegebilde auf den Bäumen. Eine deutsche Übersetzung für das Wort gibt es nicht. Gemeint sind die Batzen aus ungewöhnlich nassem Schnee, die, kaum sind sie niedergegangen, an Ästen und Zweigen festfrieren – und dann im Lauf des Winters immer voluminöser werden und so die Bäume zu Skulpturen formen.

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Foto: Michael Czygan

Lappland ist schneereich. Von Oktober bis Mai zählen sie hier über 200 Tage mit geschlossener Schneedecke. „Vergangenes Jahr hat es sogar im Juni noch mal geschneit“, sagt Tessa Kokkonen vom regionalen Tourismusverband und lacht. Vor sechs Jahren ist sie aus dem Süden Finnlands hergezogen und – der Liebe wegen – geblieben. „Und wegen dieser Natur.“ Dass es im Winter an manchen Tagen nicht mal drei Stunden hell ist, stört die blonde Finnin nicht. „Dafür wird es ja im Sommer auch nicht dunkel.“

Die Region um Kuusamo zählt 16 000 Einwohner, Wintersport-Zentrum ist das Dörfchen Ruka, wo am Fuße des 493 Meter hohen Fjell Rukatunturi, dem höchsten Berg der Region, die meisten Lifte starten, wo das Angebot an Hotel-, Ferienhaus- und Hüttenbetten am dichtesten ist. Gut eine halbe Million Übernachtungen zählt Kuusamo im Jahr. Vor allem Wintersportlern, die auf naturnahe Schneelandschaft stehen und denen Apres-Ski-Halligalli nicht ganz so wichtig ist, bietet Lappland Alternativen.

Nationalgetränk Blaubeersaft

Skifahren? Kann man, muss man aber nicht. Schneeschuhwandern im Oulanka-Nationalpark hat auch seinen Reiz. Durch den verschneiten Kiefern- und Fichtenwald stapfen, da vergeht die Kälte schnell. Heute hätten wir die Merino-Unterwäsche definitiv nicht gebraucht. Führer Teemu mahnt zur Ruhe. Er hat Spuren im Schnee entdeckt. „Hat jemand eine Ahnung, von wem die stammen?“ Vom Bär? Vom Wolf? „Ein Vielfraß war hier.“ Die Marderart ist in Lappland heimisch. Bären und Wölfe gebe es im Oulanka-Park aber auch. „Aber die halten sich von Menschen fern“, versichert Teemu.

Der Weg führt auf einen Felsvorsprung. Unten im Tal ein reißender Fluss. „Der Kitkajoki – ideal zum Angeln von Forellen.“ Das muss jetzt nicht unbedingt sein. Wir genießen lieber den Ausblick. Teemu schenkt dazu heißen Blaubeersaft aus der Thermoskanne aus. Wenn das finnische Nationalgetränk schmeckt, dann vor dieser Kulisse. Wenig später kommt uns ein junger Mann mit seinem Hund entgegen. Teemu übersetzt: „Er ist eine Woche lang mit Zelt und Schlafsack im Nationalpark unterwegs.“ Die spinnen, die Finnen. Nie hat dieser Kalauer besser gepasst.

Bei Juha und Jeni auf der Rentierfarm

Später ein Abstecher zu den Rentieren auf der Kujala Farm. Juha hat den Hof von seinen Vorfahren übernommen. Rentiere werden in Lappland ähnlich gehalten wie Rinder bei uns. In freier Wildbahn gibt es die Hirsch-Art nicht (mehr). „Jedes Tier hat einen Besitzer.“ Wer mag, darf mit auf die eingezäunte, vom Schnee weitgehend geräumte Weide kommen und die Tiere mit Moos und Flechten – Juha spricht von „Rentier-Schokolade“ – füttern. Und streicheln. Rentiere sind ja soo süß. Manche werden auch trainiert, Schlitten zu ziehen. „Aber das klappt längst nicht bei jedem“, sagt Juha. „Viele sind einfach zu störrisch.“ Die meisten seiner Tiere landen beim Schlachter. Rentier ist ein beliebtes Gericht in Lappland, als Steak, als Rentier-Burger, vor allem aber als eine Art Bolognese mit Kartoffelbrei und Preiselbeeren. Kann man nur empfehlen.

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Foto: Michael Czygan

Jeni, Juhas Lebensgefährtin, erweitert die Farm derzeit zum Erlebnispark. Im dicken Rentierledermantel und Fellkappe auf dem Kopf serviert die studierte Kunsterzieherin am offenen Feuer den Besuchern Tee. Später zeigt sie Ohrringe, Broschen und anderen Schmuck, den sie aus dem Horn der Rentiergeweihe fertigt – und verkauft.

Wer Winter mag, aber kein Halligalli braucht, der findet im Nordosten Finnlands attraktive Alternativen. Unterwegs in Kuusamo.

Sauna-Spaß mit Birken-und Wacholderzweigen

Nach dem Tag an der frischen Winterluft ist Entspannung angesagt. Und da geht?s natürlich in die Sauna. Ob die Finnen das Saunieren wirklich erfunden haben, darüber streiten die Gelehrten. Eines ist sicher: Sie haben den Kult auf die Spitze getrieben. Weltweit gebe es fünf Millionen Saunas, sagt Tanja, die Chefin auf dem Gutshof Pohjolan Pirtti, „3,3 Millionen davon in Finnland“. Gerade in Lappland, wo die Wege weit sind, erblicken noch heute Babys in der Sauna das Licht der Welt – „weil es dort warm ist“. Außerdem sei die Sauna lange Zeit auch Ort der Totenwäsche gewesen. „Die Sauna bestimmt unser ganzes Leben.“ Jede Hochzeit, jede Weihnachtsfeier starten die Familien mit einer Gemeinschaftsauna.

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Foto: Michael Czygan

Am gemütlichsten ist die mit Birkenholz beheizte Rauchsauna. Damit der Kreislauf in Gang kommt, hat Tanja Birkenzweige bereitgestellt. Die werden im Sommer gepflückt, dann in Frischhaltefolie tiefgekühlt und zum winterlichen Saunaabend aufgetaut. Auf dass sich die Besucher ordentlich gegenseitig auspeitschen. Welch ein Spaß. „Und so gesund“, versichert Tanja. Für Hartgesottene liegen noch Wacholderzweige bereit. „Aber nur leicht über den Rücken fahren, damit ihr die Mikroakupunkturpunkte trefft.“

Nach dem Schwitzen sollen wir uns zum Abkühlen im Schnee wälzen. „Selbst die japanischen Besucher neulich haben da mitgemacht“, versichert Tanja. Will heißen, dass es kein Entkommen gibt. Den Versuch ist's wert. Angenehm indes ist anders. Tags drauf, beim Saunaabend im Isokenkäisten klubi, ist ein Tauchbad im Eisloch des nahen Sees vorgesehen. Nein, da hört's jetzt auf, diesmal sind wir lieber Weichei.

Tipps zum Trip

Information: Alles Wissenswerte zu Urlaub in Lappland gibt es im Reisebüro oder im Internet: www.ruka.fi oder getlappi.de

Anreise: Seit Dezember fliegt die Lufthansa einmal die Woche am Samstag von Frankfurt/Main direkt nach Kuusamo und zurück. Der Flug über 2135 Kilometer dauert 3,15 Stunden. Das Ticket gibt es ab 199 Euro. Täglich ist die Anreise mit der Finnair möglich, dann mit Umsteigen in Helsinki. Vom Flughafen fährt ein Bus ins 30 Kilometer entfernte Skizentrum Ruka.

Übernachten: Unterkünfte gibt es in allen Kategorien, das Doppelzimmer im Hotel ab 840 Euro die Woche. Groß ist auch das Angebot an Hütten und Ferienhäusern, die meisten mit eigener Sauna. Preise: 400 bis 2000 Euro die Woche.

Skisport: Die 35 Pisten (davon 30 beleuchtet) sind zusammen 20 Kilometer lang. Es gibt auch schwarze Pisten; die längste Abfahrt beträgt 1300 Meter. 22 Lifte (darunter fünf Sessellifte) sind täglich von 9.30 bis 19 Uhr geöffnet, freitags bis 23 Uhr. Ein Fünf-Tage-Skipass für Erwachsene kostet 173 Euro.

Das Loipennetz in der Region Kuusamo umfasst 160 Kilometer, 35 Kilometer sind beleuchtet. Gut die Hälfte der Loipen liegt rund um Ruka. Skiausrüstung (auch Schneeschuhe) kann man vor Ort ausleihen.

Aktivitäten wie Hundeschlittenfahrt (30 Euro pro Person), den Besuch der Rentierfarm (80 Euro) oder eine Snowmobil-Safari (ab 60 Euro) lassen sich bequem über die Website buchen.

Sauna mit regionalem Abendessen bieten an: Isokenkäisten Klubi, www.ikk.fi Pohjolan Pirtti, www.pohjolanpirtti.fi

 
 
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