Der Klimawandel stellt zweifellos eine Herausforderung für die Menschheit dar. Dieser Meinung ist auch Nando Gabellini, der seit über 30 Jahren ein Strandbad in Riccione an der italienischen Riviera betreibt. Das hat den 67-Jährigen aber nicht daran gehindert, einen lange ausgeheckten Traum zu verwirklichen und die Nebeneffekte der Klimaveränderung zu nutzen. Seit vergangenem Wochenende hat Gabellini seine seit bald 30 Jahren betriebene Anlage mit dem Namen „Spiaggia del Sole 86-87“ erstmals auch im Winter geöffnet. Die Einweihung am Sonntag muss ein voller Erfolg gewesen sein.
150 Gäste waren da. Eine Gruppe wagte sich in die Adria und spielte Wasserball. Am Strand hatte Gabellini vorgesorgt. Er ließ nicht nur die Sonnenliegen aufstellen, sondern positionierte um die Liegestühle auch eigens für die Winteröffnung angefertigte, durchsichtige Windschutz-Vorrichtungen. Die Besucher konnten sich mit Thermodecken wärmen, mussten diese aber alsbald wieder zur Seite legen. „28 Grad in der Sonne waren es, und das ohne irgendeine Heizung“, erzählt Gabellini am Telefon. Seit Sonntag ist bei ihm durchgehend geöffnet.
Weihnachtslieder am Strand
Auch sonst lässt es der Unternehmer an nichts fehlen. Er stellt Winterzelte mit bequemen Sesseln auf, deren Plastikplanen er ab und zu öffnen muss - der Hitze wegen. Wer will, kann aluminiumfarbene Gesichtsreflektoren benutzen, um die Bräunung zu beschleunigen. Im Service inbegriffen sind warme Bademäntel, warme Duschen, ein kleiner Plastikweihnachtsbaum und Weihnachtslieder aus der Konserve. Seit Sonntag dudeln in Riccione „We wish you a merry christmas“ und „Jingle bells“, aber nicht nur in den Geschäften im Ortszentrum, sondern am Strand.
Weihnachten in der italienischen Karibik - was einmal Gabellinis Hirngespinst war, wird nun Realität. „Seit 30 Jahren hatte ich die Idee, jetzt habe ich sie endlich realisiert“, sagt der Strandanlagenbetreiber, der so schnell spricht, dass man ihm kaum folgen kann. „Ich kann einfach nicht Ruhe geben“, gesteht der Italiener. Auch deswegen öffnet er nun auch im Winter.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass dem Pionier andere folgen werden. Die Gemeinde Riccione fördert die Winteröffnung der im Sommer überfüllten Strandbäder an der Riviera. 89 von 135 Betreibern haben sich für die Förderung durch die Stadt beworben, die unter anderem die Zelte zur Verfügung stellt. Gabellini und seine Mitbetreiber, die Familie Angelini, servieren dort Apfelglühwein. Der wird aus Apfelsaft, Nelken, Zimt, frischgepresstem Orangensaft und Kastanienhonig gebraut, um die Kundschaft warm zu halten. Bislang hält sich die Nachfrage noch in Grenzen, denn nach Winter fühlt sich in Riccione kaum etwas an. Sogar das Wasser ist mit etwa 17 Grad kurz vor Weihnachten noch nicht richtig kalt.
Ohne sommerliches Gedränge
Die Bewohner der Riviera scheinen begeistert von der Initiative zu sein. Die Ankündigung der Winteröffnung auf der Facebook-Seite der Gemeinde bekam über 260 000 „likes“. Auch unter der Woche kommen Gäste. Solange das Wetter mitspielt, stellt Gabellini seine Liegestühle auf. Das blasse Blau der Adria, der cremefarbene, leere Strand, das weite Meer, all dies hat durchaus seinen Reiz. Und alles ohne sommerliches Gedränge. Kinder- und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte empfehlen ihren Patienten den Aufenthalt am Meer. Das Iod des Salzwassers wirkt auf die Atemwege wie Balsam auf der Seele.
Nando Gabellini wird in den kommenden Wochen nur zweimal nicht aufsperren, am 25. Dezember und am 1. Januar. In Gedanken ist er immer wieder bei seinen Stammgästen aus Stuttgart und Berlin, die seit Jahrzehnten im Sommer bei ihm an der Adria Urlaub machen. Werden sie nun auch im Winter kommen? Es gibt viele Gründe, die derzeit gegen einen Riviera-Urlaub sprechen. Die lange Anreise, die Weihnachtsvorbereitungen. Am Wetter scheitert's derzeit nicht.