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ASSISI
Franziskusweg: Auf den Spuren eines Heiligen
Die Popularität von Papst Franziskus strahlt auf den von Pilgern genutzten Franziskusweg im "grünen Herzen von Italien" über. Er führt zu allerlei Lebensstationen des Franz von Assisi.
Assisi ist das Ziel von Millionen von Pilgern jährlich. Sie pendeln dort zwischen der Ober- und der Unterkirche der Basilika, wo der Heilige Franziskus begraben liegt.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Assisi ist das Ziel von Millionen von Pilgern jährlich. Sie pendeln dort zwischen der Ober- und der Unterkirche der Basilika, wo der Heilige Franziskus begraben liegt.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 26.04.2023 20:59 Uhr

Würde Giovanni Battista Bernardone heute noch leben, er wäre ein Superstar. Denn er verkörpert Werte, die in unserer Zeit verblasst sind, aber gerade deshalb von immer mehr Menschen hochgehalten werden. Es geht um Werte wie Demut, Verzicht auf Materielles, Liebe zur Natur.

Giovanni Battista Bernardone kennt man besser unter dem Namen Franz von Assisi. Der Heilige wirkte vor fast 900 Jahren. Ewig lange her – und dennoch leuchtet sein Stern heller denn je am Himmel der Katholiken. Wozu freilich auch der aktuelle Papst beigetragen hat, trägt der beliebte Pontifex aus Argentinien doch den Namen des Gründers des Franziskanerordens.

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Die Popularität von Franziskus einst und heute spüren die Menschen im Herzen Italiens auf eine besondere Weise: Es ziehen immer mehr Pilger durch ihre Region. Sie mühen sich durch die für Wanderer anspruchsvoll-hügelige Landschaft auf dem Franziskusweg. Er führt zu Orten, an denen Franz von Assisi lebte oder Wunder vollbracht haben soll. (Website zum Franziskusweg - englisch und italienisch.)

Dazu gehört natürlich Assisi. Die Stadt wird regelrecht überschwemmt von Pilgern und Touristen. Der Rummel rund um die Basilika San Francesco hat freilich wenig mit franziskanischem Streben nach Ruhe und Besinnung zu tun.

Doch Assisi muss nun mal sein: Dort wurde Franziskus geboren, dort sagte er sich von seiner Familie los und wurde Bettelmönch, dort liegt er begraben. Seine letzte Ruhestätte in der Unterkirche der Basilika ist ein Wallfahrtsort und zieht schon deshalb Pilger aus aller Welt magisch an.

Assisi liegt ziemlich in der Mitte des Franziskuswegs. Wem der Rummel in der Stadt zu viel wird, der kann sich trösten: Der Franziskusweg bietet viele Abschnitte in der Ruhe der Natur. Die Orte mit Zivilisation sind entweder beschauliche Städtchen, Dörfer oder Einsiedeleien. Das „Grüne Herz Italiens“, wie Umbrien genannt wird, ist eine ländliche Gegend. Olivenhaine, Eichenwälder, Rebhänge und Schafweiden haben die Oberhand. Dem Wanderer begegnet mancherorts eher ein Wildschwein als ein Mensch.

Es ist diese große Spannweite zwischen Rummel und Ruhe, die den Franziskusweg charakterisiert. Denn selbst dort, wo sich Menschen wegen der Einsamkeit niederließen, kann gerade im Sommer viel los sein – in Einsiedeleien wie La Verna zum Beispiel.

Bruder Alfio ist 49 Jahre alt, seit fast 30 Jahren Minorit und heute Vorsteher des Franziskanerklosters von La Verna. Ja, im Sommer sei dort viel los, sagt der groß gewachsene Mönch. „Das ist aber an vielen solcher Orte so.“ Es komme deshalb darauf an, „mit welchem Geist man hierher kommt“. Er erlebe gerade bei jenen Besuchern, die mehrere Tage in La Verna bleiben, ein ausgeprägtes Bewusstsein für innere Einkehr und andere Werte des Heiligen Franziskus.

Das klingt nach Pragmatismus: Man nimmt die moderne Welt, wie sie kommt. Diesen Eindruck machen die Franziskanermönche oft, denen man entlang des Franziskusweges begegnet. Sie fahren Auto, sie telefonieren mit dem Handy und wissen sehr wohl Bescheid, was außerhalb ihres Klosters abgeht. Vielleicht deshalb lugt bei manchem Bruder unter der Kutte eine handelsübliche Jeans hervor.

Dennoch – der Kommerz, wie er in Assisi zu erleben ist, kommt wie schnöder Mammon unter dem Heiligenschein des berühmtesten Sohnes der Stadt daher. Auch das sieht Bruder Alfio im Namen der Franziskaner unverkrampft: „Na ja, wir brauchen eben dieses Geld, um Orte wie La Verna unterhalten zu können.“

Alfios Kloster oberhalb des Städtchens Pieve Santo Stefano ist berühmt geworden durch den Umstand, dass Franz von Assisi dort die Stigmata – also die Jesus-Wundmale – erhalten haben soll. An der Stelle, an der das geschah, steht heute eine Kapelle, die offen ist für Besucher. Eine Tafel an der Wand zeugt davon, dass hier auch schon die Päpste Pius VII. und Johannes Paul II. weilten.

Wer auf dem Franziskusweg pilgert, merkt sehr schnell, dass La Verna kein Einzelfall ist. Der Weg führt immer wieder zu Stätten, die mit Franz von Assisi zu tun haben, an denen sein Geist zu spüren ist.

Genau das ist der tiefere Sinn des Wegs. Und genau darin unterscheidet er sich vom Klassiker Jakobsweg: Beim Jakobsweg hat man in Spanien einen Endpunkt – Santiago de Compostela. Beim Franziskusweg gibt es das Ziel nicht, Anfang und Ende liegen in der Fantasie des Pilgers. Wichtig ist die dauerhafte Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Franziskus.

Dieses Wirken hat nicht zwangsläufig nur mit Beten und Armut zu tun. Manche Geschichte, die der Heilige hinterlassen hat, könnten auch für ein Märchenbuch geschrieben worden sein.

So wie in Gubbio. Dort hat der Bettelmönch der Überlieferung nach einen monströsen Wolf gezähmt. Das Tier hatte zuvor die Menschen in der Kleinstadt mindestens bedroht, meistens gleich gefressen. Die Bewohner von Gubbio wussten sich schließlich nicht mehr zu helfen.

Als Franziskus davon erfuhr, ging er vor die Tore der Stadt, stellte sich dem Wolf in den Weg und befahl ihm, fortan die Menschen in Gubbio in Ruhe zu lassen und ein Guter zu werden. Schließlich machte Franziskus noch das Kreuzzeichen in Richtung des Wolfes.

Oh Wunder, der Wolf gehorchte und legte sich zum Zeichen seiner Demut dem Bettelmönch zu Füßen. Von diesem Moment an wurde das Raubtier ein Freund der Menschen in Gubbio: Sie pflegten ihn und gaben ihm zu fressen, er ließ sie dafür in Ruhe.

An der Stelle, an der Franziskus das Wunder vollbrachte, steht heute die kleine Kirche „Chiesa della Vittorina“. Bis zur an den Berghang gebauten Altstadt von Gubbio mit ihren prachtvollen Bauten – allen voran dem Palazzo dei Consoli – sind es nur ein paar Minuten zu Fuß.



Tipps zum Trip

Streckenführung: Den Franziskusweg schlechthin mit Start in A und Ziel in B gibt es nicht. Denn es existieren allerlei Varianten. Als Stammstrecke hat sich jedoch der Abschnitt zwischen La Verna und Poggio Bustone (370 Kilometer) herauskristallisiert – eine Verlängerung bis Rom ist möglich. Wegbeschaffenheit: Pfade durch Wälder, Schotterwege, Landstraßen – alles kommt vor. Knöchelhohe und robuste Schuhe sind für den Franziskusweg auf jeden Fall zu empfehlen. Beschilderung: Häufig ist das gelbe, für die Franziskaner typische Tau-Kreuz als Markierung zu finden. Es sieht aus wie ein T. Auch gelb-blaue Zeichen („Via di Roma“) oder die weiß-roten Markierungen des italienischen Alpenvereins CAI dienen zur Orientierung.

Unterkunft: Die Infrastruktur ist unterschiedlich. Auf manchen Etappen sind günstige Übernachtungen im Kloster oder in Pfarrheimen möglich, andernorts findet man Jugendherbergen, Bauernhöfe mit Fremdenzimmern („Agriturismo“) oder Privatunterkünfte. Man sollte Extrageld für eine Übernachtung im einen oder andern Hotel einplanen, weil dann nichts anderes zu haben ist. In allen Fällen gilt: vorher anrufen.

Karten, Literatur: Eine spezielle Wanderkarte für den Franziskusweg gibt es nicht. In vielen Touristenbüros oder Geschäften der Region kann man jedoch detaillierte Karten für bestimmte Abschnitte bekommen. Empfehlenswert: Das Buch „Der Franziskusweg“ von Angela Maria Seracchioli (19,95 Euro; ISBN 978-3-7022-2825-5) hat für die 21 Pilgeretappen zwischen La Verna und Poggio Bustone genaue Wegbeschreibungen mit Karten und allerlei Service rund um Übernachtung und nützliche Adressen – plus Sonderteil „Der Franziskusweg mit dem Fahrrad“.

Angebote: Wer nicht auf eigene Faust den Franziskusweg bewältigen will, kann die Reise als Paket buchen. Das Bayerische Pilgerbüro bietet zwei Varianten an: eine Pilgerreise (9 Tage, mit geistlicher Begleitung, ausgewählte Kurzwanderungen) sowie eine Wanderreise (von La Verna bis Assisi, ca. 120 Kilometer, 11 Tage). Anreise, Übernachtungen und Pilgerpass inklusive. Kontakt: Bayerisches Pilgerbüro, Dachauer Straße 9, 80335 München; Tel. (0 89) 54 58 11-0; www.pilgerreisen.de

Assisi ist das Ziel von Millionen von Pilgern jährlich. Sie pendeln dort zwischen der Ober- und der Unterkirche der Basilika, wo der Heilige Franziskus begraben liegt.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Assisi ist das Ziel von Millionen von Pilgern jährlich. Sie pendeln dort zwischen der Ober- und der Unterkirche der Basilika, wo der Heilige Franziskus begraben liegt.
Franziskusweg: Auf den Spuren eines Heiligen
Auf dem Franziskusweg begegnen dem Pilger viele Franziskus-Statuen. Die rot-weißen Markierungen stammen vom italienischen Alpenverein CAI.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Auf dem Franziskusweg begegnen dem Pilger viele Franziskus-Statuen. Die rot-weißen Markierungen stammen vom italienischen Alpenverein CAI.


 
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