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NAUDERS/
Zwei Länder Ski Arena: Überraschung am Reschen
Blick vom Gueser Kopf auf den Grenzberg Pizlad: An der Vorderseite ist österreichisches Gebiet, an der rechten Flanke erstreckt sich das Engadin in die Schweiz und links geht's nach Südtirol.
Foto: Fotos (3): Michael Nöth | Blick vom Gueser Kopf auf den Grenzberg Pizlad: An der Vorderseite ist österreichisches Gebiet, an der rechten Flanke erstreckt sich das Engadin in die Schweiz und links geht's nach Südtirol.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:09 Uhr

Grenzenlos soll es sein, das Skivergnügen. Doch wo findet man das? Eine durchaus wörtlich zu nehmende Möglichkeit bietet die Region am Reschenpass oberhalb von Landeck. Dort kann man sich mit einem Skipass in sechs Skigebieten und zwei Ländern vergnügen – und erlebt dabei so manche Überraschung.

Schon die Auffahrt vom Inntal über die gut ausgebaute Passstraße bringt einen ins Schwingen. Die leichten Kurven und Kehren des Reschenpasses mit den langgezogenen Geraden grooven einen regelrecht ein auf den Pistenspaß in der Zwei Länder Skiarena. Diese erstreckt sich von Nauders in Tirol bis nach Sulden im Vinschgau.

Vorbei an Reinhold Messners Yak-Herde

Das Verbundticket zählt in Nauders, Schöneben, auf der Haider Alm, in Watles, Trafoi und Sulden. 64 Straßenkilometer sind zwischen Reschensee und Ortler im Vinschgau zu überwinden mit Ski- und Postbussen, wie Manuel Baldauf, Geschäftsführer von Nauders Tourismus, erklärt. Eine echte Alternative zum Auto sind sie aber momentan nicht. Schließlich dauert die Pkw-Fahrt schon gut eineinhalb Stunden, wenn man in Nauders wohnt, aber am Ortler Skifahren will.

Dennoch machen wir uns auf nach Sulden. Bei der Auffahrt von Prad nach Sulden werden wir ein erstes Mal überrascht: Die Sonne strahlt. In Gomagoi hatten wir die bei Radfahrern beliebte Straße zum Stilfser Joch verlassen und an tiefverschneiten Bergwiesen vorbei Sulden erreicht. Zottelige Tiere stehen hier auf einer Anhöhe – die Yak-Herde von Extrembergsteiger Reinhold Messner, der in Südtirol lebt.

Das kommt er, „der Gustav“

Das soll an diesem Tag nicht der einzige berühmte Namen bleiben auf unserer Tour. Denn nach einigen Schwüngen auf lange nicht mehr erlebtem Naturschnee steht plötzlich ein etwas verschämt dreinblickender Mann am Lift. Skilehrerin Luisa, selbst ehemalige Nationalkader-Fahrerin der Italiener, ist entzückt: „Der Gustav!“

Unsereins muss schon genauer hinschauen, um den Mann zu erkennen: Gustav Thöni, viermaliger Weltcup-Gewinner, Olympiasieger und Weltmeister in den 70er-Jahren. Ein wahres Südtiroler Ski-Idol. Er lässt sich nicht lange bitten, einige Abfahrten mit uns zu genießen. „Ich werde bald 67 Jahre alt, da lass' ich es etwas gemütlicher angehen“, gibt der sportlich gebliebene Thöni vor.

Im Steilhang aber beweist er gleich, wie die Ski am besten gleiten. Unbeschwert, rund und so gar nicht im Rentner-Tempo fährt der Coach von Italiens 90er-Jahre-Ski-Ass Alberto Tomba voraus. Wir hinterher. Bei den kurzen Stopps merkt man, dass Thöni seine Heimat liebt. Mit ausholender Bewegung erklärt er das berühmte Berg-Dreigestirn um Sulden: Ortler, Zebru und Königsspitze – alle knapp an der 4000er-Höhenmarke. „Und da hinten“, unterbricht er seine Ausführungen und zieht ein Fernglas aus der Skijacke, „da laufen Tourengeher auf die Suldenspitze. Da ist man dem König Ortler so nah“, schwärmt Thöni.

Mit dem Pistenbully zum Frühstück

Zeit seines Lebens ist er gern in seinem Geburtsort Trafoi geblieben. „Der Gustav ist ein echter Ehrenmann“, urteilt Skilehrer Hans gleichermaßen ehrfurchtsvoll wie anerkennend. Und: Mit Umsicht und Tatkraft leite er das Hotel „Bella Vista“, das auch gleichzeitig Thönis Geburtshaus ist. Mittlerweile hat es einen Namen als beliebtes Familienhotel. Den alpinen Weltcup-Zirkus hat der einstige Konkurrent zu Ingemar Stenmark und Franz Klammer hinter sich gelassen. „Die Jungen machen noch bei den Legenden-Rennen mit. Ich geh lieber mit meinen Gästen auf Schneeschuh-Touren!“

Derlei Wanderungen macht auch ein gewisser Roland Kaiser. Der deutsche Schlagersänger urlaubt gerne in Nauders. Er steigt jeweils im „Naudererhof“ ab. Hotel-Chef Kurt Kleinhans, ein kreativer Kopf, hat dem Sänger („Sieben Fässer Wein“) gar die hoteleigene Kletterhalle gewidmet. Kaiser nutzt aber eher die weißen Weiten, um sich zu entspannen. Unlängst habe er sich mit dem Pistenbully ins Skigebiet bringen lassen, um nach der Wanderung ein Frühstück in der umgebauten „Stieralm“ zu genießen, erzählt Kleinhans. Unsereins nimmt den Pistenbully lieber am Abend für das Almdinner. Auf der modern gestalteten Hütte, die früher 60 Stiere beherbergte, kredenzt „Stieralm“-Chef Boris Plangger ein feines Sechs-Gänge-Menü mit auserlesenen Weinen. Auge und Gaumen sind gleichermaßen überrascht.

Ein Blick aufs Engadin, Nordtirol und ins Vinschgau

So opulent gestärkt müssen die Kalorien anderntags abtrainiert werden. Und da passt es gut, dass Skilehrer Noldi das Skigebiet Nauders wie seine Westentasche kennt. Auf den breiten Pisten am Bergkastel lässt er die Skier laufen, dass es eine Freude ist. Am höchsten Punkt, dem Gueser Kopf, hat man auf 2850 Metern Höhe einen umfassenden Blick aufs Engadin, Nordtirol und ins Vinschgau. „So weit, so gut“, grinst Marketing-Fachmann Baldauf. Und verweist darauf, dass geübte Skifahrer bei Lawinensicherheit über Varianten bis zum neugebauten Berghotel Jochelius abfahren können.

Nach ausgiebigen Abfahrten über weite und steile Hänge, die auch die norwegische Ski-Elite um Henrik Kristoffersen zum Trainieren nutzt, lotst uns Skilehrer Noldi an eine Zirbe. Dort hängt eine Art Vogelhäuschen – das sich als weitere Überraschung entpuppt. Ein ungelenker Mechanismus, der durch ein Schlupfloch aktiviert werden muss, öffnet das Häuschen – Inhalt: drei gut gekühlte Schnapsflaschen. „Das ist die kleinste Skihütte der ganzen Alpen“, frohlockt Noldi über seine Überraschung.

Und dann sind da noch die „Dorfrocker“

Noch mehr, als er beim Aprés Ski auf der Lärchenalm das Partylied „Die Glöcknerin von Dingolfing“ hört. Im breitesten Fränkisch präsentieren die „Dorfrocker“ aus Kirchaich ihren schlüpfrigen Hit. Und die Überraschung ist noch größer, als Markus Thomann von den „Dorfrockern“ die „Bardyvöchel aus Würzburch“ für den Abend in Nauders ankündigt.

Wer sich da als Unterfranke allzu heimisch fühlt, der kann mal eben über die Grenze nach Schöneben flüchten. Im dortigen Skigebiet geht es gemütlicher zu. Die Pisten sind ausgezeichnet präpariert, breit und frei von Lautsprecher-Gedöns. Hier finden Familien ihr Refugium. Und wenn der Papi oder die Mami mal schneller carven will, dann lassen sie es durchs Kanonenrohr ins Rojental laufen. In der dortigen Skihütte überrascht nur die heimelige Atmosphäre.

Tipps zum Trip

Informationen: Nauders Tourismus, Dr. Tschiggfreystr. 66, A-6543 Nauders; Tel. 00 43/50 225 400; Internet: www.nauders.com Gästeinfo Vinschgau, Laubengasse 11, I-39020 Glurns, 00 39/04 73/62 04 80; Internet: www.vinschgau.net Skipass-Preise: Seit dieser Saison gilt das Verbundticket in der Zwei Länder Skiarena bei Mehrtageskarten. Erwachsene zahlen 74 Euro für zwei Tage, Kinder 40,50 Euro. Den Sechs-Tage-Skipass gibt es für 189 Euro/Erwachsene (103,50 Euro/Kinder). Es gibt außerdem Vergünstigungen für Jugendliche und Senioren sowie Familienskipässe und verschiedene Angebotswochen. Jedes der beteiligten sechs Skigebiete in Österreich und Italien (Nauders, Schöneben, Haideralm, Watles, Trafoi und Sulden) hat nach wie vor einen eigenen Tagesskipass. Und sonst noch: Das Loipennetz im Dreiländereck der Reschenregion umfasst auf einer Höhe von 1400 bis 1900 Metern 90 Kilometer. Der Skibus kann auch ohne Skipass genutzt werden. Und Bully-Fahrten können vor Ort gebucht werden – mit Frühstück auf der „Stieralm“ zu 65 Euro pro Person.
„Der Gustav ist ein echter Ehrenmann!“
Skilehrer Hans über die Ski-Legende Gustav Thöni
Überraschung am Baum: die kleinste Schnapshütte der Alpen.
Foto: Michael Nöth | Überraschung am Baum: die kleinste Schnapshütte der Alpen.
Ski-Legende Gustav Thöni (links) mit Fan Klaus Ludwig und Skilehrerin Luisa Pfeiffer vor dem Ortler-Massiv im Skigebiet Sulden.
Foto: Michael Nöth | Ski-Legende Gustav Thöni (links) mit Fan Klaus Ludwig und Skilehrerin Luisa Pfeiffer vor dem Ortler-Massiv im Skigebiet Sulden.
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