
Erst einmal den Überblick verschaffen. Das geht nach der Ankunft in Kapstadt entspannt per Gondel: Die Seilbahn rattert gut 700 Meter den Tafelberg hinauf. Wer Glück und keine Höhenangst hat, erwischt auf der 1200 Meter langen Strecke die fensterlose Seite der sich selbst drehenden Gondel – die ersten Hingucker-Fotos sind im Kasten.
Oben angekommen, wartet eine Überraschung: Eine schier endlose Ebene, das mehrere Quadratkilometer große Plateau will gar nicht mehr aufhören. Es empfiehlt sich also, Zeit mitzubringen – aber das versteht sich in Südafrika von selbst: „Die Europäer haben die Uhr, wir die Zeit“ ist weit mehr als ein Sprichwort. Zeit hatte auch der Tafelberg selber: Das südafrikanische Wahrzeichen hat 400 Millionen Jahre auf seinem schönen Buckel, auf dem sich gut zu einer Traumrunde starten lässt. Wobei man mitunter bei bestem Wetter losmarschiert, um im dicksten Nebel zurückzukommen: Rumpeln aus dem Nichts mal wieder Wolkenschleier gegen den Berg, ist es plötzlich so, als hätte jemand ein weißes Tischtuch auf den Tafelberg gelegt.
Später, wieder 700 Meter weiter unten, wird der Tafelberg im Mittelpunkt bleiben: An so ziemlich jeder netten Ecke – und davon gibt es im bunt-verführerischen Kapstadt unzählige – stehen überdimensionale Fotorahmen. Hinstellen und losknipsen – der Berg mit dem Tischtuch grüßt immerzu im Hintergrund. Die perfekten Orte für ein paar Tagträume nach der Traumrunde.
Einrahmen müsste man auch die Ausflüge, die sich im Hafen buchen lassen. Eine Bootstour auf die Museumsinsel Robben Island etwa, wo Nelson Mandela 18 seiner 27 Gefängnisjahre verbrachte, bevor er Südafrikas erster schwarzer Präsident wurde. Das heute noch beklemmende Gefängnisinsel-Gefühl wird wenig später von einem flauen Magen abgelöst, wenn es schaukelnd zum Robben gucken bei Hout Bay geht. Wer von Juni bis November da ist, kann zudem Tuchfühlung mit Walen aufnehmen, die in der Bucht von Hermanus ihre Jungen aufziehen.
Gut 40 Kilometer entfernt von Kapstadt, das es jährlich auf 1,7 Millionen ausländische Tagtraum-Besucher inklusive 200 000 Deutscher bringt, liegt das Kap der Guten Hoffnung. Der südwestlichste Punkt Südafrikas ist Treffpunkt zweier Ozeane. Wenn man so will, knutscht hier Atlantik und Indischer Ozean. Dabei kann es, wie der Wellengang beweist, schon mal zur Sache gehen.
9575 Kilometer nach Berlin
Nicht weit entfernt wartet mit Cape Point die Nasenspitze der Kaphalbinsel. Direkt am Kliff thront ein 1859 errichteter Leuchtturm, zu dem eine Zahnradbahn zuckelt. Die können Sie aber gleich wieder vergessen: Wer sich fürs Laufen entscheidet, wird mit dem Tafelberg-Gefühl und weiteren Hingucker-Fotomotiven belohnt. Beispielsweise kommt man an einem Wegweiser vorbei, der tapfer Richtung deutscher Hauptstadt zeigt: Genau 9575 Kilometer sind es vom windumtosten Cape Point bis zur Berliner Luft.
Eine ziemliche Strecke muss auch jenes Pärchen hinter sich gebracht haben, das 1983 jungverliebt vermutlich auf einem kleinen Eisberg umherschipperte – bis ein Sandstrand auftauchte. Seither watscheln – 45 Autominuten von Kapstadt entfernt – bei Simons Town am Boulders Beach tatsächlich Brillenpinguine am Strand umher und buddeln Nester in den Sand.
Nichts gegen die gut 2500 Schnäbel zählende Kolonie – aber Tiere gucken geht in Südafrika natürlich anders. Weshalb erst eine Reise zu den Nationalparks ins Landesinnere eine Südafrika-Reise abrundet. Wenn der Inlandsflug nach Johannesburg abhebt, lässt sich der Tafelberg ein letztes Mal in voller Größe bewundern. Nach der Landung in der größten Stadt Südafrikas, die bei Einheimischen kurz Jozi heißt, braucht man sich diesmal keinen Überblick verschaffen – so viel gibt es nicht zu sehen. Da ändert auch die Verniedlichungsform nichts: Jozi ist einfach ziemlich hässlich.
Zwei Dinge lassen sich dann aber doch empfehlen: Wer eine fitte Reiseleitung hat, kann auf eine Fahrt durch die Nobelviertel hoffen, wo jedes Haus nur so vor Stacheldraht strotzt und Mauern den Eindruck von Festungen vermitteln. Danach das Kontrastprogramm: die Elendsvororte. Allein im Armenviertel Soweto soll eine Millionen Menschen wohnen, was man bei dem Meer an Wellblechhütten gerne glauben will. Mittendrin befindet sich ein beliebter Anlaufpunkt: der Ort, wo einst die beiden Nobelpreisträger Nelson Mandela und Bischof Desmond Tutu in der Vilakazi Street in unmittelbarer Nachbarschaft wohnten. Das Mandela-Haus ist in seiner Ursprünglichkeit erhalten – abgesehen von dem inzwischen aus nachvollziehbaren Gründen entfernten Klo. Umschauen lohnt sich, weil alles so wirkt, als sei der Hausherr nur mal zum Bücher ausleihen beim Bischof und könnte jeden Moment um die Ecke kommen.
Drei Autostunden von Johannesburg entfernt liegt Sun City, berüchtigte Glücksspiel-Stadt aus Apartheid-Zeiten. Heute ist aus dem einstigen Sündenpfuhl ein beliebtes Ferienziel mit Monster-Badelandschaften für Familien geworden. Wer es ruhiger mag, ist beispielsweise gleich nebenan im Pilanesberg-Nationalpark richtig. Bequeme Lodges wie das „Bakubung“ machen Ausspannen zum Kinderspiel – ebenso wie das gepflegte Tiergucken. Warzenschweine, Zebras & Co. wagen sich morgens und abends bis an die Umzäunungen. Fast wie im Zoo – nur eben anders herum: Der Mensch ist eingesperrt, die Tiere laufen frei herum.
Um den Spieß wieder umzudrehen, geht's endlich auf Safari. Da trifft es sich gut, dass die Lodge den Ausflug zu Löwe, Giraffe, Zebra und Elefant organisiert. Um bis auf wenige Meter an die Tiere heranzukommen, steht man gerne mal in aller Herrgottsfrühe auf. An diesem Tag klappt es: In den folgenden drei Stunden lässt sich alles blicken, was vier Beine hat. Nur die Elefanten erweisen sich als Morgenmuffel und schlagen aus heiterem Himmel drohend mit dem Rüssel aus – weshalb sich spätestens jetzt die Erfindung des Rückwärtsganges auszahlt.
Ab ins Löwengehege
Wem das Glück nicht hold ist, direkt in einen Elefantenrüssel zu blicken und Wildtiere nur Armlängen entfernt zu erleben, der kann sich vor dem Zehn-Stunden-Rückflug von Johannesburg nach Nürnberg im „Lions Park“ am Rande der Stadt trösten. In vergitterten Laster geht's geradewegs hinein in umzäunte Löwengehege, um die Raubkatzen in Sprungweite zu erleben. Danach ist im angrenzenden Löwenkindergarten Knuddeln mit dem flauschigen Nachwuchs angesagt.
Wer sich traut, begibt sich in einen Käfig, den eigentlich ein Gepard für sich beansprucht. Das Tier wird mit Frischfleisch davon abgehalten, auf dumme Gedanken zu kommen, während die Besucher ihm nacheinander das Fell kraulen. Dabei springt das ultimative Foto heraus, vor dem man Jahre später sitzen und sich fragen wird: Habe ich das wirklich getan? Zutraulichkeiten mit dem schnellsten Landtier der Welt?
Kaum zum kraulenden Geparden-Flüsterer aufgestiegen, ist das Afrika-Abenteuer schon vorbei. Beim Abheben des Fliegers bleibt eine schöne Zeit zurück – und dann fängt die Uhr wieder an zu ticken.
Tipps zum Trip
Mehr Infos: Südafrikanisches Fremdenverkehrsamt, Tel. (08 00) 1 18 91 18. Im Internet unter www.dein-suedafrika.de.
Reisepass reicht: Für eine Reise nach Südafrika brauchen EU-Bürger nur einen gültigen Reisepass. Bei der Ankunft gibt es ein Gastvisum, das 90 Tage gilt. Längste Weinstraße der Welt: Die R 62- Weinroute führt von Kapstadt durch das Landesinnere. Weitere Infos: www.route62.co.za
Währung: In Südafrika zahlt man mit Rand. Ein Rand entspricht etwa 0,05 Euro. Fast überall kann man mit Visa- oder Mastercard bezahlen und am Automaten Bargeld abheben.
Preisbeispiel für Flüge: Turkish Airlines fliegt von Nürnberg über Istanbul täglich nach Kapstadt und Johannesburg, dazu neuerdings viermal pro Woche nach Durban an die Ostküste. Die Strecke Nürnberg-Kapstadt beginnt ab 671 Euro, von Nürnberg nach Johannesburg ab 631 Euro.
Auf Mandelas Spuren: Mit den ersten freien Wahlen 1994 wurde Nelson Mandela zum Präsidenten gewählt. Er gilt als Vater der Nation, die Verehrung ist allgegenwärtig. Ein Besuch der Gefängnisinsel Robben Island lohnt ebenso wie das Museum in Howick, dem Ort der Gefangennahme. In Soweto kann sein ehemaliges Wohnhaus besucht werden.
Beste Reisezeit: Südafrika liegt auf der südlichen Halbkugel, die Jahreszeiten sind also denen in unseren Breiten entgegengesetzt, Dezember und Januar die heißesten Monate. Kurzum: Südafrika geht im Grunde immer.




