Draußen tanzt der Schnee. Dicke, weiße Flocken wirbeln auf und ab, lassen an den Fensterscheiben bizarre Eismuster entstehen. Drinnen tanzt Otti. Mit Sonnenbrille, Pudelmütze und Ledertracht wirbelt der Animateur Clubgäste und Kollegen durch die „Wilderer Klausen“. Im Apres-Ski-Zelt des Robinson Club Landskron ist jeder Tag „so a schöner Tag“, spätestens ab 16 Uhr. Dann kommen die Sportler von der Piste ans Ufer des Ossiacher Sees und es wird gefeiert. Auf der Tanzfläche hüpfen Schneeschuhe neben Bergstiefeln, auf den Sitzbänken drängen sich neuste und fast antiquarische Gore-Tex-Modelle aneinander. DJ Ötzi schallt aus den Lautsprechern und all überall sieht man rote Wangen leuchten, gewärmt von der Hitze einer riesigen Pfanne mit Geröstl und Bechern mit Glühwein.
Clubdirektor Josef Krempl sitzt entspannt auf einem Heuballen, in der einen Hand noch die Skibrille, in der anderen ein Glas mit dampfendem Punsch. „Mein Leben spielt sich im Club ab“, sagt er. Seit 30 Jahren arbeitet der gebürtige Oberösterreicher für Robinson, war Direktor in Djerba, Griechenland und auf der Schlanitzen Alm. Die Club-Philosophie ist längst Teil seines Lebens. Dazu gehört striktes Duzen genauso wie erwachsene Mitarbeiter, die hier nur Otti, Kritzi oder Pepi heißen. Die meisten arbeiten seit vielen Jahren für die Kette mit dem schwarz-weißen Logo. „Robinson ist eine Familie“, sagt Krempl und gemäß dem so werbewirksam klingenden Bild ist er selbst im Club Landskron nur der Pepi.
Er kommt im weißen Anzug zum Galaabend und in Tracht zum Begrüßungsrundgang, am wohlsten scheint er sich jedoch mit Skijacke und Mütze auf der Piste zu fühlen. Nach einem abgebrochenen Sportstudium ließ sich Krempl zum staatlich geprüften Skilehrer ausbilden und baute die Bergsportabteilung bei Robinson auf. Jetzt soll er den Club im Villacher Ortsteil Landskron winterfit machen. Nach der Eröffnung im Mai 2012 und einer gut gebuchten ersten Sommersaison sind die Gästezahlen im Winter bisher enttäuschend. Denn das nahe gelegene Skigebiet Gerlitzen Alpe ist zwar bei Italienern und Slowenen beliebt. In Deutschland hingegen ist der Hausberg der Villacher weitestgehend unbekannt.
Knapp fünf Minuten fährt man vom Club mit Shuttlebussen auf die andere Seite des Ossiacher Sees. Von dort bringt die Kanzelbahn Skifahrer und Snowboarder auf den Berg. Es ist die älteste Seilbahn Kärntens, seit 1928 schweben die Kabinen von Annenheim hinauf. Auf rund 1900 Metern liegt die Kuppe der Gerlitzen Alpe heute in dichtem Schneegestöber. Pepi zieht die Skibrille über die Augen, schlägt den Jackenkragen hoch. Eisiger Wind peitscht die Flocken vor sich her. Statt weit über die umliegenden Berggipfel reicht der Blick an diesem Morgen kaum bis zum Pistenrand. Trotzdem probieren wir die Panoramaabfahrt. Vor uns liegen gut drei Kilometer im mittleren Schwierigkeitsgrad, zu erkennen sind knapp die ersten zwanzig Meter. Zum Glück fällt Pepis grell-blaue Jacke auf.
In weiten Schwüngen geht es abwärts, der Schnee stiebt endlich nicht mehr nur ins Gesicht, sondern unter den Skiern. Die Piste ist perfekt präpariert, weder Eisflächen noch abgefahrene Erdflecken stören. Etwa ab der Hälfte der Abfahrt lichtet sich das Wolkenmeer, zumindest schemenhaft lassen sich die Spitzen der umliegenden Nockberge erkennen. Mitten auf der Piste stehen bleiben und staunen ist kein Problem. Denn im Gegensatz zu oft überlaufenen Skigebieten wie St. Moritz oder Ischgl, geht es auf der Gerlitzen Alpe ruhig zu.
Dementsprechend positioniert sich die Gegend unter den Wintersportgebieten Österreichs als „Familien-Einsteiger-Skigebiet“. Zwar gibt es ein Pistennetz von insgesamt 60 Kilometern, 15 Liftanlagen und Abfahrten in alle Himmelsrichtungen auf leichtem und mittlerem Niveau. Wilde Apres-Ski-Partys sucht man allerdings vergeblich auf dem Berg. Keine feiernden Massen, dafür auch keine Schlangen an den Liftanlagen. Die Alpe ist ein Skigebiet zum Skifahren, eher familien- als feierfreundlich.
Dieses Image will man im Robinson Club Landskron nutzen. Angebote wie Kinderski- und Snowboardkurse oder WellFit-Pakete mit Massagen richten sich gezielt an Familien und Paare, sofern sie bereit sind, für den sogenannten Premium-Cluburlaub mehr zu bezahlen. Durch die Lobby der Clubanlage schlendern deshalb meist Gäste in Bademantel und Flip-Flops auf dem Weg in die Sauna genauso wie Paare im sportlich-eleganten Outfit, in der Hand einen prickelnden Aperitif. Ziel des Managements ist es, den Club auf Viereinhalb-Sterne-Niveau zu etablieren und damit die lange touristische Tradition der gehobenen Hotels an den Kärntner Seen fortzusetzen.
Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts pflegten hier die Mitglieder der österreichischen Adelshäuser ihre Ferien zu verbringen. Heute sollen Events wie ein Galadinner mit Sternekoch Otto Koch Haute Cuisine in den Clubtanz-Alltag bringen und verstärkt deutsche Gäste locken. Setzt man sich allerdings auf einen der dunklen Korbsessel in der Lobby und blickt über den See, in dem sich die Silhouetten der umliegenden Berge spiegeln, werden Events überflüssig. Je nach Tageszeit scheinen die Gerlitzen Alpen in orange-goldenes, grau-blaues oder fast violettes Licht getaucht. Ans gegenüber liegende Ufer schmiegen sich kleine Häuser. Das Kärntner Land allein spricht für sich, ob unten am See oder oben auf dem Berg.
Dort geht es vor allem in den Hütten nach wie vor wenig touristisch, dafür „ehrlich und urig“ zu, sagt Pepi Krempl. Mit dem Handschuh wischt er sich vor der Terrasse der Pöllingerhütte den Schnee von der Skibrille. Nach drei Stunden Skifahren knurren die Mägen. Durch eine knarrende Holztür treten wir in die Stube einer der ältesten Berghütten Kärntens, die gleichzeitig Berg- und Almmuseum ist. Schwere warme Luft empfängt uns. Ein runder, grün-weißer Kaminofen glüht in der Mitte des Raumes vor sich hin, karierte Gardinen und Kissen verbreiten Almhütten-Charme. Schnell werden die Jacken abgestreift und die Füße ausgestreckt.
Karl Peternell, der Pächter, serviert riesige Portionen Kaiserschmarrn, Kärntner Kasnudeln oder Brettljausen (Brotzeit-Teller) mit selbstgeräuchertem Wild. Dazu gibt es statt Apres-Ski-Hits, Schlager aus dem Radio und Haselnuss- oder Birnenschnaps. Den holt Peternell nur gelegentlich aus seinem Versteck in einem Holz-Vogelhaus an der Wand im Keller, direkt neben dem Räucherschacht und ordentlich aufgehängten Fleischstücken. Bald kehren so die Kräfte zurück. Draußen treibt der Wind noch immer heftig die Schneeflocken vor sich her, dennoch geht es wieder raus auf die Piste. Bei klarem Himmel würde der Blick von hier manchmal sogar bis ins Tal reichen. Heute, im dichten Schneegestöber, lässt sich das nur erahnen.
Tipps zum Trip
Anreise: Mit der Bahn von Würzburg über München (Hin- und Rückfahrt für rund 220 Euro, 2. Klasse), mit dem Flugzeug bis Klagenfurt (Hin- und Rückflug ab etwa 200 Euro ab Köln) oder mit dem Auto in rund fünfeinhalb Stunden (ab Würzburg).
Unterkunft: Im Robinson Club Landskron kostet eine Woche im Doppelzimmer mit Halbpension inklusive Skipaket ab etwa 720 Euro pro Person. Informationen im Reisebüro oder unter www.robinson.com
Gerlitzen Alpe: Ein-Tages-Skipass inklusive Fahrt mit der Kanzelbahn 39,90 Euro (3-Tage-Pass für 112 Euro). Weitere Informationen unter www.gerlitzen.com
Essen & Trinken: Typische Kärntner Hütten-Spezialitäten sind Kärntner Kasnudeln (pikant gefüllte Teigtaschen mit Käse und Minze, etwa 6,50 Euro), Kaiserschmarrn (etwa 7,50 Euro) oder eine Brettljause (reichliche Brotzeit mit Wurst, Schmalz, Schwarzbrot, etwa 11 Euro) und danach ein Stück Gerlitzen-Torte (etwa 3,50 Euro). Dazu trinkt man Schiwasser (Apfelsaft mit Almwasser, etwa 2 Euro).