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CANCUN
Der Klang der Maya-Tempel
Auf der Insel Yucatán: Von 150 Kilometern karibischem Traumstrand, versteckten Flüssen und einem gewissen Drang nach unten. Wie Mexikos Ureinwohner und auch die Natur vom Tourismus profitieren.
Die Maya-Ausgrabungsstätte Chichén Itzá zieht Besucher aus aller Welt an.Frank Weichhan
Foto: Foto: | Die Maya-Ausgrabungsstätte Chichén Itzá zieht Besucher aus aller Welt an.Frank Weichhan
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:48 Uhr

Stellen Sie sich vor“, schwärmt der Reiseveranstalter, „wie es wäre, wenn sich auf Yucatán vor Ihnen ein Loch auftut.“ Ein nettes Angebot, das wir aber erst einmal ausschlagen müssen. Zum einen, weil sonst die Reisegeschichten über Mexiko an dieser Stelle vielleicht schon zu Ende sein könnte. Zum anderen, weil es erst einmal überirdisch ein paar Dinge zu klären gibt.

Zum Beispiel, dass es sich bei Yucatán um eine Halbinsel im Süden Mexikos handelt. Versehen mit einer wunderbaren Karibikküste, die sich über entspannte 150 Kilometer erstreckt. Um den Traumstrand besser in der ganzen Welt vermarkten zu können, bekam das Gebiet in den 1970er Jahren den wohlklingenden Namen Riviera Maya verpasst. Weil es nach Urlaub klingt. Und weil es andeutet, wie die Freizeitgestaltung aussehen könnte: Hier lässt sich perfekt auf den Spuren der Maya wandeln.

Die Erfinder des Namens Riviera Maya haben nicht nur bei der Bezeichnung ganze Arbeit geleistet, sondern auch bei dem einen oder anderen Vergleich. So wird Yucatán hier und da zum neuen Florida ausgerufen. Zum schöneren Florida, weil es nicht so viele in die Landschaft geworfene Bettenbunker gibt, sondern alles eine Nummer dezenter ist. Zumindest weiß das die für die Region zuständige Tourismusmanagerin Lizzie Cole stolz ihren Gästen zu berichten: Drei Viertel der Hotels an der Riviera Maya haben weniger als 100 Zimmer, Ökostandards werden großgeschrieben, zählt sie auf.

Pro Jahr landen 140 000 Deutsche in Cancún an der Ostküste der Halbinsel, um das Erbe der Maya zu erkunden. An erster Stelle der kultischen Sehnsuchtsorte mit unendlichem Staun-Potenzial steht dabei die 1547 Hektar große Ausgrabungsstätte Chichén Itzá mit der 30 Meter hohen Stufenpyramide des Kukulcán.

Man kann gerne nachzählen: Es sind 365 Stufen – genauso viele wie das Jahr Tage hat. Dazu gesellen sich 52 Platten an jeder Seite der Pyramide – was der Zahl der Wochen eines Jahres entspricht. Und um das weit verzweigte Innenleben, das für die Öffentlichkeit gesperrt ist, ranken sich Gerüchte, die ähnlich zahlreich sind wie die Stufen.

Dass Pyramiden nicht nur gut aussehen und rätselhaft sind, sondern auch noch gut klingen, zeigt sich schnell: Kaum eine Besuchergruppe, die nicht rhythmisch in die Hände klatscht, um sich an dem Echo zu erfreuen. Welchen Stellenwert diese Pyramide hat, zeigt sich schon darin, dass sie auf jedem Auto-Nummernschild abgebildet ist. Auch sonst begegnet sie einem an jeder zweiten Ecke als was auch immer – Toiletten ausdrücklich eingeschlossen.

Die Maya-Stadt ist so top-restauriert, dass sie umgehend wieder besiedelt werden könnte. Weil das zum Glück nicht geschehen ist, lässt sich ein Blick in eine andere Epoche werfen: Ein Himmelsobservatorium wurde ebenso freigelegt und deutet an, welches Wissen hier vorhanden gewesen sein muss. Und wer sich einen Ballspielplatz mit steinernen Ringen leisten konnte, dürfte durchaus eine glückliche Zeit gehabt haben und das gewesen sein, was man gemeinhin unter einer Hochkultur versteht.

Nicht weniger gut besucht ist auch die Ausgrabungsstätte Tulúm. Die Pyramiden mögen nicht ganz so spektakulär und stufenreich sein, dafür aber punkten sie mit einer unbezahlbaren Lage: Felsen mit unverbautem Meerblick. Was zu der Erkenntnis führt, dass die Maya nicht nur viel von der Welt und sich zu bespaßen wussten, sondern ganz klar auch Geschmack hatten.

Durch die Pyramiden-Besuche könnte man leicht den Fehler machen, die Maya als untergegangene Kultur anzusehen. Dabei sind sie im Grunde gar kein Fall fürs Geschichtsbuch, sondern schlichtweg noch da. Überall. Und das nicht nur in alberner Form eines gleichnamigen Fruchtsaftes mit besonderer Kiwi-Note am Hotel-Buffet, sondern leibhaftig. Zehn Prozent der mexikanischen Bevölkerung sind Maya.

Einer von ihnen heißt Antonio Camal. Privat lebt der 38-Jährige in einem 300-Einwohnerort in einer Palmenhütte im Dschungel, beruflich ist er Fremdenführer in Sian Ka?an, einem 650 000-Hektar-Biosphärenreservat an der Ostküste. Vor 20 Jahren unter Naturschutz gestellt, ist das Reservat heute von der Unesco als Welterbe eingestuft. Mit dem Motorboot geht es durch Kanäle, die Antonios Vorfahren angelegt haben, um zum Fischen aufs Meer zu kommen.

Heute bietet das Reservat, das in Maya-Sprache „Wo der Himmel beginnt“ heißt, Lebensraum für um die 300 Vogelarten, Schildkröten, Tapire und Krokodile. Gerade Letzteres ist eine wichtige Info, die einen die Hand doch lieber wieder aus dem Wasser nehmen lässt und schlagartig klarmacht, dass der beste Platz vielleicht doch eher in der Mitte des Bootes ist.

Wenn Antonio Camal einen Besucher lieb gewinnt, kommt er ins Plaudern und verrät, dass die Maya die Erfinder des Kaugummis sind. Und wenn er einen ganz besonders lieb gewinnt, nimmt der 38-Jährige den Gast auch schon mal mit in sein Dorf, in dem so viele Menschen wie Vogelarten leben. Spätestens hier wird dann klar: Mexikos Ureinwohner sind quicklebendig.

Wem ein solcher Abstecher nicht vergönnt ist, der kann sich im Cirque du Soleil bei Cancún die atemberaubende Maya-Show „Joya“ anschauen, die wunderbar leicht die Geschichte der Ureinwohner auf die Bühne zaubert. Oder er muss mit nicht ganz so lebendiger Geschichte vorliebnehmen. Was aber im Fall des Maya-Museums in Mérida, der Hauptstadt Yucatáns, durchaus kein Nachteil sein muss. Erst vor drei Jahren eröffnet, bietet es neben strengen Blicken der Aufpasser auch viele interaktive Möglichkeiten, sich mit den Maya vertraut zu machen.

Wer will, kann seinen Geburtstag in den Maya-Kalender übersetzen und sich das Ergebnis bequem und als kleine Urlaubserinnerung als Mail nach Hause schicken lassen.

Noch etwas bekommt man in dem Museum erzählt: Dass es auf der Halbinsel, die man sich als flachbrüstige Scheibe vorstellen kann, keine richtigen Seen und Flüsse gibt. Damit wäre der Zeitpunkt gekommen, um den Blick doch nach unten zu richten und zu schauen, welche Löcher sich da genau auftun. Die Dinger nennen sich Cenoten und sind Eingänge in unterirdische Flüsse. Gebadet wurde und wird nämlich gerne unterirdisch.

Einer dieser unterirdischen Flüsse ist der Rio Secreto bei Playa del Carmen. Seinen Namen, geheimer Fluss, hat er, weil er sich bis 1996 sträubte, entdeckt zu werden. Von dem Höhlensystem sind bisher 32 Kilometer Flusslauf gesichtet, weitere 100 Kilometer werden vermutet. Damit ist es das längste unterirdische Flussystem der Welt. Wer gerne abtaucht, wird hier in den unzähligen Höhlen seine wahre Freude haben.

Baden ist in einigen der Tropfsteinhöhlen – nach gründlicher Reinigung – erlaubt und sorgt für durchaus bizarre Momente in unwirklicher Umgebung. Man kann also tatsächlich dem Rat des Reiseveranstalters folgen und sich freuen, wenn sich vor einem ein Loch auftut. Der Drang nach unten hat was: Einfach genussvoll hineinfallen lassen – zumindest auf der Maya-Halbinsel Yucatán macht man da garantiert nichts falsch.

Tipps zum Trip

Information: Mexikanisches Fremdenverkehrsamt, Klingelhöferstraße Straße 3, 10785 Berlin, Tel. (030) 26 39 79 40. Internet: www.visitmexico.com, www.rivieramaya.com. Anreise: Beispielsweise mit Air Europa ab München oder Frankfurt via Madrid nach Cancún ab 751 Euro. Mehr Infos unter Tel. (030) 22 38 54 36, www.aireuropa.com Pauschalangebote gibt es bei vielen Reiseveranstaltern. Zur Einreise benötigt man einen noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass. Impfungen sind nicht vorgeschrieben.

Sicherheit: Mexiko und Drogenkriege – gehört irgendwie zusammen. Zumindest auf der Halbinsel Yucatán hat das bisher aber keine Rolle gespielt. Dass das Problem weit weg ist, liegt auch an Mexikos Ausdehnung von Norden nach Süden, die über 3000 Kilometer beträgt.

Entspannen: Spa-Behandlungen spielen an der Riviera Maya eine große Rolle. Neben den Hauptbehandlungen werden auch Körper- und Gesichtsmassagen sowie entgiftende Sitzungen angeboten, bei denen alte Maya-Heiltechniken zur Anwendung kommen. Wer will (und vor allem mutig genug ist), kann sich auch zur Spezialbehandlung in die Hände eines Schamanen begeben.

Riviera Maya: Die mexikanische Karibikküste

beginnt südlich von Puerto Morelos und endet in Punta Allen im Biosphärenreservat Sian Ka'an. Neben dem längsten unterirdischen Flusssystem der Welt gibt es hier auch das zweitgrößte Korallenriff der Welt. Unterkünfte: Mit fast 400 Hotels bietet die Riviera Maya eine Auswahl in jeder Größenordnung und Preisklasse.

Hinweis der Redaktion: Unsere Autoren reisen gelegentlich mit Unterstützung von Fremdenverkehrsämtern und Tourismusunternehmen.

Einfach mal abtauchen: Cenoten, Eingänge in unterirdische Flüsse, finden sich überall auf Yucatán – Baden ist übrigens ausdrücklich erlaubt.
| Einfach mal abtauchen: Cenoten, Eingänge in unterirdische Flüsse, finden sich überall auf Yucatán – Baden ist übrigens ausdrücklich erlaubt.
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