Typischer geht es kaum. Pinien, Zypressen und Olivenbäume stehen wie hingetupft in der Hügellandschaft, gelb bis golden leuchten die abgeernteten Getreidefelder. Mehr Toskana geht nicht, als hier oben in Castelfalfi in den Blick genommen werden kann. Einfach traumhaft – und der gemeine Urlauber mag gar nicht verstehen, warum viele Einheimische diese Region, wo die Zitronen blühen, lange gar nicht so idyllisch fanden und die Zeichen viele Jahre auf Abwanderung in die Industriemetropolen Norditaliens standen. Castelfalfi im Herzen der Toskana war jedenfalls ein verfallenes und weitgehend verwaistes mittelalterliches Dorf, als der Tui-Konzern es vor zehn Jahren erwarb. Bis dato hatten bereits andere Investoren ihr Glück versucht – und waren gescheitert.
Knapp 250 Millionen Euro wurden investiert
Knapp 250 Millionen Euro hat die Nummer eins auf dem deutschen Reisemarkt laut Sebastian Ebel, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, seit 2007 investiert, um das 800 Jahre alte Landgut mit 1100 Hektar Fläche zu neuem Leben zu erwecken. Mit der Eröffnung des Fünf-Sterne-Hotels „Il Castelfalfi“, dem Flaggschiff des neuen Luxus-Labels „Tui Blue Selection“, haben die Arbeiten vorerst einen Abschluss gefunden.
Der Reiseveranstalter ist zuversichtlich, dass das Resort zügig seine Fans findet, weit über den deutschen Markt hinaus. Wobei Letzterer schon ein wichtiger ist. Ebel: „Italien erlebt in Deutschland eine Renaissance.“ Die Nachfrage nach Urlaub zwischen Brenner und Ätna steige stetig. Wie Griechenland und Spanien profitiere Italien davon, dass den Deutschen die Lust auf Ferien in der Türkei vergangen ist. Und wenn Prominente wie George Clooney, Bastian Schweinsteiger oder Manuel Neuer in Italien heiraten, hebe das ebenfalls das Interesse, so Italien-Experte Robin Wilbertz.
Böden aus Olivenholz
In Castelfalfi haben die ersten Urlauber das Luxus-Ensemble mit seinen 112 Zimmern, acht Suiten und über 1000 Quadratmetern Wellness-Bereich im Frühsommer bezogen. Schade, dass die Architektur der Edel-Herberge nicht ganz der dörflichen Struktur entspricht. Eine stärker gegliederte Fassade hätte dem Bau an Wucht genommen. Und damit eher der Landschaft entsprochen. Allen, die es doch ein wenig ursprünglicher (und etwas günstiger) mögen, bietet derweil das Vier-Sterne-Haus „La Tabaccaia“ gleich gegenüber eine Alternative. Den Charakter der früheren Tabakfabrik hat man erhalten, die alten Mauern restauriert. In den 31 Zimmern lassen sich noch Originaldachbalken und Böden aus Olivenholz bestaunen.
Gut hundert Meter weiter der „Borgo“, der historische Dorfkern von Castelfalfi, mit der Kirche San Floriano. Die verfallenen Häuser entlang der Dorfstraße wurden behutsam wieder aufgebaut – und neben einem Dutzend Läden 47 Luxus-Appartements eingerichtet. 46 davon sind schon an Toskana-Fans in aller Welt verkauft. „Manche Eigentümer vermieten, andere nicht“, berichtet Hoteldirektor Marco Metge, der Tui-Verantwortliche vor Ort. „Und am Wochenende kommen auch die Italiener – zum Bummeln, auf einen Cappuccino, zum Schauen. Da ist richtig Leben.“ So soll es auch sein, ein Urlauber-Ghetto oder ein toskanisches Disneyland wolle man nicht, bekräftigt Metge. „Wir entwickeln Castelfalfi mit und für die Region Montaione.“ 250 Einheimische haben einen Job bekommen; indirekt profitierten weitere 350 Handwerker und Dienstleister im Umland von dem Ressort.
Ambitioniertes Gourmet-Restaurant
Gekrönt wird der „Borgo“ von einem mächtigen Castell. Im einstigen Hauptsitz des mittelalterlichen Landguts hat Michele Rinaldi das Gourmet-Restaurant „La Rocca“ eröffnet. Fernziel des ambitionierten Küchenchefs ist die Eroberung eines Michelin-Sterns. „Die ersten Tester waren schon da“, freut sich Metge. Beeindruckend der Ausblick auf der Terrasse: über die toskanischen Sandsteinmauern in die Weinberge, auf Olivenhaine, über die Wälder hinweg – bei azurblauem Himmel bis Volterra.
Die Alabaster-Stadt ist nur einer der Toskana-Hotspots, die von Castelfalfi aus in einer knappen oder guten Stunde erreichbar sind: San Gimignano, Florenz, Siena, Pisa oder Lucca sind weitere, falls es einen neben Natur und Landschaft nach Kultur und Stadtleben dürstet. Allen anderen bietet das Resort, fast sechsmal so groß wie das Fürstentum Monaco, viel Platz und jede Menge Angebot für Entspannung, Müßiggang und – wenn man unbedingt will – auch Bewegung. Eigens markierte Wanderwege führen vorbei an weiteren wiederaufgebauten Bauernhäusern, den sogenannten „Casali“, mit deren Verkauf Tui ebenfalls einen Teil seiner Investitionen refinanziert.
Nur ein Häuschen hat man als Ruine stehen lassen – eine Kulisse aus dem „Pinocchio“-Film, den Roberto Benigni 2002 unter anderem auch hier in Castelfalfi gedreht hat.
Der größte Golfplatz der Toskana
Und dann ist da noch – ein Stück weiter talwärts – der 27-Loch-Golfplatz, der größte in der Toskana. In dieser Landschaft ein Augenschmaus nicht nur für die Spieler. Nur Rumstehen und Staunen fällt allerdings auf. Vielleicht sollte man auf die alten Tage doch noch zum Schläger greifen . . .
Man kann sich aber auch in das kühle Gemäuer der alten Ölmühle von Castelfalfi setzen – und dort die selbst produzierten Weine – ein Chianti ist selbstverständlich auch dabei – und Olivenöle verkosten. Hinterher wird niemand mehr behaupten, die Öle schmecken alle gleich. Von wegen. Das milde zum Braten ist schon lecker, das würzige für den Salat oder einfach pur aufs Chiabatta geträufelt – ein ganz eigener Genuss. Kein Wunder, dass die Gäste zugreifen, um sich ein bisschen Toskana-Feeling für daheim zu sichern.
Tipps zum Trip
Informationen zu Reisen nach Castelfalfi gibt es im Reisenbüro, bei Tui Deutschland unter Tel. (05 11) 56 78 01 05 sowie auf der Internetseite: www.tui.com Preisbeispiele: Eine Woche im Fünf-Sterne-Hotel „Il Castelfalfi - Tui Blue Selection“ kostet bei eigener Anreise ab 882 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Frühstück, beispielsweise vom 10. bis 17. April 2018. Eine Übernachtung mit Frühstück ist ab 126 Euro buchbar. Inklusive Flug (bis/ab Pisa) kostet eine Woche ab 1302 Euro, beispielsweise vom 26. Oktober bis 2. November 2017.
Eine Woche im Vier-Sterne-Boutiquehotel „La Tabaccaia“ im Ressort Castelfalfi kostet bei eigener Anreise ab 510 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Frühstück, beispielsweise vom 23. bis 30. Oktober 2017. Eine Übernachtung mit Frühstück ist ab 85 Euro buchbar. Inklusive Flug (bis/ab Pisa) kostet eine Woche ab 740 Euro, beispielsweise vom 26. Oktober bis 2. November 2017.
Italien zählt zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. In den kommenden Sommerferien sind der Gardasee und Sardinien bei Tui ausverkauft. Freie Unterkünfte bieten indes die Adria, Kalabrien und Apulien. Beispiel: Villaggio Ai Pini in Caorle, Venetien. Eine Woche Appartement in der weitläufigen Ferienanlage kostet für eine Familie mit zwei Kindern ab 964 Euro bei eigener Anreise und ohne Verpflegung, etwa vom 29. Juli bis 5. August. micz