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Zwei Raben im Vatikan?
ITALY-VATICAN-RELIGION-POPE-LEAKS       -  Damals waren sie noch Berater des Papstes: der Priester Lucio Angel Vallejo Balda und die Expertin für soziale Medien, Francesca Chaouqui.
Foto: Umberto Pizzi, afp | Damals waren sie noch Berater des Papstes: der Priester Lucio Angel Vallejo Balda und die Expertin für soziale Medien, Francesca Chaouqui.
Julius Müller-Meiningen
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:48 Uhr

Die Antwort von Francesca Chaouqui kam am Dienstagmorgen. „Ich bin kein Rabe, ich habe den Papst nicht verraten“, twitterte die 32 Jahre alte Italienerin, die zusammen mit dem spanischen Priester Monsignor Lucio Angel Vallejo Balda beschuldigt wird, geheime Dokumente über das finanzielle Innenleben des Papstes an Journalisten weitergegeben zu haben. Raben, so bezeichnet die italienische Presse die anonymen Informanten, die seit Ende des Pontifikats Benedikts XVI. geheime Informationen an die Öffentlichkeit getragen haben. Der Prototyp dieser Raben war der untreue Kammerdiener Benedikts, Paolo Gabriele. Er war zu 18 Monaten Haft verurteilt worden.

Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, drohen der PR-Agentin Chaouqui und dem spanischen Prälaten bis zu acht Jahre Haft. Nach dem Vatileaks-Skandal der Jahre 2011 und 2012 ließ der Vatikan die illegale Weitergabe von Dokumenten als Straftat festschreiben. Während Chaouqui am Wochenende von der Vatikan-Gendarmerie nach einem Verhör wieder entlassen wurde, weil sie offenbar kooperiert, sitzt Vallejo Balda weiterhin im Vatikan in Haft.

Der dem Opus Dei nahestehende 54 Jahre alte Priester war Koordinator einer von Franziskus eingesetzten Kommission, die seit 2013 die völlig undurchschaubaren Vermögensverhältnisse des Vatikans neu ordnen sollte. Unterlagen dieser Kommission gelangten in die Hände zweier italienischer Journalisten, die in diesen Tagen jeweils ein Buch über die nach wie vor skandalösen Finanzverhältnisse des Heiligen Stuhls und Widerstände gegen die Reformen des Papstes veröffentlichen. Chaouqui, die bereits früher mit wilden Spekulationen und der Verbreitung von unhaltbaren Gerüchten von sich reden machte, bezeichnete sich selbst als Freundin von Gianluigi Nuzzi, eines der beiden Journalisten. Dessen Buch „Alles muss ans Licht: Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes“ erscheint am Donnerstag auch auf Deutsch.

Der von Franziskus zu Beginn hochgeschätzte Opus-Dei-Priester Vallejo Balda sorgte dafür, dass auch die umtriebige Chaouqui in die Finanzkommission berufen wurde, die inzwischen aufgelöst ist. Vallejo Balda und Chaouqui fielen endgültig in Ungnade, nachdem sie anlässlich der Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. zu einer exklusiven Dachparty mit Blick auf den Petersplatz geladen hatten. Der Priester verteilte bei dieser Gelegenheit Hostien im Plastikbecher.

Die beiden bevorstehenden Buchveröffentlichungen zeichnen das nach wie vor desolate Bild der Verwaltung des Heiligen Stuhls, in der auch drei Jahre nach Amtsantritt Jorge Bergoglios Geldverschwendung und Klientelwirtschaft an der Tagesordnung sind. So berichtet der Journalist Emiliano Fittipaldi in seinem auf Italienisch erscheinenden Buch „Avarizia“ über Unternehmer, die trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ihr Geld nach wie vor in der Vatikanbank verstecken.

Der ehemalige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone soll die Renovierung seiner 700 Quadratmeter großen Wohnung teilweise mit Mitteln einer Stiftung beglichen haben, die sich eigentlich für die Pflege kranker Kinder einsetzt. Die Spenden der Gläubigen aus aller Welt an den Papst in Millionenhöhe würden vor allem verwendet, um die Finanzlöcher der römischen Kurie zu stopfen. Die beiden Autoren beschreiben außerdem, wie die alten Kader im Vatikan sich mit allen Mitteln gegen die Reformen stemmen.

„Es gibt nichts, was ich mehr verteidigt habe als die Kirche und den Papst“, hat sich Francesca Chaouqui noch verteidigt. Ob Franziskus nach den Veröffentlichungen weiterhin als tatkräftiger Reformer dasteht, darf bezweifelt werden.

 
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