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WASHINGTON
Zwei Polizisten in Ferguson angeschossen
Dr. Jens Schmitz
Jens Schmitz
 |  aktualisiert: 12.03.2015 19:25 Uhr

In Ferguson im US-Bundesstaat Missouri sind nach dem Rücktritt des Polizeichefs zwei Beamte angeschossen worden. Die Schüsse fielen in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit) bei einer Kundgebung vor der Wache. Das Justizministerium hatte der Stadt vergangene Woche systematischen Machtmissbrauch und Rassismus vorgeworfen, seither sind insgesamt sechs Amtsträger demissioniert.

Der Leiter der Polizeibehörde, Thomas Jackson, stand seit vergangenem August in der Kritik. Nachdem ein weißer Beamter damals den unbewaffneten Schwarzen Michael Brown getötet hatte, war es zu gewaltsamen Protesten gekommen; Jackson wurde vorgeworfen, die Spannungen noch zu schüren. Vergangene Woche stellte das Justizministerium in Washington seine Ermittlungen gegen den damaligen Schützen zwar ein.

Minister Eric Holder warf der Stadt aber vor, eine „hochgradig vergiftete Atmosphäre“ geschaffen zu haben. Einem Bericht seines Hauses zufolge kursierten zwischen den lokalen Behörden rassistische E-Mails, die sich auch über den Präsidenten belustigten. Zwei Polizisten und der oberste Urkundenbeamte sind vergangene Woche entlassen worden. Der Aufseher über das Gerichtswesen ist ebenfalls demissioniert. Am Dienstag trennte sich der Stadtrat vom Verwaltungsleiter, am Mittwoch trat auch Jackson zurück.

Am Abend versammelten sich Demonstranten vor der Wache zu einer Kundgebung, die lange friedlich blieb. CNN zufolge riefen mehrere Teilnehmer den zahlreicher werdenden Polizisten aber auch „Wehrt euch!“ entgegen. Kurz nach Mitternacht wurden zwei Beamte von Kugeln erwischt. Medien zeigten ein Amateurvideo, auf dem Schüsse zu hören sind und ein Schmerzensschrei, bevor jemand ruft: „Wenn sie (die Situation) vor neun Monaten anerkannt hätten, wäre das nicht passiert.“

Nach Angaben der Bezirkspolizei von St. Louis wurde ein 32-jähriger Beamter im Gesicht getroffen, sein 41-jähriger Kollege an der Schulter. Ihr Zustand ist ernst. Nach dem Vorfall flohen die meisten Demonstranten, die Polizei riegelte das Gelände ab. Am Donnerstag hieß es, die Kugeln seien nicht aus den Reihen der Protestierer gekommen, sondern von einem nahen Hügel.

Das Justizministerium hatte vergangene Woche mitgeteilt, kein Zivilverfahren gegen den Beamten zu eröffnen, der 2014 Michael Brown erschoss. Der Polizist hatte Notwehr geltend gemacht und war von einer Jury freigesprochen worden; er hat den Dienst inzwischen quittiert.

Minister Holder zeigte sich aber „schockiert“ über die Ergebnisse einer zweiten Untersuchung, die die Polizeiarbeit von Ferguson unter die Lupe nimmt. Die Kleinstadt sei eine Kommune, „in der Behörden die Polizei nicht als Mittel zum Schutz der öffentlichen Sicherheit betrachteten, sondern als eine Möglichkeit, Einnahmen zu erwirtschaften“.

Dem Bericht zufolge wurden Bußgelder und Haftstrafen systematisch dazu verwendet, die Stadtkasse zu füllen. Viele der Maßnahmen waren willkürlich und illegal; sie trafen vor allem Schwarze. Wer Geldstrafen im Gefängnis absitzen musste, bekam das teilweise noch nicht einmal auf seine Schulden angerechnet, sondern eine zusätzliche Rechnung.

Bei 93 Prozent der Festnahmen wurden Schwarze arretiert, obschon sie nur 67 Prozent der Einwohner stellen. Auch 90 Prozent der Gewalteinsätze trafen Farbige. Wiewohl bei Afroamerikanern seltener verbotene Waren gefunden wurden, mussten sie doppelt so oft Durchsuchungen über sich ergehen lassen wie Weiße. Oft wurden ihnen dabei gleich mehrere fantasievolle Vergehen angehängt, Vergleichbares passierte Weißen fast nie.

 
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