
Scharfschützen nehmen auf Dächern Stellung, Spezialeinheiten durchkämmen Wohnblöcke und Gewerbegebiete. Ein bewaffneter Mann wütet am Freitag im Raum Düsseldorf in zwei Anwaltskanzleien. Er tötet zwei Frauen und verletzt fünf Menschen, legt in beiden Kanzleien Feuer. In einem Rechtsstreit – vermutlich ging es um seine Scheidung – hatte der Vater zweier Kinder sich von den Anwälten schlecht vertreten gefühlt. Eine Autostunde entfernt in Goch am Niederrhein wird er schließlich festgenommen – und gesteht die Taten, wie die Ermittler berichten.
Düsseldorf, 11.30 Uhr: In einem Bürokomplex, in dem auch das Straßenverkehrsamt sitzt, fallen Schüsse und ein Feuer bricht aus. Sondereinsatzkommandos rasen durch die Landeshauptstadt. Die Kanzlei eines bekannten Düsseldorfer Anwalts, gelegen in einem Gewerbegebiet, der sogenannten Automeile, ist der erste Tatort. Eine Kanzleimitarbeiterin stirbt – sie wird von den Flammen derart entstellt, dass sie auch Stunden später noch nicht identifiziert ist. Ein 51-jähriger Mann wird schwer verletzt. Ein 64-Jähriger erleidet leichte Verletzungen, als er versucht, den Täter zu stoppen.
Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Täter noch in der Nähe ist, wird die Gegend durchkämmt, postieren sich Scharfschützen auf den Dächern, werden verschlossene Türen mit Rammen aufgesprengt. Doch während die Polizei noch dabei ist, die Lage in Düsseldorf zu sondieren, wird gegen 12.30 Uhr kaum zehn Kilometer entfernt in Erkrath ein weiteres Verbrechen bekannt. Zunächst wird wiederum ein Feuer in einer Anwaltskanzlei gemeldet – doch rasch ist klar, dass es dort ebenfalls nicht nur gebrannt hat. Eine tote Rechtsanwaltsgehilfin (50) und ein lebensgefährlich verletzter Anwalt (31) werden geborgen. Die Kanzlei liegt in einem Wohngebiet, in direkter Nähe sind Geschäfte und ein Kindergarten. Sie ist je nach Verkehrslage zwischen 15 und 30 Autominuten vom ersten Tatort entfernt. Die Fassade der Kanzlei ist verrußt, Hitze und Flammen haben Fensterscheiben herausgesprengt.
Die Polizei hat mittlerweile die höchste Alarmstufe ausgelöst: Eine „Besondere Aufbauorganisation“ mobilisiert Hunderte Beamte. Hubschrauber kreisen über den Tatorten.
Den Ermittlern gelingt es, die Verbindung zwischen den Fällen in Düsseldorf und Erkrath herzustellen: Yauquing T. (48) war mit seiner Anwältin in der Düsseldorfer Kanzlei unzufrieden und an die Erkrather Kanzlei verwiesen worden. Die Düsseldorfer Advokatin (54) hatte er sogar wegen Betruges angezeigt, doch das Verfahren war eingestellt worden.
Spezialkräfte observieren nun in Düsseldorf den Kindergarten, aus dem der Verdächtige häufig eines seiner beiden Kinder abholt. Sie dringen in seine Wohnung ein. Dort stoßen sie auf seine Frau und sein zweites Kind, doch der 48-Jährige bleibt verschwunden.
Weit entfernt in Goch am Niederrhein, eine Autostunde entfernt, dringt unterdessen ein Mann in eine Pizzeria ein. Es kommt zu einem Gerangel, zwei Frauen werden von einem Schuss aus einer Gaswaffe leicht verletzt. Pizzeria-Mitarbeiter können den Eindringling überwinden. Nach der Aufnahme seiner Personalien wird klar, dass es sich um den gesuchten Düsseldorfer handelt. Bei ihm werden Schusswaffen und mehrere Messer sichergestellt.
Gewaltattacken in Anwaltskanzleien
Oktober 2012: Eine Anwältin wird in ihrer Kanzlei in Kaiserslautern mit einem Messerstich in den Bauch schwer verletzt. Der 26-jährige Täter hatte die Kanzlei nach Polizeiangaben wegen einer Rechtsangelegenheit aufgesucht. Dabei sei es zu dem Angriff gekommen. November 2009: Aus Wut über einen geplatzten Anwaltstermin sticht ein Mann zehnmal auf die Beschäftigte einer Aachener Anwaltskanzlei ein und skalpiert sie zum Teil. Das Landgericht Aachen stuft ihn später als gemeingefährlich ein und schickt ihn dauerhaft in die Psychiatrie. Oktober 2003: In Overath bei Köln werden ein Anwalt, seine Frau und die erwachsene Tochter erschossen. Gut ein Jahr später wird ein Ex-Söldner wegen Mordes zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Mann mit rechtsradikalen Tendenzen wollte lauf Urteil Geld beschaffen. Seine Ex-Freundin erhält wegen Beihilfe siebeneinhalb Jahre Haft. September 1999: In Mönchengladbach wird ein Anwalt vor seiner Kanzlei von Schüssen in Brust und Hand lebensgefährlich verletzt. Ein ehemaliger Mandant soll aus Eifersucht die Tat begangen haben. FOTO: dpa