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Zeit der schnellen Mark ist vorbei
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 02.01.2016 03:32 Uhr

Draußen war es schon längst dunkel, und im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes waren die Reihen nur noch spärlich gefüllt, als Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt von der SPD am Donnerstagabend die Tagesordnungspunkte Nummer 13 a und 13 b aufrief. Nach einer kurzen Debatte von 25 Minuten und fünf Redebeiträgen war die Sache erledigt: Mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD beschloss die Große Koalition eine Neuregelung der Parteienfinanzierung, die Grünen votierten dagegen, die Linke enthielt sich. Und nur wenige Stunden später, am Freitagmittag, stimmte auch der Bundesrat dem Gesetz zu.

Jene Partei allerdings, um die es eigentlich ging, war an der Debatte wie der Abstimmung nicht beteiligt, da sie dem Bundestag nicht angehört – die AfD. Denn im Grunde waren sich alle Parteien einig, jene Regelung im Parteiengesetz zu beseitigen, die die AfD für sich ausgenutzt hat. Um den Anteil der staatlichen Zuwendungen aus Steuermitteln zu erhöhen, hatte die Partei einen virtuellen Shop eröffnet, in dem sie Goldmünzen zum Einstandspreis verkaufte.

Die Rechnung war ganz einfach: Da bei der staatlichen Parteienfinanzierung nicht nur die Zahl der erhaltenen Wählerstimmen zählt, sondern auch die Eigenmittel der Partei bezuschusst werden, die sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Erträgen aus wirtschaftlicher Tätigkeit zusammensetzen, erhielt die Partei umso mehr Geld, je mehr Gold sie verkaufte. Noch dreister trieb es der Europa-Abgeordnete Martin Sonneborn von der Spaß-Partei „Partei“. Er verkaufte 100-Euro-Scheine für 80 Euro, die fehlenden 20 Euro erhielt er vom Staat als Zuwendung.

Der erwirtschaftete Gewinn zählt

Damit ist nach dem Willen der Großen Koalition nun Schluss. Künftig zählt nicht mehr der gesamte Umsatz, sondern nur noch der tatsächlich erwirtschaftete Gewinn. „Ich halte es für sehr erfreulich, dass es gelungen ist, dass Umgehungsgeschäfte, wie sie beispielsweise von der AfD im Rahmen eines durchaus als ominös zu bezeichnenden Goldhandels vorgenommen werden, in Zukunft nicht mehr möglich sind“, sagte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer (Altötting) in der Debatte.

Noch deutlicher wurde seine SPD-Kollegin Gabriele Fograscher (Donau-Ries). Der Handel mit Gold habe der AfD zwar Umsatz, aber keinen oder nur einen geringen Gewinn gebracht. „So wurde die relative Obergrenze aufgebläht, um mehr staatliche Zuschüsse zu generieren. Das entspricht nicht dem Geist des Parteiengesetzes.“

Weitere Neuregelung, die rückwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft tritt: Zum ersten Mal seit 2002 werden die Zuwendungen an die Parteien für jede für sie abgegebene Stimme erhöht: Für die ersten vier Millionen Stimmen bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen gibt es künftig einen Euro statt bislang 85 Cent, für jede weitere Stimme steigt der Beitrag von bisher 70 Cent auf 83 Cent. Parteien, die sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht vorlegen, wird der Status einer Partei entzogen. In den Rechenschaftsberichten müssen die Einnahmen aus allen Mitgliedsbeiträgen einzeln aufgelistet werden, bislang galt eine Offenlegungspflicht erst bei Spenden ab 10 000 Euro.

AfD beklagt die „Lex AfD“

Grüne und Linke begrüßten die Änderungen, allerdings gingen ihnen die Neuregelungen nicht weit genug. Sie forderten noch schärfere Transparenzpflichten für Spendengelder und Einnahmen aus Sponsoring. Beispielsweise auf Parteitagen.

Die AfD übte massive Kritik an den Beschlüssen der Großen Koalition. „Die etablierten Parteien wissen nicht mehr, wie sie uns kleinkriegen können“, daher versuchten sie, „uns jetzt mittels einer ,Lex AfD‘ einfach kalt den finanziellen Stecker zu ziehen“, schrieben die Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen in einem Brief an alle Mitglieder. Die rückwirkend für 2015 geltende Bestimmung habe zur Folge, dass die Partei etwa zwei Millionen Euro an den Bund zurückzahlen müsse. „Die Existenz der Partei steht auf dem Spiel.“

Streit um Landeschef Höcke

Der Bundesvorstand der AfD hat dem umstrittenen Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke indirekt den Austritt aus der Partei nahegelegt. Nach mehrstündiger Debatte erklärte das Spitzengremium am Freitagabend in Berlin: „Der Bundesvorstand fordert Björn Höcke nachdrücklich auf, auch selbst zu prüfen, inwieweit seine Positionen sich noch in Übereinstimmung mit denen der AfD befinden.“ Die Parteivorsitzende Frauke Petry hatte dafür plädiert, Ordnungsmaßnahmen gegen Höcke zu ergreifen. Der AfD-Vorsitzende in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, berichtete jedoch, die Mehrheit der Mitglieder sei dagegen gewesen: „Damit ist klar, Björn Höcke gehört zur AfD.“ Höcke zählt wie Poggenburg zum rechtsnationalen Flügel der AfD. Der Thüringer AfD-Chef war von Mitgliedern des Parteivorstandes am Wochenende heftig kritisiert worden. Höcke gilt als größter Rivale von Frauke Petry. Text: dpa

 
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