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NÜRNBERG/FRANKFURT
Zahl der Asylbewerber steigt wohl weiter
Mehr Flüchtlinge, weniger Chaos? Auf die anschwellende Welle von Flüchtlingen reagierten viele Kommunen mit der Einrichtung von Notunterkünften – das Bild zeigt die Landesfeuerwehrschule im baden-württembergischen Bruchsal. Das Bundesamt für Migration geht davon aus, dass die Unterbringung von Asylbewerbern 2015 reibungsloser verläuft.
Foto: Uli Deck, dpa | Mehr Flüchtlinge, weniger Chaos? Auf die anschwellende Welle von Flüchtlingen reagierten viele Kommunen mit der Einrichtung von Notunterkünften – das Bild zeigt die Landesfeuerwehrschule im ...
reda
 |  aktualisiert: 22.12.2014 18:57 Uhr

Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland wird im kommenden Jahr nach einer Prognose des Bundesamtes für Migration weiter steigen. „Wir rechnen bisher im nächsten Jahr mit 200 000 Erstanträgen und 30 000 Folgeanträgen“, sagte der Präsident des Bundesamtes, Manfred Schmidt, in Nürnberg.

Für 2014 hatte das Amt etwa 200 000 Flüchtlinge vorausgesagt. Die Behörde erwartet aber, dass die Aufnahme künftig reibungsloser verläuft. Nachdem es in diesem Jahr vielerorts zu chaotischen Zuständen in den Erstaufnahmestellen gekommen war und viele Behörden völlig überlastet waren, setzt Schmidt darauf, dass 2015 eine Reihe von Maßnahmen greifen.

So sollen bundesweit in den nächsten Monaten zwölf neue Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen werden. Außerdem sollen sich zusätzliche Mitarbeiter beim Bundesamt um die Asylanträge kümmern. Bis zum Jahresende sollten 300 neue Angestellte die Arbeit aufnehmen. Im Laufe des nächsten Jahres kommen weitere 350 hinzu. „Sie werden im Sommer so weit sein, dass sie alleine Anhörungen durchführen können“, sagte Schmidt.

Zweifel an der Wirksamkeit

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit dieser Schritte. Damit werde die Lage zwar kurzfristig verbessert und die Dauer der Asylverfahren verkürzt. „Wir brauchen aber ein Integrationskonzept und nicht ein Konzept, wie wir Obdachlosigkeit vermeiden“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Außerdem gelte: „Ein schnelles Verfahren ist nicht immer auch ein gründliches Verfahren.“ Auch die Kommunen blicken mit Sorge auf die Entwicklung. „Es wird großer Anstrengungen bedürfen, die Menschen, die wahrscheinlich länger als wir denken bei uns bleiben werden, unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren“, sagte die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU). Sie bekräftigte die Forderung nach mehr Geld von Bund und Ländern. Die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, forderte, Asylsuchenden schneller eine Arbeitserlaubnis zu gewähren, sobald sie ausreichend Deutsch sprechen.

Dauer der Verfahren verkürzen

Bislang sei es mit dem Arbeitsverbot leicht, den Flüchtlingen den Vorwurf zu machen, sie lägen den Deutschen auf der Tasche. „Das sind Probleme, die wir selbst produzieren“, sagte sie auch mit Blick auf die Pegida-Proteste gegen eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hofft, dass sich mit den zusätzlichen Mitarbeitern die Dauer der Asylverfahren deutlich reduzieren lässt.

Die Bundesregierung hatte das Ziel ausgegeben, die durchschnittliche Verfahrensdauer von jetzt etwa sieben Monaten auf drei zu verkürzen. „Wenn die Entwicklungen so eintreffen, wie wir hoffen, werden wir Mitte des Jahres bei unter sieben Monaten sein“, sagte Schmidt. Derzeit liegen bei der Behörde jedoch noch 163 000 offene Verfahren. 15 000 davon sind älter als zwei Jahre.

Aufnahme von Flüchtlingen im europäischen Vergleich

Im dritten Quartal 2014 haben 177 000 Flüchtlinge in den 28 EU-Staaten um Asyl gebeten. Davon meldete sich der Löwenanteil – nämlich 56 100 – in Deutschland, wie die Statistikbehörde Eurostat berichtet. Damit steht die Bundesrepublik EU-weit an der Spitze. Den zweiten Platz belegt Schweden mit 28 200, gefolgt von Italien mit 18 050. Setzt man die Asylbewerberzahlen ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, hat Schweden den höchsten Flüchtlingsanteil. Hier wurden von Juli bis September 2925 Bewerber pro eine Million Einwohner gezählt. Dahinter rangieren Dänemark (1260), Malta (970), Österreich (915) sowie Ungarn (880) und Deutschland (695). Die Unterschiede bei der Aufnahmequote erklären sich daraus, dass es in Europa derzeit kein Verteilsystem nach festen Schlüsseln gibt, so wie unter den deutschen Bundesländern. In der EU gilt die Regel, dass jenes Land für einen Asylbewerber zuständig ist, in dem dieser zuerst europäischen Boden betritt. Text: Dpa

 
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