Chinas Ein-Kind-Politik führt zu krassem Missverhältnis
Durch die selektive Abtreibung von Mädchen wird es in 20 Jahren in weiten Teilen Chinas deutlich mehr Männer als Frauen geben: Pränatale Geschlechtsbestimmung ist in China zwar offiziell verboten. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Die 2010 durchgeführte Volkszählung hat ergeben, dass auf zehn neugeborene Mädchen zwölf Jungen kommen. Schon jetzt gibt es landesweit einen Überschuss von 30 Millionen Männern im geschlechtsreifen Alter. Dieses Missverhältnis wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen und wäre nicht zustande gekommen, wenn die Eltern nicht schon vor der Geburt vom Geschlecht erfahren und im Fall eines Mädchens abgetrieben hätten. Wesentliche Schuld an dieser Fehlentwicklung trägt Chinas Ein-Kind-Politik. 1981 eingeführt, um das rasante Bevölkerungswachstum zu drosseln, darf jedes Paar in der Volksrepublik seitdem nur noch ein Kind zur Welt bringen. Und weil männliche Nachkommen bei vielen Familien noch immer einen höheren Stellenwert haben, ist die Geschlechtsbestimmung ein weitverbreitetes Mittel, um die Geburt im Falle eines Mädchens zu verhindern. Felix Lee, Peking
In Afrikas patriarchalischen Gesellschaften haben es Mädchen schwer
Afrikaner nennen ihren Kontinent oft liebevoll „Mama Africa“, doch in den 54 Ländern des ärmsten Erdteils geht es den Frauen und Mädchen meist schlechter als den Jungs und Männern: Die Benachteiligung beginnt schon bei der Geburt. Da Männer in den oft patriarchalisch geprägten Gesellschaften sich einen männlichen Stammhalter wünschen, müssen Frauen mindestens so lange Kinder kriegen, bis sie einen Jungen zur Welt gebracht haben. Die vielen Geburten in kurzer Zeit und die schlechte medizinische Versorgung fordern ihren Tribut. Nirgendwo ist die Müttersterblichkeit so hoch wie in Afrika. Wird das Essen knapp, leiden wieder zuerst die Mädchen. Während der Dürre am Horn im Sommer 2011 habe ich Familien getroffen, die auf der Flucht vor Krieg und Hunger ihre Töchter bewusst haben verhungern lassen – damit die Söhne durchkommen. Reicht das Geld nicht für den Schulbesuch aller Kinder, ziehen wieder die Töchter den Kürzeren. Dass die Rolle der Frau in Afrika unwürdig ist und dringend verbessert werden muss, haben mittlerweile fast alle afrikanischen Regierungen, die Vereinten Nationen und die zahlreichen auf dem Kontinent tätigen Hilfsorganisationen erkannt. Die Fortschritte in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sind unübersehbar. Doch bis „Mama Africa“ ihrem Namen Ehre macht, werden noch Jahrzehnte vergehen. PHILIPP HEDEMANN, ÄTHIOPIEN
In der arabischen Welt werden die Frauen ihrer Rechte beraubt
Um die Früchte ihres Freiheitskampfes betrogen, beginnen Frauen der arabischen Welt den „zweiten Frühling“: Sie standen an vorderster Front der friedlichen Proteste gegen die Diktatoren, in Kairo, Tunis, Tripolis und Sanaa. An der Seite der Männer kämpften die Frauen arabischer Länder mutig für einen demokratischen Neuanfang. Zwei Jahre nach Beginn des „arabischen Frühlings“ sehen sich die Araberinnen aber mit der bitteren Realität konfrontiert, dass der Fall der Tyrannen für sie noch lange nicht das Tor zu Gleichberechtigung geöffnet hat. Bitter enttäuschte Bürgerinnen ringen nun gegen tief verwurzelte, erzkonservative Kulturnormen und das Bestreben der neuen, islamistisch geprägten Machthaber, sie auch noch der wenigen Rechte zu berauben, die sie bisher hatten. Die Revolutionärinnen sehen sich politisch an den Rand gedrängt. Gleichberechtigung wird den Frauen in Ägypten in der neuen Verfassung gar nicht mehr garantiert und ist auch in Tunesien in ernster Gefahr. Zugleich sind insbesondere in Ägypten Frauen in alarmierendem Maße willkürlicher Gewalt durch Männer ausgesetzt, während die staatlichen Behörden meist tatenlos zusehen. Im Jemen sind politisch aktive Frauen zunehmend Todesdrohungen ausgesetzt. Doch sie geben nicht auf. Birgit Cerha, Beirut