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Wird die FPÖ zum Kanzlermacher?
Vor der Nationalratswahl in Österreich       -  Auf den öffentlichen Plakatwänden haben die österreichischen Parteien – wie hier in Salzburg – ihren festen Platz.
Foto: Barbara Gindl | Auf den öffentlichen Plakatwänden haben die österreichischen Parteien – wie hier in Salzburg – ihren festen Platz.
Mariele Schulze-Berndt
 |  aktualisiert: 21.10.2017 03:10 Uhr

Die Schlusskundgebung der Freiheitlichen Partei Österreichs am Viktor-Adler Markt im Wiener Arbeiterviertel Favoriten hat Tradition. Zu Bier, blauen Luftballons und rot-weiß-roten Fahnen spielt die John Otti Band FPÖ-Hits wie „Immer wieder Österreich“. Dann bringt Parteichef Heinz Christian Strache seine Fans zum Toben. Dass er den ÖVP-Chef Sebastian Kurz einen „Ohrwaschelkaktus“ nennt, ist an Stammtischen und auf Marktplätzen eine Art Running Gag in diesem Wahlkampf. Außerdem attackiert er in seinen Wahlreden die Flüchtlinge, die Türkei und die drohende Bargeldabschaffung.

Seit zwölf Jahren führt Strache die FPÖ. Dies ist seine vierte Nationalratswahl. Wenn jetzt wieder nichts aus einer Regierungsbeteiligung wird, könnte dies auch Folgen für ihn persönlich haben. So kehrte Strache in den unzähligen TV-Diskussionen den Staatsmann heraus, gab sich kontrolliert und nur ausnahmsweise aggressiv. Auch auf antisemitische Signale verzichtete er weitgehend. „Die FPÖ hat gelernt, zivilere Töne anzuschlagen“, urteilt der frühere ÖVP-Chef und Vizekanzler Erhard Busek. Die extremen Mitglieder „gibt es noch immer, aber sie werden nicht hergezeigt. Wie lange es dabei bleibt, hängt davon ab, ob diese Taktik Erfolg hat.“

Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle weist darauf hin, dass ÖVP und SPÖ neuerdings beide bereit sind, mit der FPÖ zu koalieren, um nicht zur großen Koalition gezwungen zu sein. „Deshalb mussten ÖVP-Chef Kurz und SPÖ-Chef Kern Strache in den TV-Diskussionen als salonfähig erscheinen lassen.“

Die FPÖ könnte nach der Wahl in die Poolposition kommen, sich den Koalitionspartner aussuchen und damit den künftigen Kanzler mitbestimmen können. Die Umfragen sehen zwar seit Wochen einen klaren Vorsprung für den ÖVP-Kandidaten Sebastian Kurz. Doch andere Daten weisen darauf hin, dass der Anteil der Unentschlossenen stieg, nachdem die „Affäre Silberstein“ öffentlich wurde und die Schlammschlacht zwischen SPÖ und ÖVP ins Bewusstsein der Wähler drang. Es sei einer der schmutzigsten Wahlkämpfe der Zweiten Republik gewesen, urteilten die Moderatoren der ORF-Elefantenrunde am Freitag. „Diesen Wahlkampf hätten wir uns in der Tat sparen können“, seufzte Bundeskanzler Kern resigniert. Kurz vor der Wahl liegt der Anteil der Unentschlossenen bei fünfzehn Prozent unter jenen, die sicher zur Wahl gehen wollen. „Kurz wird nicht so viel gewinnen und Kern wird nicht so viel verlieren, wie prognostiziert wird“, sagt Busek.

Die Enttäuschung seiner Anhänger könnte für Kurz zu einem Problem werden. Es sei nicht sicher, dass Kurz dann Schwarz-Blau anstrebe, also die Koalition mit den Freiheitlichen.

Viele in der ÖVP könnten sich auch eine Fortsetzung der Koalition mit der SPÖ unter einem Kanzler Kurz vorstellen. Voraussetzung sei allerdings, dass Bundeskanzler Kern zurücktrete und die SPÖ-Führung Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil aus dem Burgenland überließe. In der ÖVP plädieren jene für eine neue große Koalition, die die politischen und wirtschaftlichen Strukturen in Österreich retten wollen, das System aus Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer mit einer starken politischen Position der Gewerkschaften.

Kurz hat es infrage gestellt, als er die Partei übernahm, verzichtete jedoch in letzter Zeit darauf, das Thema voranzutreiben. Strache fordert offensiv, die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern aufzuheben. Ein Thema, das eigentlich die liberalen NEOS besetzt hatten, die übrigens am Mittwoch noch Wahlhilfe vom deutschen FDP-Vorsitzenden Christian Lindner bekamen.

 
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