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MÜNCHEN
„Wir wollen eine unbürokratische Grundsteuer“
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 06.05.2019 02:11 Uhr

Der Oberpfälzer Albert Füracker warnt vor dem Modell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz für eine neue Grundsteuer. Füracker (51), seit 2008 Landtagsmitglied und seit 2018 Bayerns Finanz- und Heimatminister, sieht ein bürokratisches Monster auf Deutschland zukommen.

Frage: Herr Füracker, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einen Plan zur Reform der Grundsteuer vorgelegt, auf die das Bundesverfassungsgericht drängt. Warum lehnt die Bayerische Staatsregierung das Scholz-Modell ab?

Albert Füracker: Das Modell des Bundesfinanzministers zur Reform der Grundsteuer ist viel zu kompliziert und unglaublich bürokratisch. Bürger, Unternehmen und die Steuerverwaltung brauchen ein nachvollziehbares und umsetzbares Grundsteuerverfahren – keine Blackbox!

Warum glauben Sie, dass der bürokratische Aufwand im Vergleich zum heutigen Modell steigen würde?

Füracker: Dies liegt zum großen Teil daran, dass nach den Vorstellungen des Bundesfinanzministers die Bodenrichtwerte ein grundlegendes Element sein sollen. Die Höhe der Bodenrichtwerte ist streitanfällig und sorgt bei 36 Millionen Objekten in Deutschland für eine riesige Bürokratie. Alleine in Bayern würden wir zur Umsetzung der neuen Grundsteuer etwa 2500 Steuerbeamte zusätzlich benötigen.

Das Scholz-Modell berücksichtigt nicht nur den Bodenrichtwert, sondern auch Art und Alter der Immobilie, Wohnflächen und Mietniveau. Was ist daran so verkehrt?

Füracker: Ein wertbezogenes Modell ist definitiv der falsche Ansatz. Das führt zu regelmäßig steigenden Steuern aufgrund der im System angelegten hohen Belastungsdynamik. Die Verwendung von Bodenwerten und der von Scholz geplante Wertzuschlag für Großstädte bedeuten Mietsteigerungen, die ich ablehne.

Ministerpräsident Markus Söder und Sie haben einen eigenen Grundsteuer-Plan. Wie sieht der aus?

Füracker: Wir wollen in Bayern eine unbürokratische Einfach-Grundsteuer, die allein auf der Basis von Flächenzahlen für das Grundstück und darauf befindliche Gebäude errechnet wird. Das kann jeder nachvollziehen, es sind nur einfache Berechnungen nötig. Die Flächen für Grund und Boden beziehungsweise für ein Gebäude stehen fest. Darüber wird es keinen Streit geben. Als bayerischer Finanzminister ist es mir äußerst wichtig, dass die Steuerverwaltung die neue Grundsteuer mit möglichst wenig Aufwand umsetzen kann.

Würde eine Grundsteuer nach Ihren Vorstellungen wirklich höhere Belastungen für Eigentümer und Mieter verhindern?

Füracker: Es gibt in großen Städten enorme Mietsteigerungen, die Bodenpreise explodieren. Das bedeutet bei einer wertbezogenen Grundsteuer erhebliche Belastungssteigerungen im Laufe der Jahre. Eine solche Negativspirale lehnen wir ab und vermeiden diese mit einem rein flächenbezogenen Ansatz.

Wer wäre mit dem bayerischen Modell besser dran? Und wer mit dem Scholz-Modell?

Füracker: Entscheidend ist für mich, dass die Grundkonzeption des Reformmodells passt. Die Bezugnahme auf die Bodenrichtwerte und auf die Mieten, die der Bundesfinanzminister möchte, wird dazu führen, dass die Grundsteuerbelastung insbesondere in den Großstädten in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird. Gerade für Mieter ist das eine Steuererhöhung durch die Hintertür. Mein Ziel ist ganz klar, Steuererhöhungen im Reformmodell selbst zu vermeiden. Scholz setzt bei seinem Vorschlag hingegen voll darauf, dass alle Kommunen ihre individuellen Hebesätze senken werden. Bund und Länder haben darauf aber keinen Einfluss, denn sie können den Kommunen die Höhe ihrer Hebesätze nicht vorschreiben.

Für den bayerischen Vorschlag schien bislang keine Mehrheit in Sicht . . .

Füracker: Seit Herbst letzten Jahres diskutieren wir mit dem Bundesfinanzminister und den Ländern. Im Ergebnis steht fest, dass nun auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion das Modell von Minister Scholz ablehnt. Auch die Bundeskanzlerin akzeptiert den Gesetzentwurf nicht. Das alles spricht für einen notwendigen Neustart. Alle, der Bund und die Länder – auch die Bayerische Staatsregierung – wollen eine reformierte Grundsteuer.

Aber die Zeit läuft davon. Wie wollen Sie verhindern, dass es Ende des Jahres doch keine Einigung gibt und dann die Grundsteuer ganz wegbricht?

Füracker: Die Staatsregierung kämpft wie bereits seit Anfang der Diskussion für eine Regelungskompetenz auf Ebene der Länder. Ich erwarte, dass der Bund entweder das dafür notwendige Freigabegesetz erlässt oder zumindest endlich die von uns lange geforderten Länderöffnungsklauseln akzeptiert. Die notwendigen Regelungen können im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben schnell geschaffen werden. Der Bundesfinanzminister kann gerne sein Modell gegenüberstellen. Dann kann jedes Land selbst entscheiden, ob es das aufwendige Reformmodell des Bundesfinanzministers tatsächlich übernehmen will. Es muss dann aber auch die Konsequenzen in seinen Finanzämtern tragen. Wir in Bayern wollen jedenfalls eine für alle Beteiligten einfache, unbürokratische und nachvollziehbare Lösung. Dafür setzen wir uns im Sinne der Grundstückseigentümer und der Mieter in Bayern weiterhin und aus voller Überzeugung ein.

 
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