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„Wir müssen raus aus dem Rosamunde-Pilcher-Modus“
Das Gespräch führte Ulrike Bäuerlein
 |  aktualisiert: 12.01.2018 03:10 Uhr

Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, hat sich aus der Politik weitgehend zurückgezogen. Seit 2012 ist der Diplomökonom für ein Münchner IT-Beratungs- und Softwareunternehmen tätig. Mappus wird oft mit Markus Söder verglichen, der in Bayern Ministerpräsident werden will. Zu Recht?

Frage: Herr Mappus, was würden Sie als ehemaliger CDU-Ministerpräsident Ihrer Partei im Bund bei der Regierungsbildung empfehlen?

Stefan Mappus: Ich glaube, dass die Vorgehensweise richtig war, es mit „Jamaika“ zu versuchen, aber ich hatte Bedenken, ob das funktionieren kann. Es ging schließlich um vier Parteien, darunter zwei Schwesterparteien, die sich in manchem nicht einig sind. Und dann noch FDP und Grüne an einem Tisch – da war klar, dass es eng wird. Jetzt bleibt rechnerisch nur die Große Koalition übrig. Ich denke, dass CDU und SPD gut daran tun würden, sich schnell zu einigen.

Ist das eigentlich noch Ihre Partei – die Merkel-CDU?

Mappus: Ich bin mit Leib und Seele Christdemokrat. Aber ich mache keinen Hehl daraus, dass ich die aktuelle strategische Aufstellung der Union für sehr fragwürdig halte. Wir müssen nach meiner Überzeugung endlich raus aus diesem Rosamunde-Pilcher-alle-haben-sich-lieb-Modus und wieder für etwas stehen, inhaltliche Positionen beziehen, wieder unterscheidbar sein und damit Wähler zurückgewinnen.

Sie haben vor über zehn Jahren mal ein Strategiepapier unter anderem mit Markus Söder für die Union entworfen, in dem Sie einen klar konservativen Kurs für die Union forderten . . .

Mappus: . . . und wenn man das heute so betrachtet, lagen wir nicht so ganz falsch. Man kann ohne Zweifel empirisch belegen, dass es strategisch falsch war, nach links der Mitte zu rücken, ohne darauf zu achten, was auf der anderen Seite passiert. Markus Söder wird das so in Bayern mit Sicherheit nicht machen.

Markus Söder wird vom Typ her gerne mit Ihnen verglichen. Erkennen Sie sich in ihm wieder?

Mappus: Ich halte sehr viel von ihm, weil er zu denen gehört, auf die man sich verlassen kann. Ich kenne ihn seit vielen Jahren, noch aus JU-Zeiten. Mit Söder kann man strittig diskutieren. Aber wenn man mit ihm etwas ausmacht, kann man sich hundertprozentig darauf verlassen, dass es auch so läuft. Das ist für mich persönlich ein hohes Gut. Und ich glaube, dass er das hat, was man insbesondere in Bayern auch braucht: das Gespür, was die Menschen auch außerhalb von München, in den ländlichen Regionen, wollen.

Ist der Grüne Winfried Kretschmann nicht der beste CDU-Ministerpräsident, den das Land je hatte?

Mappus: Er verkauft sich so – wer?s glaubt, ist selber schuld. Ich habe übrigens schon bei der Sondierung 2006 gelernt, dass die Grünen auch nicht anders funktionieren als alle anderen Parteien. Wenn es um Ministerposten und Dienstwägen geht, sind sie mindestens genauso geschmeidig wie alle anderen Parteien. Allerdings gehen die Medien deutlich großzügiger mit ihnen um. Ich will gar nicht wissen, was alles geschrieben worden wäre, wenn ich damals im Staatsministerium das Personal um 50 Prozent hochgefahren hätte so wie jetzt mein Nachfolger. So lautlos wie aktuell wäre es wohl kaum zugegangen.

Sie waren Ministerpräsident, wurden abgewählt, haben dann dreieinhalb Jahre Prozesse geführt und dafür erheblich investiert. Wie stehen Sie heute da?

Mappus: Es geht meiner Familie und mir sehr gut, das ist die Hauptsache. Natürlich ist es bitter, wenn man vier Jahre durch den Kakao gezogen wurde und am Ende dafür auch noch die Rechnung bezahlen darf. Aber ich bin nicht der Typ, der jeden Tag mit einem Rucksack voller schlechter Erinnerungen durch die Welt marschiert. Man muss nach vorne schauen! Und ich habe eine Reihe von Menschen noch sehr viel besser kennengelernt.

Überwiegt im Nachhinein das Bittere an Ihrer politischen Karriere?

Mappus: Nein. Im Gegenteil. Je älter ich werde, desto dankbarer bin ich für die Summe an Erfahrungen. Natürlich gibt es negative Erfahrungen, auf die ich hätte verzichten können. Aber das gehört zum Leben dazu. Ich habe unglaublich viel Glück gehabt. Ein tolles Elternhaus, hervorragende Bildungsmöglichkeiten, das Glück, zwei Berufe erlernen zu können. Ich hatte eine tolle politische Karriere und habe jetzt eine sehr spannende Tätigkeit in der Privatwirtschaft. Ich habe eine wunderbare Frau, wir haben zwei gesunde Kinder. Ich glaube, dass es unterm Strich der liebe Gott ziemlich gut mit mir gemeint hat.

Werden Sie aus der CDU misstrauisch beäugt, ob Sie doch noch mal irgendwann aus der Ecke kommen?

Mappus: Da mag es einige geben, aber damit muss ich schweren Herzens leben. Es wurde mir schon mal von einem führenden Christdemokraten nahgelegt, aus der Partei auszutreten. Wer mich ein klein wenig kennt, müsste wissen, dass man damit genau das Gegenteil erreicht.

Spricht jetzt der Ex-Politiker Stefan Mappus?

Mappus: Es spricht der politisch interessierte Mensch Stefan Mappus, dessen Interesse an Politik nicht geringer wird. Ich bin seit 35 Jahren intensiv an Politik interessiert, habe rund 30 Jahre aktiv Politik gemacht. Und ich hänge zu sehr an meiner Partei, als dass mich die seit Jahren in Bund und Land schlechter werdenden Wahlergebnisse der CDU nicht berühren würden. Also: Ja, ich werde mich auch in Zukunft für Politik interessieren – in welcher Form auch immer.

Stefan Mappus, geboren 1966, war von Februar 2010 bis Mai 2011 Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Aus der Landtagswahl 2011 ging die CDU mit Mappus als Spitzenkandidat als stärkste Kraft hervor, konnte aber wegen des schwachen Abschneidens der FDP und des Wahlerfolgs der Grünen nicht mehr den Ministerpräsidenten stellen.

 
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