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BERLIN
Wie man die Märkte an den Kosten der Krise beteiligt
Von dpa-Korrespondentin Doreen Fiedler
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:27 Uhr

An den Börsen werden Billionen von Euro umgesetzt – das meiste davon ist steuerfrei. Eine Umsatzsteuer auf tägliche Milliardendeals wird seit Jahrzehnten diskutiert.

Seit der Finanzkrise überlegen nun auch viele Regierungen, wie Spekulationen eingedämmt und die Finanzmärkte an den Kosten der Krise beteiligt werden können. Ein Knackpunkt: Die Steuer müsste eigentlich weltweit erhoben werden, um wirksam zu sein. Frankreich und Deutschland würden sich mittlerweile auch mit einer Einführung zunächst in der Eurozone zufriedengeben.

Was genau soll besteuert werden?

Die Finanztransaktionssteuer („Financial Transaction Tax“/FTT) könnte sämtliche Geschäfte an den Finanzmärkten betreffen – von Aktien über Devisen und Anleihen bis hin zu hochriskanten Papieren. Vor allem kurzfristige Spekulationen sollen so teurer werden. Hypotheken, Kredite oder Versicherungen von Privatpersonen oder kleinen Unternehmen sind nicht betroffen. Bankkunden könnten die Steuer aber zu spüren bekommen, wenn die Finanzinstitute die Kosten auf ihre Kunden abwälzen.

Wie viel Geld könnte damit eingenommen werden?

Bei einem Steuersatz von 0,05 Prozent für alle Finanzprodukte kämen laut Experten allein in Deutschland 40 Milliarden Euro zusammen. Die Europäische Kommission schlägt zwischen 0,01 und 0,1 Prozent vor und kommt EU-weit auf 57 Milliarden Euro jährlich. Die Länder wollen die Einnahmen für ihre nationalen Haushalte verwenden, die Europäische Kommission würde das Geld gerne in die EU-Kasse leiten. Kampagnen und Organisationen wie Oxfam hingegen fordern, die Einnahmen für die Bekämpfung der Armut sowie den Umweltschutz einzusetzen.

Seit wann wird eine Besteuerung der Finanzmärkte diskutiert?

Bereits 1936 argumentierte der Vater der nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik, John Maynard Keynes, dass durch eine Transaktionssteuer kurzfristige Spekulationen vermindert würden. 1972 empfahl der US-Ökonom James Tobin eine einprozentige Steuer auf grenzüberschreitende Devisengeschäfte. Dadurch sollten die Schwankungen der Wechselkurse eingedämmt werden. Die Idee der „Tobin-Steuer“ ist auch eine der Gründungsforderungen des globalisierungskritischen Netzwerks „Attac“ – die französische Abkürzung für „Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger“.

Warum steht die Steuer jetzt wieder auf der Tagesordnung?

Die Finanzmärkte, die während der schweren Wirtschaftskrise allein von den EU-Staaten 4,6 Billionen Euro an Steuergeldern bekommen haben, sollen nun etwas zurückzahlen. Auch hoffen Befürworter, dass die heftigen Schwankungen an den Finanzmärkten so eingedämmt werden und sich Spekulationen weniger lohnen.

Warum ist die Steuer nicht

längst beschlossen?

Eigentlich ist eine weltweite Abstimmung notwendig, damit die Geschäfte nicht von Frankfurt nach London oder gleich nach New York, Shanghai, Singapur oder Dubai wandern. Bei den Gipfeln der 20 größten Wirtschaftsmächte (G20) konnten sich die Staats- und Regierungschefs aber bisher nicht einigen. Dann preschte im Herbst die EU voran: Die Kommission legte einen Vorschlag für die 27 EU-Mitglieder vor. Doch die britische Regierung wehrt sich dagegen – zum Schutz des Finanzplatzes London. Da sich weder eine globale noch eine EU-weite Zustimmung erreichen lässt, sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun nach einer Verständigung mit den 17 Eurostaaten.

 
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