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PARIS
Wie Hollande über Merkel lästerte
Mitarbeiter der Würzburger Uniklinik protestieren für mehr Personal       -  Mitarbeiter der Uniklinik Würzburg beteiligten sich am Mittwoch an einer bundesweiten Protestaktion der Gewerkschaft ver.di. Vor dem Zentrum Operative Medizin (ZOM) demonstrierten sie gegen den Personalmangel an Kliniken und Krankenhäusern. Nach Berechnungen von ver.di fehlen an deutschen Krankenhäusern 162 000 Stellen, 70 000 allein in der Pflege. Zwischen Main und Bodensee sollen 20 000 Krankenhausmitarbeiter fehlen, 9000 davon beim Pflegepersonal. Ziel von ver.di war es, die am Mittwoch in Bad Dürkheim tagenden Gesundheitsminister des Bundes und der Länder zu einer gesetzlichen Regelung der Personalausstattung zu drängen. Bei der Konferenz soll es unter anderem um die Fachkräftesicherung gehen.
Foto: Daniel Peter | Mitarbeiter der Uniklinik Würzburg beteiligten sich am Mittwoch an einer bundesweiten Protestaktion der Gewerkschaft ver.di.
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 24.06.2015 18:48 Uhr

Dass französische Journalisten die Handynummer von François Hollande haben, meist noch aus seiner Zeit als Parteichef der Sozialisten, ist bekannt. Er hat sie nie geändert und blieb zugänglich. Und zwar in einem bisher unbekannten Ausmaß: Über die Enthüllungsplattform Wikileaks kam heraus, dass auch der US-Nachrichtendienst NSA die Nummer des französischen Präsidenten kannte – und ihn ebenso abhörte wie seine konservativen Vorgänger Nicolas Sarkozy und Jacques Chirac. Genauso wie den deutschen Kanzler Gerhard Schröder und nach ihm Angela Merkel, die den Satz geprägt hat „Ausspähen unter Freunden geht gar nicht“. Da war allerdings noch nicht bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst der NSA geholfen haben soll, Frankreich und die EU-Kommission auszuhorchen.

Die Zeitung „Libération“ und das Internetportal „Mediapart“ veröffentlichten nun Auszüge aus NSA-Berichten, die auf abgefangenen Gesprächen auf höchster Staatsebene basieren. Demnach lief der US-Spähangriff auf die Präsidenten und hohe Regierungsbeamte Frankreichs von 2006 bis 2012. Paris reagiert empört.

Gestern wurde die US-Botschafterin in Paris, Jane Hartley, einbestellt – ein ungewöhnlicher diplomatischer Akt. Hollande berief eine Sondersitzung des Verteidigungsrates ein und erklärte im Anschluss, es handle sich um „inakzeptable Tatsachen“. Frankreich habe seine Kontroll- und Schutzmaßnahmen verstärkt und toleriere nicht, wenn seine Sicherheit und der Schutz seiner Interessen infrage gestellt würden.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats in den USA, Ned Price, erklärte gestern, die USA nähmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier, äußerte sich aber nicht zu den Abhörpraktiken in der Vergangenheit. „Die Franzosen sind unverzichtbare Partner“, fügte er hinzu.

Aus Nicolas Sarkozys Umfeld kam Kritik an „allgemein inakzeptablen Praktiken, vor allem zwischen Verbündeten“. Aus den Dokumenten geht hervor, dass er sich bereits 2010 vergeblich um die Zusicherung bemüht hatte, dass die US-Nachrichtendienste Frankreich nicht mehr ausspähen. Ebenso hielt er sich 2008 für „den einzigen fähigen Mann für die Lösung der Finanzkrise“ und kündigte an, Frankreich würde sich darum kümmern, da die USA diese nicht in den Griff bekämen.

Das jüngste Dokument vom 22. Mai 2012 enthüllt, dass Hollande kurz nach seinem Amtsantritt ein Treffen mit der deutschen SPD-Opposition vereinbarte, das geheim bleiben sollte, um über die Euro-Schuldenkrise und die Gefahr eines Austritts Griechenlands aus der Gemeinschaftswährung zu sprechen. Über Merkel klagte er, eine Begegnung mit ihr sei „ohne Substanz“ gewesen, die Kanzlerin in der Griechenland-Frage völlig unbeweglich.

Einerseits herrscht Entrüstung über die NSA-Spitzeleien und die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente. Andererseits beschloss die französische Nationalversammlung gestern ein neues Abhörgesetz, das auch eine Reaktion auf die islamistischen Terroranschläge in Paris im Januar ist. Es sieht weitreichende Befugnisse für die französischen Geheimdienste vor, die künftig die gesamte Kommunikation der Bürger abhören können, wenn die „nationale Sicherheit“ des Landes bedroht sei – aber auch zur Verteidigung wirtschaftlicher, industrieller und wissenschaftlicher Interessen.

Statt eines richterlichen Beschlusses soll die Anordnung des Premierministers für die Totalüberwachung ausreichen. Die Vorratsdatenspeicherung gibt es in Frankreich bereits; künftig werden jetzt auch Internetanbieter zur Zusammenarbeit verpflichtet.

 
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