Die wilden Dementis ließen nicht lange auf sich warten. „Das ist ein weiterer erbärmlicher Versuch, die Menschen zu beschmutzen, die Präsident Trump nahestehen, und von den vielen Erfolgen der Regierung abzulenken“, empörte sich Sarah Sanders. Als Beleg verschickte die Sprecherin von Donald Trump eine dreiseitige Stichwortliste mit vermeintlichen politischen Großtaten.
Viel nutzen dürfte das kaum. Das Enthüllungsbuch „Fear – Trump in the White House“ (Angst – Trump im Weißen Haus), das offiziell erst am kommenden Dienstag erscheint, stürmt bereits jetzt die Bestsellerlisten. Auf 448 Seiten hat Pulitzer-Preisträger Bob Woodward, der zusammen mit seinem Kollegen Carl Bernstein in den 1970er Jahren die Watergate-Affäre aufdeckte, nach Vorabberichten zahlreiche Insiderberichte zusammengetragen, die das Bild eines ignoranten, paranoiden Cholerikers im Oval Office verfestigen.
Telefonat mit Trump
Und wer dem Buch nicht glaubt, der kann im Internet den Mitschnitt eines elfminütigen Telefonats zwischen dem Autor und dem Präsidenten mithören. Woodward hatte das Buchmanuskript schon abgeschlossen, als Trump ihn Anfang August anrief und der Aufzeichnung des Gesprächs ausdrücklich zustimmte. Er bedauert anfangs, dass Woodward ihn nicht zu Wort kommen lasse: „Ich hätte gerne mit Ihnen gesprochen. Ich denke, Sie waren immer fair.“ Als der Journalist erwidert, er habe sechs Versuche unternommen, einen Interviewtermin zu bekommen, behauptet Trump zunächst: „Ich habe nie eine Nachricht bekommen.“ Dann unterstellt er Woodward, die falschen Leute angesprochen zu haben.
Doch Woodward hatte auch Senator Lindsey Graham eingeschaltet, mit dem Trump regelmäßig Golf spielt. „Senator Graham hat das tatsächlich mal kurz erwähnt“, gesteht der Präsident nun plötzlich und wechselt das Thema. „Ich mache einen großartigen Job für das Land. Verstehen Sie das?“, fragt er Woodward ernsthaft. Der Reporter bleibt neutral, was Trump frustriert: „Also werden wir ein sehr fehlerhaftes Buch haben, und das ist sehr schade“, verabschiedet er den eingangs gelobten Autor patzig.
Szenen aus dem Weißen Haus
Tatsächlich dürfte es Trump schwerfallen, Woodward zu diskreditieren. Nach eigenen Angaben hat der Reporter Gespräche mit dutzenden Mitarbeitern aus dem inneren Zirkel des Weißen Hauses aufgezeichnet, die unter der Maßgabe auspackten, dass die Informationen ohne Quelle veröffentlicht werden.
Die vorab bekanntgewordenen Passagen schildern eine Regierungszentrale, die sich „im Zustand des Nervenzusammenbruchs“ befindet. Chaos und Intrigen bestimmen das tägliche Handeln. So soll Ex-Wirtschaftsberater Gary Cohn eine Unterlage, mit der Trump das Handelsabkommen der USA mit Südkorea aufgekündigt hätte, einfach von dessen Schreibtisch entwendet haben. Ex-Anwalt John Dowd versuchte, Trump mit einem Rollenspiel, in dessen Verlauf der Präsident völlig die Beherrschung verlor, von den Gefahren einer Aussage bei Sonderermittler Robert Mueller zu überzeugen. Als Trump insistierte, er sei ein guter Zeuge, kündigte Dowd. Nach dem syrischen Giftgasangriff im April 2017 soll Trump gefordert haben: „Lasst uns Präsident Baschar al-Assad verdammt nochmal töten!“ Verteidigungsminister James Mattis ignorierte die Forderung.
Der Präsident habe „den Verstand eines Fünft- oder Sechstklässlers“, soll Mattis im kleinen Kreis gesagt haben. Stabschef Kelly wird mit der Aussage zitiert: „Trump ist ein Idiot. Es ist sinnlos, ihn von irgendetwas zu überzeugen. Er ist entgleist. Wir sind im Irrenhaus.“ Eine wilde Twitter-Tirade am Mittwochmorgen, in der Trump das Buch als „komplett erfunden“ beschimpfte, konnte den Eindruck kaum widerlegen.