Thomas de Maiziere prescht vor. Der Innenminister will auf die zunehmende Besorgnis der Bürger und den Ruf nach mehr Sicherheit eingehen und die Anti-Terror-Gesetze deutlich verschärfen. „Wir leben in schwierigen Zeiten“, sagte er am Mittwoch nach einem Besuch bei der Bundespolizei in Bremen. Die Terrorbedrohung in Deutschland sei unverändert hoch. Bund und Länder müssten eng zusammenarbeiten. „Nur gemeinsam können wir solche sehr komplizierten Lagen auch beherrschen.“
Am Donnerstag will der CDU-Minister daher seinen Maßnahmenkatalog vorstellen, der unter dem Titel „Erhöhung der Sicherheit in Deutschland“ steht. Nach seinen Vorstellungen sollen unter anderem ausländische Gefährder, die unter dem Verdacht stehen, eine Straftat zu begehen, sowie straffällige Ausländer schneller abgeschoben werden. Zudem sollen Ausländer, die sich ihrer Abschiebung widersetzen oder diese mutwillig verzögern, ihr Bleiberecht verlieren. Weiter sollen auch Geheimdienste auf die gespeicherten Vorratsdaten zurückgreifen können. Nicht zuletzt plant der Innenminister auch eine Aufweichung der ärztlichen Schweigepflicht. Eine Gesetzesänderung solle es Ärzten künftig ermöglichen, die Behörden über geplante Straftaten ihrer Patienten zu informieren.
Noch weiter wollen die Innenminister der Länder von CDU und CSU gehen, die in der nächsten Woche eine „Berliner Erklärung“ vorlegen wollen. In einem Entwurf, der am Mittwoch in Berlin bekannt wurde, listen sie 27 Forderungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit auf. „Angesichts des Attentats von Würzburg brauchen wir mehr Präsenz der Bundespolizei in Zügen, Bahnhöfen und Flughäfen“, heißt es in dem Papier. Um das zu erreichen, sollen bis 2020 rund 15 000 zusätzliche Polizisten bei Bund und Ländern eingestellt, gefährdete öffentliche Plätze und Verkehrsknotenpunkte stärker durch Videokameras überwacht und Polizisten auch mit Gewehren und Körperkameras ausgerüstet werden. Weiter planen die Innenminister von CDU und CSU eine ganze Reihe von Maßnahmen:
Der Doppelpass sei ein Integrationshindernis. „Wir lehnen diese gespaltene Loyalität ab.“ Inhabern eines Doppelpasses, die für eine terroristische Vereinigung kämpfen, soll die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden. Wer sich in Deutschland für die Politik ausländischer Regierungen engagieren wolle, „dem legen wir nahe, Deutschland zu verlassen“.
Die Vollverschleierung von Frauen soll gesetzlich verboten und Verstöße dagegen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Die Finanzierung von Moscheen durch extremistische Organisationen soll verboten werden.
Um Ausländer ohne Aufenthaltsstatus schneller abschieben zu können, soll mehr Personal bei der Polizei und den Ausländerbehörden eingestellt werden. Sogenannte Hassprediger, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, sollen umgehend ausgewiesen werden.
In Brüssel soll sich ein eigener Kommissar um den Themenbereich „irreguläre Migration, Schleusungskriminalität und Rückführung“ kümmern.
Zur Unterstützung der Polizei bei „großen Terroranschlägen“ soll auch die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden können.
Die Pläne sorgten umgehend für heftige Reaktionen und Kritik. Sowohl SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel als auch Regierungssprecherin Ulrike Demmer schlossen eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft aus. „Das ist mit der SPD nicht zu machen“, sagte Gabriel. Demmer erklärte: „Die Bundesregierung plant derzeit nicht, das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern.“ Auch Innenminister Thomas de Maiziere ging auf vorsichtige Distanz zu dem Papier seiner Länderkollegen. Es handle sich lediglich um einen Entwurf, auch er sei nicht mit allen Punkten der Unionsländer einverstanden.
Aber auch an seinen Plänen wurde Kritik laut. So warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, vor einer Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht. „Die angespannte innenpolitische Sicherheitslage darf nicht zu vorschnellen politischen und rechtlichen Maßnahmen verleiten.“
Auch der Koalitionspartner SPD distanzierte sich von den Plänen des Innenministers. „Abgesehen von verfassungsrechtlichen Grenzen erreichen wir damit auch nicht mehr Sicherheit“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann.