„Steh'n im Stall zu viele Kühe, macht die Gülle mächtig Mühe.“ Und: „Ohne Blumen auf der Wiese geht's der Biene richtig miese.“ Oder auch: „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ So klingen sie, die „Neuen Bauernregeln“ von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Auf Plakaten in über 70 deutschen Städten soll die Kampagne unter dem Motto „Gut zur Umwelt. Gesund für alle“ für naturverträgliche Landwirtschaft und eine Reform der europäischen Agrarförderung werben, heißt es seitens des Umweltministeriums.
Doch die neuen Bauernregeln lassen nicht alle schmunzeln. Mit so knappen Sätzen könne man sich nicht mit schwierigen Themenfeldern auseinandersetzen, kritisiert Anja Weisgerber (CSU). Die unterfränkische Bundestagsabgeordnete ist Mitglied im Umweltausschuss. „Das ist eine Kampagne, die auf den Schultern unserer Landwirte ausgetragen wird. Wir sollten unseren Landwirten stattdessen danken, dafür, dass sie tagtäglich dafür arbeiten, uns gesunde Lebensmittel zu produzieren“, betont sie.
Dem pflichtet CSU-Politikerin Dorothee Bär (MdB) bei: „Die Bundesumweltministerin hat sich einen neuen Staatsfeind ausgesucht: Unsere Landwirte! Diese Kampagne, die mit unseren Steuergeldern verbrochen wurde, muss sofort gestoppt werden“, schreibt sie auf ihrer Facebook-Seite. Da werde der gesamte bäuerliche Berufsstand „an den Pranger gestellt“, meint Agrarminister Christian Schmidt (CSU). In einem Brief forderte er Hendricks auf, die Kampagne sofort zu beenden und sich bei den Bauern zu entschuldigen.
Ein Schritt, den viele erzürnte Landwirte angemessen finden. „Diese einfachen Sprüche und Pseudo-Wahrheiten sind ein Schlag in das Gesicht von Tausenden verantwortungsvoll arbeitenden Bäuerinnen und Bauern. Sie werden von einem Bundesministerium und mithilfe von Steuergeldern einfach als Umweltverschmutzer oder Tierquäler hingestellt“, sagt der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl und fordert Hendricks Rücktritt.
Rückendeckung erhält Heidl dabei auch von fränkischen Landwirten. „Wir haben in den vergangenen Tagen sehr viele empörte Anrufe bekommen“, sagt Wilhelm Böhmer, Direktor der Hauptgeschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands Unter- und Oberfranken. Er nennt die Sprüche „populistisch“, kritisiert die mangelnde Dialogbereitschaft der Umweltministerin. Diese Kampagne bediene lediglich die Vorurteile mancher Bürger, statt vorhandene Probleme sachlich anzugehen.
Hendricks indes weist Kritik zurück. Es gehe um „Fehler im System“, niemand werde persönlich angegriffen und auch kein Berufsstand diffamiert, heißt es seitens des Ministeriums. Man wolle lediglich in einer gesellschaftlichen Debatte „auf spielerische und humorvolle Art“ auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen.
„Kritik an der Landwirtschaft, wie sie derzeit praktiziert wird, muss möglich sein“, sagt die unterfränkische Landtagsabgeordnete und Grünen-Politikerin Kerstin Celina. Sie sieht in den umstrittenen Bauernregeln einen guten Ansatz. Die Kampagne erzeuge Emotionen und Aufmerksamkeit. Nun müsse es gemeinsame Gespräche der Akteure geben, um die bestehenden Probleme in der Landwirtschaft zu lösen und dem Gesamtziel näher zu kommen.
Ob dies allerdings gelingt, scheint angesichts der erhitzten Gemüter und verhärteten Fronten fraglich.
Der Bauernverband hat inzwischen einen eigenen Weg gefunden, mit der ungeliebten Kampagne umzugehen: Mit selbst formulierten „Bauernregeln“ beschreibt er die Sorgen der Branche. Dort heißt es etwa: „Frisst der Schädling Raps und Weizen, gab's keinen Pflanzenschutz zum Beizen“. Oder: „Schließt der Bauer Hof und Stall, brachten Umweltauflagen ihn zu Fall“. Mit Infos von DPA