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BERLIN
Wertekunde für Flüchtlingskinder?
Flüchtlingskinder lernen Deutsch       -  Für Flüchtlingskinder soll es nach dem Willen der Chefs der Unionsfraktionen künftig einen Wertekundeunterricht geben. Das Bild zeigt eine Sprachlernklasse in Aachen.
Foto: ArchivHenning Kaiser, dpa | Für Flüchtlingskinder soll es nach dem Willen der Chefs der Unionsfraktionen künftig einen Wertekundeunterricht geben. Das Bild zeigt eine Sprachlernklasse in Aachen.
Bernhard Junginger
 und  Martin Ferber
 |  aktualisiert: 19.05.2018 02:56 Uhr

Auf ein gemischtes Echo in Berlin stößt die Forderung der Vorsitzenden der Unionsfraktionen von Bund und Ländern, einen bundesweiten verbindlichen Wertekunde-Unterricht an den Schulen für die Kinder von Flüchtlingen einzuführen. Ziel der speziellen „Rechtsstaatsklassen“ oder des eigenen „Werte-Unterrichts“ solle sein, „dass Flüchtlinge sich in unserem Werte-Rechtsstaatssystem besser zurechtfinden können und ihnen gleichzeitig die Grenzen und Verpflichtungen unserer Rechtsstaats vermittelt werden“, heißt es in dem Papier, das die Fraktionschefs von CDU und CSU bei einer Konferenz in Frankfurt an diesem Dienstag verabschieden wollen. Die Sprach- und Wertevermittlung sollte dem regulären Unterricht vorgeschaltet sein und sei „unabdingbare Voraussetzung für gelingende Integration“.

Kanzlerin Angela Merkel begrüßte den Vorstoß der Fraktionsvorsitzenden ihrer Partei, verwies aber auf die Zuständigkeit der Länder. Die Kultusministerkonferenz äußerte sich gegenüber dieser Redaktion zurückhaltend. Die Einführung eines neuen Schulfaches sei immer problematisch, da dafür erst Lehrpläne erstellt, Lehrer ausgebildet und Finanzierungsfragen geklärt werden müssten. Dagegen habe man „gute Erfahrungen“ in vielen Bundesländern mit Vorkursen gemacht, die Kindern von Geflüchteten Werte und Demokratie vermittelten. Zudem stelle sich die Frage, ob ein eigenes Schulfach nötig sei, da der Themenkomplex in etlichen Fächern wie Deutsch, Geschichte, Sozialkunde oder auch Ethik eine „große Rolle“ spiele.

Kulturelle Bildung

Der Chef der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, hob gegenüber dieser Redaktion die bereits gut funktionierenden Rechtsstaatsklassen hervor, die es seit Jahren in Bayern und Hessen gibt. Bayern werde die Übergangsklassen weiterentwickeln, wobei Werteerziehung und kulturelle Bildung eine „größere Rolle“ spielen sollten. „Die Kinder möglichst schnell und selbstverständlich mit unserer Kultur und unseren Werten vertraut zu machen, liegt nicht nur im Interesse der aufnehmenden Gesellschaft, sondern auch im Interesse der Kinder, wenn ihre Integration gelingen soll“, so Kreuzer. Die Flüchtlinge hätten sich entschieden, nach Deutschland zu kommen. „Damit ist auch verbunden, dass sie sich für unsere Kultur und unsere Werte entschieden haben.“ Das müsse durch die Bildung gefördert und unterstützt werden.

Dagegen übte die Linke massive Kritik an dem Vorhaben. „Seit Jahren haben die Schulen massive Probleme mit Personalmangel, vor allem für Deutsch als Fremdsprache oder die Schulsozialarbeit“, kritisierte der Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte, gegenüber dieser Redaktion. „Die Union hat das ignoriert, genauso wie den verbreiteten Unterrichtsausfall, und ist damit direkt verantwortlich für die Lage, die sie jetzt populistisch ausschlachtet.“ Die Linke begrüße einen „Werteunterricht für alle, wie es ihn zum Beispiel in Berlin in Form des Ethikunterrichts gibt“, so Korte. „Ob so ein Unterricht erfolgreich gesellschaftliche Werte wie Solidarität, Gemeinsinn und Anstand vermitteln kann, könnte man dann an der kompletten CSU-Führungsriege erproben.“

Kritik von Grünen und Linken

Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter übte Kritik an den Unionsplänen. „Aufgabe und Teil jeden Unterrichts ist es ohnehin, Werte und Normen zu vermitteln, sei es im Mathe-, Deutsch- oder Ethikunterricht. Dazu braucht es am Ende keine Separierung der Klassen nach Flüchtling und Nichtflüchtling – sondern gemeinsames Lernen und Leben solcher Werte wie Gleichberechtigung und gegenseitiger Respekt.“ Wertebildung könne nur „gemeinsam funktionieren“, so Hofreiter. Zudem dürfe ein gesondertes Unterrichtsfach Wertekunde „kein Vorwand dafür sein, Kinder längerfristig vom gemeinsamen Unterricht auszuschließen“.

 
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