Sie hat die Wahlen in Brandenburg klar und deutlich gewonnen. Dennoch will in der SPD-Zentrale am Abend der beiden Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen keine echte Jubelstimmung aufkommen. Das gute Wahlergebnis der AfD in beiden Bundesländern entsetzt viele Genossen, ebenso die geringe Wahlbeteiligung in Brandenburg, die auf unter 50 Prozent absackt. Und das Ergebnis in Thüringen ist für die SPD ein regelrechtes Debakel: Nicht einmal 13 Prozent holt Spitzenkandidatin Heike Taubert, noch nie haben in dem Bundesland so wenige Menschen den Sozialdemokraten ihre Stimme gegeben, nur knapp liegt sie vor den Neulingen von der AfD.
Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel redet nicht um den heißen Brei herum und spricht daher davon, dass diese Wahlen „zwei völlig unterschiedliche Bilder“ ergeben hätten. In Brandenburg vertrauten die Menschen der SPD auch nach 25 Jahren Regierungsarbeit. „Das war nach dem Wechsel vom populären Ministerpräsidenten Matthias Platzeck zu Dietmar Woidke nicht unbedingt zu erwarten“, sagt Gabriel. Das sei ein großer Erfolg für den Ministerpräsidenten. In Thüringen habe es hingegen eine bittere Niederlage gesetzt. Die Gründe seien in innerparteilichem Streit und in der Unklarheit zu suchen, wie eine Regierung mit der SPD dort aussehen könnte. „Die Wähler belohnen Verlässlichkeit und Einigkeit, und sie bestrafen das Gegenteil.“
Das ist eine deutliche Kritik an dem sozialdemokratischen Landesverband in Thüringen, der sich vor der Wahl nicht auf einen möglichen Koalitionspartner festlegen wollte. Welche personellen Konsequenzen nun möglicherweise aus der Thüringer Wahlschlappe gezogen werden, möchte an diesem Abend noch niemand andeuten. Gabriel erklärt nur, man werde in Thüringen „gemeinsam beraten, wie der Neuaufbau gelingen kann“:
Gute Stimmung dagegen im Konrad-Adenauer-Haus. In der CDU-Zentrale blickt man mit sichtlicher Zufriedenheit auf das Abschneiden in Thüringen wie in Brandenburg. Im Freistaat, wo die Union seit 1990 ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellt, bleibt sie nicht nur die mit Abstand stärkste Partei, sondern schneidet auch noch etwas besser ab als bei der letzten Wahl 2009. Und auch in der Mark kann sie zulegen, deutlich über die 20-Prozent-Marke kommen und zweitstärkste Kraft werden – vor der Linkspartei. In Thüringen habe die bisherige MinisterpräsidentIn Christine Lieberknecht „einen klaren Wählerauftrag erhalten“, bringt es Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer schon kurz nach Schließung der Wahllokale auf den Punkt, dagegen müsse die SPD „massive Verluste“ in Thüringen hinnehmen. „Deutlicher kann der Wähler nicht sprechen.“ Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht „muss weiter regieren“.
Gleichwohl wissen die Christdemokraten sehr genau, dass dies nicht in ihrer Hand liegt. Mit dem Erstarken der AfD und dem gleichzeitigen Niedergang der FDP hat sie im bürgerlichen Lager keinen Koalitionspartner mehr. Will sie in Erfurt an der Macht bleiben, braucht sie die SPD als Koalitionspartner, doch die will sich am Wahlabend nicht festlegen, rein rechnerisch reicht es sowohl für eine Fortsetzung der Großen Koalition wie für ein rot-rot-grünes Bündnis. Am Ende könnte die CDU trotz ihres Wahlsieges mit leeren Händen dastehen.
Und auch in Brandenburg liegt es ausschließlich an der SPD, ob sie die bestehende Koalition mit der Linkspartei fortsetzt oder ob sie mit der Union regiert, wie bereits zwischen 1999 und 2009. Am liebsten wäre es der Merkel-Partei – auch mit Blick auf den Bundesrat –, wenn es in Thüringen wie Brandenburg zwei CDU-SPD-Bündnisse gäbe.
Der größte Sieger des Abends allerdings ist Neuling auf der politischen Bühne – die Alternative für Deutschland, die in beiden Ländern aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis erreicht. „Die Bürger dürsten nach einer politischen Erneuerung im Lande“, sagt AfD-Chef Bernd Lucke unter dem Beifall seiner begeisterten Anhänger. „Sie wenden sich von den Altparteien ab, die profillos geworden sind.“ Die AfD stehe für eine vernunft- und wertorientierte Politik und vertrete Themen, welche die Altparteien entweder ignorierten oder verschwiegen.
Nach dem Einzug in drei ostdeutsche Landesparlamente innerhalb von zwei Wochen wolle man nun im kommenden Jahr bei den Wahlen in Hamburg und Bremen auch die ersten westdeutschen Parlamente erobern – und in drei Jahren auch den Bundestag. Ihre Wähler kommen nach ersten Analysen aus allen Lagern, auch von bisherigen Nichtwählern.