zurück
BERLIN
„Wer mehr einzahlt, muss profitieren“
dpa
 |  aktualisiert: 03.10.2012 20:29 Uhr

Die schwarz-gelbe Koalition tut sich schwer mit einem Konzept gegen Altersarmut. Im Streit um das richtige Rentenkonzept bringt auch ein neuer Vorschlag junger Abgeordneter noch keine Lösung. Besonders Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kritisierte das Alternativkonzept zu ihrem Zuschussrenten-Modell, während die FDP es befürwortete.

Die 14 jungen Abgeordneten von Union und FDP wollen mit ihrem Alternativkonzept private Vorsorge auch für Geringverdiener attraktiver machen, denen nach heutigem Rentenrecht vielfach Altersarmut droht. „Wer privat vorgesorgt hat, der muss im Alter mehr Einkommen haben als die Grundsicherung und mehr als derjenige, der nicht vorgesorgt hat“, heißt es in dem am Dienstag bekannt gewordenen Papier. „Das Problem drohender Altersarmut darf nicht mit einem Griff in die Kasse der Beitragszahler gelöst werden, das ginge zulasten der Jüngeren“, begründete der CDU-Abgeordnete Carsten Linnemann das Alternativkonzept. Er gehört mit Philipp Mißfelder, Jens Spahn (alle CDU) und Johannes Vogel (FDP) zu den Initiatoren. „Wir brauchen vielmehr einen anrechnungsfreien Freibetrag für private Vorsorge in der Grundsicherung.“ Konkret sollen mindestens 100 Euro im Monat unangetastet bleiben. Bisher ist jede Vorsorge voll mit der Grundsicherung von im Schnitt 688 Euro zu verrechnen.

„Von dem Freibetrag profitieren alle, die aus welchen Gründen und Widrigkeiten auch immer kein Alterseinkommen oberhalb der Grundsicherung erreichen konnten“, schreiben die Abgeordneten. Die Lösung im System der Grundsicherung sei zudem rein steuerfinanziert. Die jungen Koalitionsabgeordneten wollen überdies den Renteneintritt flexibler gestalten. Dazu soll etwa die Hinzuverdienstgrenze beim vorgezogenen Rentenbezug von bislang 400 Euro aufgehoben werden.

Die in der Koalition umstrittene Zuschussrente nach dem Modell von der Leyens sieht vor, die Grundsicherung für langjährige Beitragszahler auf maximal 850 Euro aufzustocken, wenn sie privat vorgesorgt haben. Finanziert werden soll dies aus einem Mix aus Beitragsgeld und Steuern. Riester- und Betriebsrenten sollen unbegrenzt anrechnungsfrei bleiben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bereits Änderungen in Aussicht gestellt.

Von der Leyen befand mit Blick auf die jungen Koalitionäre: „Das Konzept ist gut gemeint, aber es löst die Probleme nur zum Teil und bringt den Generationenvertrag in eine gefährliche Schieflage“, sagte sie dem Internetportal „Spiegel Online“. Dass jemand jahrzehntelang in die Rentenkasse eingezahlt habe, spiele plötzlich keine Rolle mehr. Zudem würde sich die Zahl der Grundsicherungsempfänger „auf 1,5 Millionen verdreifachen“, was zusätzlich zwei Milliarden Euro koste.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle unterstützte dagegen den Vorstoß: „Wer mehr einzahlt, muss auch mehr Rente bekommen. Und wer privat vorsorgt, muss davon auch profitieren“, sagte er. Der CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte, die Union werde das Abgeordnetenkonzept „vor allem mit Blick auf seine finanziellen Auswirkungen genau prüfen“.

Kritik kam von SPD und Gewerkschaften. „Der große Fehler dieses Konzepts ist es, dass nichts dagegen unternommen wird, dass Menschen in Armutslöhnen verbleiben – im Gegenteil“, beklagte SPD-Chef Sigmar Gabriel, der für seinen Rentenvorstoß ebenfalls Kritik geerntet hatte. DGB-Chef Michael Sommer untermauerte die Forderung nach einer Solidarrente, die eine „Abbildung von Lebensleistung plus Armutssicherung“ umfassen soll.

Neben der Debatte um die allgemeine Rentenentwicklung ist zum Tag der Deutschen Einheit auch die Diskussion um die Rentenangleichung in Ost und West neu aufgeflammt. So bekräftigte Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ihre Kritik an der schwarz-gelben Bundesregierung und sprach von einer „Schande“. Der Bund müsse das Problem endlich lösen und dürfe sich nicht aus der Verantwortung schleichen, sagte sie. Zuvor hatten Vertreter der Bundesregierung deutlich gemacht, dass die Rentenangleichung trotz der entsprechenden Festlegung im Koalitionsvertrag bis zur Bundestagswahl 2013 nicht mehr auf den Weg gebracht wird. Der aktuelle Rentenwert im Osten entspricht lediglich 89 Prozent des Westniveaus.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Abgeordnete
Altersarmut
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen
Bundeskanzlerin Angela Merkel
CDU
Christine Lieberknecht
FDP
Johannes Vogel
Michael Sommer
Philipp Mißfelder
Rainer Brüderle
SPD
Sigmar Gabriel
Zuschussrenten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen