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BERLIN
Wer ist Donald Trump? Und was hat er vor?
FRANCE-US-POLITICS-TRUMP-WAX       -  Mitarbeiter legen letzte Hand an die Wachsfigur von Donald Trump, die nach dessen Amtseinführung als US-Präsident im Museum Grévin in Paris zu sehen sein wird.
Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT, afp | Mitarbeiter legen letzte Hand an die Wachsfigur von Donald Trump, die nach dessen Amtseinführung als US-Präsident im Museum Grévin in Paris zu sehen sein wird.
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 27.01.2017 03:53 Uhr

John B. Emerson ist ein überaus gefragter Mann in diesen Tagen in Berlin. Politiker aller Parteien, aber auch Lobbyisten, Verbandsfunktionäre und Journalisten wollen von dem Botschafter der USA in Deutschland derzeit nur eines wissen: Wer ist Donald Trump? Was kommt auf Deutschland zu, wenn der Immobilienmilliardär am heutigen Freitag als neuer US-Präsident vereidigt wird und sein Amt antritt? Und wie geht es nach dem Ausscheiden von Barack Obama aus dem Weißen Haus mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen weiter?

Doch Emerson, der seit August 2013 in Berlin residiert, hat ein Problem: Er ist ein Mann Obamas, ein enger Vertrauter und Berater des scheidenden Präsidenten. Direkte Kontakte zu den künftig regierenden Republikanern hat er nicht. Und er sitzt auf gepackten Koffern. Weil Trump entgegen aller Traditionen verfügt hat, dass weltweit alle Botschafter am Tag seiner Amtseinführung ihre Posten räumen müssen, wird er mit seiner Frau und Töchtern heute Berlin verlassen und in sein Land zurückkehren, das sich in diesen dreieinhalb Jahren fundamental verändert hat.

Gleichwohl sind seine Prophezeiungen düster. In den Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der neuen US-Administration dürfte es einen „Einschnitt“ geben, sagte er dieser Tage: „Nimmt man ernst, was im Wahlkampf gesagt wurde, dürften sich die Positionen zum Klimaschutz, zu Sanktionen gegen Russland, zu Israels Siedlungspolitik stark ändern.“ Die militärische und geheimdienstliche Kooperation beim Kampf gegen den Terror werde wohl fortgesetzt werden, „bei vielen anderen Vorhaben wohl nicht“.

John B. Emerson ist vor allem deshalb ein derart gefragter Mann, weil der künftige US-Präsident sowohl für die Bundesregierung wie auch für die Parteien noch immer ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist und man sich im Kanzleramt wie im Außenministerium mit der Analyse seiner öffentlichen Äußerungen wie Twitter-Botschaften begnügen muss. Immerhin, die Zeit der Sprachlosigkeit, die während des Wahlkampfes herrschte, ist vorbei.

Bereits im Dezember waren mit Andreas Michaelis und Thomas Bagger zwei hochrangige Vertreter aus der Führungsebene des Auswärtigen Amtes in Washington, um Kontakte „zum Umfeld“ Trumps aufzunehmen, zudem traf sich Christoph Heusgen, Merkels außen- und sicherheitspolitischer Chefberater, mit Trumps künftigem Sicherheitsberater, Ex-General Michael Flynn. Gleichwohl hielten sich, wie man in Berlin hört, die Erkenntnisgewinne in engen Grenzen. Hinter den verschlossenen Türen des Auswärtigen Ausschusses klagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), seine Emissäre seien „mit quasi null“ aus Washington zurückgekommen, ein Sprecher Steinmeiers sagte dieser Tage, es gebe noch kein klares und umfassendes Bild davon, „was eine neue Trump-Administration in der Außen- und Sicherheitspolitik mit sich und der Welt anfangen will“. Ähnlich vage äußerte sich auch Heusgen: „Ich hoffe, dass Entscheidungen auf Grundlage von Beratungen getroffen werden“, er habe allerdings bei Gesprächen mit dem Trump-Team festgestellt, dass dessen Verständnis für Deutschland und Europa „nicht überausgeprägt“ sei.

Mit Sorge blicken auch die Wirtschaftspolitiker über den Atlantik. Trumps Drohung, auf deutsche Auto-Importe einen Einfuhrzoll in Höhe von 35 Prozent zu erheben, um den Verkauf von amerikanischen Produkten zu steigern, wird in der Regierung sehr ernst genommen.

So richtet man sich in Berlin darauf ein, dass der Ton zwischen der alten und der neuen Welt rauer und lauter wird und Konflikte auf offener Bühne ausgetragen werden. Zumal Martin Schulz, der bisherige Präsident des Europäischen Parlaments, der als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier im Gespräch ist, wenn dieser zum Bundespräsidenten gewählt worden ist, im Rufe steht, keinem Konflikt aus dem Weg zu gehen und ein Mann der klaren Worte zu sein, der nicht nur einstecken, sondern auch austeilen kann.

Im Verteidigungsministerium richtet man sich auf eine US-Regierung ein, die ein deutlich größeres militärisches Engagement Deutschlands und höhere Wehrausgaben verlangt. Das sei allerdings nichts Neues, heißt es im Bendlerblock, schon die Obama-Administration habe darauf gepocht, Deutschland habe bereits reagiert. So engagiere sich die Bundeswehr in stärkerem Maße bei internationalen Einsätzen und entsendet in den nächsten Wochen bis zu 600 Soldaten und über zwei Dutzend Panzer nach Litauen, um die Sicherheit des Nato-Partners zu garantieren.

Zudem steige der Wehretat in diesem Jahr um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr rund 37 Milliarden Euro und werde kontinuierlich bis 2020 auf dann 39,2 Milliarden Euro anwachsen. Dies sei schon lange vor der Wahl Trumps beschlossen worden.

 
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