An ihm kommt niemand mehr vorbei. Er ist der starke Mann der AfD. Nachdem sich der frühere hessische CDU-Politiker Alexander Gauland jahrelang mit der Rolle eines stellvertretenden Parteisprechers begnügte und bereitwillig erst Bernd Lucke, dann Frauke Pertry und Jörg Meuthen die Führungsposition an der Spitze der Partei überließ, ist er nun die unumstrittene Nummer eins der Partei.
Am Dienstag wählte ihn die 93-köpfige AfD-Fraktion im Bundestag zusammen mit Co-Spitzenkandidatin Alice Weidel zum Fraktionschef, damit hat er nicht nur eine herausgehobene Machtposition mit dem Parlament als seiner Bühne inne, sondern verfügt auch über einen gut ausgestatteten Apparat mit Büros, Mitarbeitern und viel Geld.
Zunächst aber steht Gauland vor der extremen Herausforderung, seine Fraktion, der fast ausschließlich Neulinge ohne Parlamentserfahrung angehören, mit den Regeln des parlamentarischen Betriebes vertraut zu machen, sie auf eine gemeinsame Linie einzuschwören und eine Spaltung in einen gemäßigten und einen radikalen Flügel zu verhindern.
Kein leichtes Unterfangen, nachdem Noch-AfD-Chefin Frauke Petry mit einem Paukenschlag ihren Austritt aus der Fraktion wie der Partei verkündete und die Gründung einer neuen Partei in Aussicht stellte. Ob ihr weitere Abgeordnete folgen, ist unklar, um eine eigene Fraktion bilden zu können, bräuchte Petry 35 Mitstreiter des gemäßigten Flügels.
In der ersten Fraktionssitzung schwor Alexander Gauland die Mitglieder der Fraktion darauf ein, auf Querschüsse oder Provokationen zu verzichten und keine Sprüche zu machen, mit denen die Partei in die rechte Ecke gestellt werden könne. Ob das gelingt? Der neuen AfD-Fraktion gehören neben vielen eher Gemäßigten und Unauffälligen, die bislang politisch nicht in Erscheinung getreten sind, auch Verschwörungstheoretiker, Ultra-Nationalisten, Holocaust-Zweifler und vom Verfassungsschutz beobachtete Personen an, die sich der nationalkonservativen identitären Bewegung verbunden fühlen und auch schon bei Pegida-Kundgebungen aufgetreten sind.
Der bayerische AfD-Chef Petr Bystron aus München wird wegen seiner Nähe zur identitären Bewegung vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. In einem Artikel für die rechte Website „PI-News“ forderte er, die AfD müsse als „Schutzschild für diese Organisationen“ dienen.
Glaube an Geheimorganisation
Peter Böhringer, Nummer zwei auf der Landesliste Bayern, glaubt an die Existenz einer global agierenden Geheimorganisation, die an einer neuen Weltordnung arbeitet und dabei unter anderem die Bundesregierung, die evangelische Kirche, die Deutsche Bahn und andere Organisationen in Deutschland steuert. In seinem Internet-Blog schrieb er, die „heutige, supranationalen Befehlen gehorchende BRD-Führungsclique“ sei „inzwischen krimineller als die kommunistische der DDR“.
Marc Jongen, Philosoph und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, erklärte in einem Interview mit der nationalkonservativen Zeitung „Junge Freiheit“, langfristig sei der Begriff „rechts“ zu rehabilitieren und von der Gleichsetzung mit „rechtsradikal“ zu befreien.
Mit der AfD habe sich „politischer Widerstand gegen den Ausverkauf Deutschlands durch unsere moralisch und geistig korrupten Eliten formiert“.
Markus Frohnmaier, Bundesvorsitzender der „Jungen Alternative“, einst Sprecher von Frauke Pertry, nun Sprecher von Alice Weidel, trifft sich regelmäßig in Moskau und Belgrad mit Vertretern ultranationalistischer Parteien. Er erklärte im Oktober 2015: „Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht.“
Auf der Facebook-Seite von Thomas Seitz, Staatsanwalt in Freiburg, finden sich zahlreiche rassistische und islamfeindliche Äußerungen, den Propheten Mohammed nannte er einen „sadistischen Blutsäufer und Kinderschänder“. Die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel stelle den „Auftakt zur Vernichtung des Deutschen Volkes“ dar. Wegen seiner Äußerungen läuft gegen ihn ein Disziplinarverfahren.
Rassistische Äußerungen
Wilhelm von Gottberg aus Niedersachsen, mit 77 Jahren der älteste Abgeordnete des Bundestags, nannte den Völkermord an den europäischen Juden in einem Essay im „Ostpreußenblatt“ ein „wirksames Instrument zur Kriminalisierung der Deutschen“. Und bei seiner Bewerbungsrede forderte er, den „Kult mit der Schuld“ zu beenden.
Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden, erklärte gemeinsam mit dem Thüringer Landeschef Björn Höcke auf einer Veranstaltung der „Jungen Alternative“ den „Schuldkult“ für „endgültig beendet“ und warnte vor der „Herstellung von Mischvölkern“ in Europa. Die NPD sei die „einzige Partei, die immer entschlossen zu Deutschland gestanden hat“.