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BERLIN
Wenig Wahlkampfstimmung in der Union
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 29.03.2017 03:45 Uhr

Von Wechselstimmung keine Spur. Die Saarländer sind zufrieden mit der Arbeit der Großen Koalition unter der Führung von CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und wollen mehrheitlich, dass diese auch nach der Wahl am Sonntag ihre Arbeit fortsetzt.

Vor allem aber erfreut sich die Regierungschefin einer überdurchschnittlichen Beliebtheit in ihrem Land – 75 Prozent der Saarländer sind mit AKK, wie die 46-jährige Mutter von drei Kindern gerne genannt wird, zufrieden, das ist der zweitbeste Wert aller Länderchefs. Nur Winfried Kretschmann von den Grünen schneidet mit 80 Prozent bei seinen Baden-Württembergern noch besser ab. Ihre SPD-Herausforderin Anke Rehlinger und Oppositionsführer Oskar Lafontaine (Linke) liegen mit Werten von 57 beziehungsweise 40 Prozent weit hinter ihr.

Und doch müssen Annegret Kramp-Karrenbauer und mit ihr die gesamte CDU dem Wahlsonntag mit Bangen entgegensehen. Denn nach den letzten Umfragen liegen CDU und SPD an der Saar fast gleichauf und liefern sich im Endspurt ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen.

Rehlinger könnte profitieren

SPD-Spitzenkandidatin Rehlinger, die noch im Januar scheinbar aussichtslos zwölf Prozentpunkte hinter der CDU zurücklag, ist die Erste, die vom Hype um den neuen SPD-Chef Martin Schulz profitieren könnte, der bereits mehrfach im Saarland auftrat und begeistert gefeiert wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel bringt es dagegen lediglich auf zwei Auftritte.

Und selbst wenn es für die SPD nicht reichen sollte, vor der CDU stärkste Partei zu werden, könnte sie mit der Linken ein rot-rotes oder zusätzlich mit den Grünen, so diese die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, ein rot-rot-grünes Bündnis schmieden – das dritte nach Thüringen und Berlin. Am mittlerweile 73-jährigen Lafontaine, in seiner Heimat noch immer populär, soll das erste Linksbündnis in einem westdeutschen Land auf jeden Fall nicht scheitern, er wirbt sogar ausdrücklich dafür.

Kramp-Karrenbauer hingegen hat nur eine Option – die Fortsetzung der Großen Koalition. Ein Machtverlust im Saarland wäre für die CDU eine bittere Niederlage. Der Union droht ein Fehlstart ins Wahljahr, zumal bei den nächsten beiden Wahlen in Schleswig-Holstein am 7. Mai und im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen eine Woche später die Aussichten, die SPD-Regierungschefs Torsten Albig in Kiel und Hannelore Kraft in Düsseldorf abzulösen, schlecht stehen. Lag die CDU sowohl in Schleswig-Holstein wie in NRW zu Beginn des Jahres noch auf Augenhöhe zur regierenden SPD, fielen die Werte seitdem stark zurück.

Für Angela Merkel könnte der Machtverlust der CDU an der Saar ein Problem werden – die Frage, ob sie mit ihrer zurückhaltenden, nüchternen, emotionslosen Art gegen den zupackenden und begeisternden Martin Schulz noch die Richtige ist, um die Wähler zu erreichen, könnte an Brisanz gewinnen.

2005, als sie erstmals als Kanzlerkandidatin antrat, stellte die Union noch elf Ministerpräsidenten. Seitdem verlor sie Land um Land, darunter sogar traditionelle Hochburgen wie Baden-Württemberg oder Thüringen. Sollte auch Annegret Kramp-Karrenbauer die Macht verlieren, wären es nur noch vier – neben CSU-Chef Horst Seehofer in Bayern Volker Bouffier in Hessen, der Sachse Stanislaw Tillich sowie Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt.

Kritik an der Kanzlerin

Vor zwölf Jahren, 2005, gelang es der CDU das letzte Mal, einen amtierenden SPD-Ministerpräsidenten zu schlagen und ein Land zurückzuerobern, als Jürgen Rüttgers gegen Peer Steinbrück in NRW gewann.

„Wir müssen in den Ländern wieder siegen lernen“, sagt Haseloff in der „Welt“. Indirekt kritisiert er auch die Kanzlerin und Parteichefin. Im Umgang mit dem türkischen Präsidenten Erdogan habe sie sich zwar positioniert. „Aber ich glaube, dass man das für die Menschen im Land noch deutlicher formulieren kann. Ihr Kollege Mark Rutte hat das in den Niederlanden vorgemacht.“

Merkel, heißt es in der Unionsfraktion offen, müsse endlich „vom Regierungs- in den Wahlkampfmodus“ umschalten, kämpferischer werden und durchaus einmal auch „auf den Tisch hauen“, vor allem aber die direkte Auseinandersetzung mit ihrem Herausforderer Martin Schulz suchen. Sonst könnte der Negativtrend anhalten und den drei Niederlagen in den Ländern am 24. September eine Vierte im Bund folgen.

 
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