Der Würzburger Rechtsanwalt Kay Rodegra ist Spezialist für Reiserecht. Im Interview erklärt er, welche Rechte Reisende bei Unglücksfällen wie dem Kentern des Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ haben und was sie beachten müssen, um Ansprüche geltend zu machen.
Kay Rodegra: Man muss sich umgehend an seinen Vertragspartner wenden. Bei einer Kreuzfahrt handelt es sich um eine Pauschalreise, so dass der Reiseveranstalter, bei dem ich gebucht habe, der erste Ansprechpartner für meine Ersatzansprüche ist. Zusätzlich kann man sich an die zuständige Reederei wenden, die sitzt aber zumeist im Ausland.
Rodegra: Erstmal sollte man wichtige Formalien beachten. Bei Ansprüchen aus dem Reisevertragsrecht gilt es, eine sogenannte einmonatige Ausschlussfrist zu beachten. Die Frist besagt, dass ein Urlauber innerhalb eines Monats nach dem vertraglichen Ende der Reise seine Gewährleistungsansprüche aus dem Reisevertrag beim Reiseveranstalter anmelden muss. Eine Bezifferung ist aber noch nicht erforderlich, der Veranstalter muss nur erkennen können, dass man Ersatz fordert. Bei Gepäckverlust auf einer Seereise gilt eine noch kürzere Frist von 15 Tagen nach vorgesehenem Reiseende.
Rodegra: Der Reiseveranstalter haftet für Personen- und Sachschäden bei einem Unglücksfall auf See nach Seerecht und erst in zweiter Linie nach dem Reisevertragsrecht. Man muss dem Reiseveranstalter ein Verschulden vorwerfen können, um Schadensersatz fordern zu können. Ein Fehlverhalten der Besatzung muss sich ein Reiseveranstalter zurechnen lassen. Der Veranstalter muss dann zum Beispiel Arztkosten, Schmerzensgeld, Beerdigungskosten, Mehrkosten für die Rückreise und auch einen möglichen Verdienstausfall ersetzen. Wird ein Urlaub gänzlich vereitelt oder muss die Reise gleich zu Beginn abgebrochen werden, hat man auch einen Anspruch auf Ersatz entgangener Urlaubsfreude. Gerichte sprechen insoweit durchaus einen zusätzlichen Schadensersatz in Höhe des vollen Reisepreises zu.
Rodegra: Auch diesen Schaden bekommt der Reisende ersetzt.
Rodegra: Muss die Kreuzfahrt wegen eines Unfalles des Schiffes gleich zu Beginn einer Reise abgebrochen werden, hat der Reisekunde Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises. Einen Anspruch auf eine neue Reise hat man jedoch nicht. Kommt es erst nach einer Woche zum Reiseabbruch, muss man die Reise teilweise bezahlen, nämlich die bislang erbrachte Leistung.
Rodegra: Nein. Das Unglück, so schlimm es ist, ist kein Grund dafür, kostenfrei von einem gebuchten Kreuzfahrturlaub zurückzutreten. Im Übrigen hilft in einem solchen Fall auch keine Reiserücktrittskostenversicherung weiter. Kreuzfahrtreisen sind weiterhin als sicher zu bezeichnen, wenngleich sich Unglücke auf See, in der Luft, auf der Schiene und Straße leider niemals ausschließen lassen.