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SOTSCHI
Weiße Rosen und eine Portion Misstrauen
Kanzlerin Merkel trifft Präsident Putin       -  Präsident Wladimir Putin begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sotschi.
Foto: Sergei Guneew/Sputnik, dpa | Präsident Wladimir Putin begrüßt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sotschi.

Von den dpa-Korrespondenten

A. Clasmann und F. Kohler

 |  aktualisiert: 02.04.2019 09:51 Uhr

Zur Begrüßung überreicht Wladimir Putin der wiedergewählten Kanzlerin einen üppigen Rosenstrauß in Weiß-Rosa. Dazu lächelt er verschmitzt. Zumindest vordergründig geht es bei diesem Besuch von Angela Merkel an der „Russischen Riviera“ in Sotschi am Schwarzen Meer weniger frostig zu als bei ihrem letzten Treffen hier vor einem Jahr.

Für Merkel ist der russische Staatschef, auch im Vergleich zum sprunghaften US-Präsidenten Donald Trump, eine relativ verlässliche Größe. Das heißt aber nicht, dass sie sich Illusionen über seine Absichten macht – Rosen hin oder her. Zwar sagt sie, da „gibt es Themen, bei denen sind wir durchaus auch einer Meinung“. Doch mehr als freundliche Diplomatie ist diesmal nicht.

Sie spricht mangelnde Pressefreiheit in Russland an und bittet Putin, „Fragen der kulturellen Freiheit“ noch einmal genau zu betrachten. Der bedeutende russische Theatermacher Kirill Serebrennikow sitzt seit neun Monaten in Hausarrest wegen angeblicher Unterschlagung.

Skripal aus Klinik entlassen

Zählt man die Probleme im deutsch-russischen Verhältnis auf, wird die Liste sehr lang. Hinzu kam jüngst noch das Nervengift-Attentat auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien. Der wurde just am Freitag aus dem Krankenhaus in Salisbury entlassen.

Russlands Präsident Wladimir Putin begrüßte die Nachrichten über Skripals Entlassung aus dem Krankenhaus, äußerte aber Zweifel an einer Vergiftung mit einem militärischen Kampfstoff. „Dann wäre er sofort gestorben“, sagte Putin in Sotschi bei der Pressekonferenz mit Merkel. Die Europäische Union und die USA hatten sich in dem Streit hinter Großbritannien gestellt. Die Folge war eine schwere diplomatische Krise mit Moskau.

Deutschland will an dem Abkommen mit Teheran festhalten, weil es einen atomaren Rüstungswettlauf in der Golfregion verhindern will. Es will auch die noch zaghafte Rückkehr deutscher Unternehmen in den Iran nicht wieder abbremsen. Trump hat das Abkommen einseitig aufgekündigt.

Für Russland ist die iranische Theokratie zwar ideologisch fremd, aber machtpolitisch interessant, als Verbündeter in Syrien und Gegengewicht zum eng mit den USA verbandelten Saudi-Arabien.

Festhalten an Nord Stream 2

Bei der Gaspipeline Nord Stream 2 haben am vergangenen Dienstag in der Nähe von Greifswald die Baggerarbeiten begonnen. Die Leitung soll russisches Erdgas über die Ostsee nach Mittel- und Westeuropa transportieren. Dieses Projekt hat sowohl die Ukraine, die Europäische Kommission, als auch die USA auf den Plan gerufen.

Merkel und Putin wollen trotz Drucks aus den USA an Nord Stream 2 festhalten. Die beiden versuchten in Sotschi, Sorgen der Ukraine zu zerstreuen, durch die Pipeline wichtige Transiteinnahmen zu verlieren. Putin kündigte an, der Transit solle nicht beeinträchtigt werden. „Die Lieferungen werden fortgesetzt, wenn dies wirtschaftlich begründet und sinnvoll ist für alle Beteiligten“, sagte er.

Auch Merkel betonte, dass der Transit durch die Ukraine weiter bestehen müsse. Dies sei von strategischer Bedeutung. Deutschland sei bereit, sich zu engagieren. Die Frage sei, was der Ukraine an Garantien gegeben werden könne.

UN-Mission in der Ostukraine

Putin sagte, er verstehe Trumps Haltung. „Er verteidigt die Interessen seiner Unternehmer, und er will sein Produkt (US-Flüssiggas) auf dem europäischen Markt verkaufen.“ Doch dieses sei schätzungsweise um bis zu 30 Prozent teurer als russisches Gas, das durch Pipelines geliefert werde, sagte Putin. „Wir halten das Projekt für vorteilhaft für uns und werden dafür kämpfen.“

Merkel drang darauf, Pläne für den Einsatz einer UN-Mission in der Ostukraine voranzutreiben. „Darin stimmen wir auch überein“, sagte sie. Putin sagte, die Außenminister beider Länder seien beauftragt worden, Ansätze für eine Blauhelmmission auszuarbeiten.

Putin soll Einfluss in Syrien nutzen

Die Kanzlerin rief Putin auf, seinen Einfluss geltend zu machen, um eine Enteignung der Flüchtlinge aus Syrien zu verhindern. Denn die syrische Regierung plant, dass Syrer, die sich nicht binnen weniger Wochen an ihrem Heimatort melden, ihr Wohneigentum verlieren. „Das wäre eine große Barriere für eine Rückkehr“ sagte Merkel – auch mit Blick auf die syrischen Flüchtlinge in Deutschland.

Dass Putin noch am Vorabend mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geredet hat, ist aus Sicht der Bundesregierung nicht unbedingt schlecht. Denn als wichtigste Schutzmacht der Assad-Regierung könnte Russland Maßnahmen stoppen, mit denen Damaskus eine Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland und anderen Staaten zu erschweren droht.

 
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