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BRÜSSEL
Was steckt eigentlich hinter Ceta?
Demonstration gegen die Handelsabkommen       -  Hunderttausende Menschen gingen am Wochenende gegen Freihandelsabkommen wie Ceta in deutschen Großstädten – wie hier in Berlin – auf die Straße.
Foto: Jörg Carstensen, dpa | Hunderttausende Menschen gingen am Wochenende gegen Freihandelsabkommen wie Ceta in deutschen Großstädten – wie hier in Berlin – auf die Straße.
Miriam Moll
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:51 Uhr

In dieser Woche beraten die Handelsminister der EU über das geplante Freihandelsabkommen Ceta („Comprehensive Economic and Trade Agreement“ – umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen) mit Kanada. Es soll schon kommenden Monat unterzeichnet werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Warum gilt Ceta als „modernstes Handelsabkommen“, das die EU je geschlossen hat?

Im Gegensatz zu früheren Handelsabkommen, bei denen es hauptsächlich um den Abbau von Zöllen ging, greift die Partnerschaft zwischen beiden Seiten viel weiter. Öffentliche Ausschreibungen in Kanada sollen auch europäischen Unternehmen zugänglich sein und umgekehrt, Berufsqualifikationen in vielen Bereichen werden gegenseitig anerkannt, Zertifizierungen von Produkten ebenso. Auch der Schutz geistigen Eigentums ist geregelt.

Aber diesen Investorenschutz gibt es doch trotzdem, wie bei TTIP mit den USA?

Nein. Das ist der wohl größte Unterschied zwischen beiden Abkommen. Statt der wechselnd besetzten und privaten Schiedsgerichte entscheidet ein bilaterales – ständiges – Investitionsgericht als feste Institution über Streitfälle. Die 15 Richter werden von Kanada und der EU benannt, außerdem gibt es eine Berufungsmöglichkeit. „Das würden die USA nie unterschrieben“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange, dieser Zeitung.

Trotzdem bedeutet Freihandel doch, dass mehr ausländische Produkte auf den europäischen Markt kommen. Ist die Münchner Weißwurst damit nicht von kanadischen Billigfleischimitaten bedroht?

Nein. Die Kanadier haben 140 geografisch geschützte Produkte anerkannt. Darunter die Münchner Weißwürste, aber auch der typische Schwarzwälder Schinken und italienischer Parmesan.

Und was ist mit genmanipulierten Lebensmitteln? Dürfen die eingeführt werden?

Nein. Kanadische Erzeugnisse müssen die EU-Bestimmungen einhalten, wenn sie in europäische Supermärkte kommen wollen.

Am 27. Oktober soll das Abkommen ja bereits unterschrieben werden. Ist das denn realistisch?

Ein paar „Problemzonen“ gibt es schon noch, deshalb arbeiten beide Seiten an einer gemeinsamen Erklärung, die diese ausräumen soll. Dabei geht es etwa um die Daseinsvorsorge, die geschützt werden soll. Die öffentliche Wasserversorgung bleibt also in den Händen der Gemeinden.

Also kommt Ceta wirklich?

Die Verhandlungen wurden bereits im August 2014 formal abgeschlossen. Der Text liegt praktisch zur Unterschrift bereit. Nach der Unterzeichnung müssen aber noch das Europäische Parlament sowie der Rat, also die Vertretung der Mitgliedstaaten, zustimmen. Die Brüsseler Volksvertretung plant derzeit mit einem Votum im Februar. Vorläufig in Kraft treten könnte der Vertrag nach der Zustimmung des kanadischen Parlaments damit bereits im Frühjahr.

Wie wichtig ist Ceta denn eigentlich für die EU?

Für die EU ist Kanada mit seinen 35 Millionen Einwohnern kein allzu großer Markt. Auf der Rangliste der wichtigsten Handelspartner der Gemeinschaft rangiert das Land lediglich auf Platz Zwölf. Dennoch beträgt das jährliche Handelsvolumen zwischen beiden Seiten immerhin 60 Milliarden Euro, hinzukommen circa 23 Milliarden über Dienstleistungen. Mit Ceta könnte das Volumen noch einmal um 23 Prozent steigen. Auf die EU würden davon nach Kommissionsangaben zwölf Milliarden Euro pro Jahr entfallen.

 
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