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BERLIN
„Was schwimmt, geht immer“
Rüstungsexport: Ein U-Boot der Dolphin-Klasse 212 A nach dem Stapellauf in Kiel.
Foto: ArchivMarkus Scholz, dpa | Rüstungsexport: Ein U-Boot der Dolphin-Klasse 212 A nach dem Stapellauf in Kiel.
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 15.10.2014 19:49 Uhr

Kampfpanzer und Amphibienfahrzeuge für Singapur, ein weiteres U-Boot für Israel, Haubitzen für die Vereinigten Arabischen Emirate und Lenkflugkörper für die Eurofighter der saudischen Armee: Obwohl Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag eine strengere Rüstungskontrolle vereinbart haben, gehen bisher lediglich die Ausfuhren in die befreundeten Länder in EU und Nato zurück. Das weitaus umstrittenere Geschäft mit sogenannten Drittstaaten wie Katar, Algerien, den Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien läuft unter der neuen Koalition ähnlich gut wie unter der alten. Es macht mittlerweile mehr als 60 Prozent der gesamten Rüstungsexporte aus.

Insgesamt hat die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2014 die Ausfuhr von Waffen und militärischem Gerät im Umfang von 2,3 Milliarden Euro genehmigt. Das sind zwar 696 Millionen Euro weniger als zwischen Januar und Juli 2013 – die Exporte an Drittstaaten aber liegen mit 1,4 Milliarden Euro in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Diese Summe alleine allerdings, betont Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, „sagt gar nichts aus“. So seien in ihr unter anderem 600 Millionen für ein U-Boot enthalten, das die israelische Regierung schon im Jahr 2003 bestellt habe. Auch die Lieferung von Bergungspanzern nach Saudi-Arabien hält Gabriel für unproblematisch. Sie seien erstens unbewaffnet, zweitens nur zu Testzwecken dort.

Als Beispiel für seine neue, härtere Linie führt er vor allem die deutlich geschrumpften Lieferungen von Kleinwaffen wie Maschinenpistolen, Gewehren für Scharfschützen und Pistolen an die Drittstaaten an, Waffen also, die in Bürgerkriegen häufig „das Mittel der Wahl“ seien. Diese Lieferungen sind von 14,2 auf 1,5 Millionen Euro zurückgegangen.

Wie aussagefähig die aktuellen Zahlen sind, ist umstritten. So finden sich in der Tabelle der sechs größten Abnehmer Ende Juli mit Israel, der USA, Südkorea oder Großbritannien vier eher westlich orientierte Länder. Im Exportbericht für das komplette Jahr 2013 dagegen tauchen mit Algerien, Katar und Saudi-Arabien gleich drei Länder auf den ersten vier Plätzen auf, die zumindest im Verdacht stehen, mit Islamisten gemeinsame Sache zu machen. Sie alleine orderten im vergangenen Jahr für annähernd 1,9 Milliarden Euro Wehrtechnik aus der Bundesrepublik. Daran, fürchtet die Opposition, werde sich auch unter der neuen Regierung nichts ändern.

Er verstehe nicht, warum Förster, die Algeriens Grenzen gegen Waffenschmuggler aus Libyen sichern sollen, deutsche Sturmgewehre bräuchten, sagt der Linken-Abgeordnete Jan van Aken. Der Wirtschaftsminister sei „vor der Kanzlerin und der Waffenlobby eingeknickt“. Rüstungsexporte in Drittstaaten, sekundiert die Grünen-Expertin Katja Keul, seien nach wie vor „nicht die Ausnahme, sondern die Regel“. Ihr Fraktionschef Anton Hofreiter poltert gar: „Gabriel begeht Wortbruch.“

Der Wirtschaftsminister selbst empfiehlt seinen Kritikern einen Blick in seinen Bericht: Dort fänden sich vor allem Exportgenehmigungen für U-Boote, Fregatten oder Patrouillenboote – Rüstungsgüter mithin, die sich zum Unterdrücken von Minderheiten oder dem Verletzen von Menschenrechten nur schwerlich eigneten – oder, frei nach dem früheren Außenminister Hans-Dietrich Genscher von der FDP: „Was schwimmt, geht immer.“

 
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